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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Heidelbeeren

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Hefe - Heidelbeeren

Gärung hervorzubringen vermag, sich bei der Bier- und Weingärung bildet und zur Anstellung neuer Gärungsprozesse verwendet wird. Die H. ist ein lebendiges Pflanzengebilde, ein Pilz der einfachsten Art, der sich da, wo er seine Nahrungsbedingungen findet, mit großer Schnelligkeit aus sich selbst vermehrt. Der Hefenpilz kann nur fortvegetieren, wenn er zugleich Zuckerlösung und eiweißartige, also stickstoffhaltige Materien, sowie kleine Mengen mineralischer Bestandteile zur Verfügung hat. Von reiner Zuckerlösung kann er nur ein ganz bestimmtes Quantum zersetzen, wobei er sich nicht vermehrt, sondern schließlich abstirbt, weil in einer reinen Zuckerlösung die nötigen Nährstoffe fehlen. Der merkwürdigste, noch nicht völlig aufgeklärte Vorgang bei dieser Pilzvegetation ist aber das, was wir die geistige Gärung nennen, die fortdauernde Zersetzung des Zuckers in Weingeist und Kohlensäure infolge der Lebensthätigkeit der H. Bei der Anwendung von H. auf Backwerk ist es eben die letztere, welche man zur Auflockerung des Teigs braucht. Es gibt Bierhefe und Weinhefe, doch hat die letztere als Gärungserreger keine Bedeutung, wird aber häufig zur Darstellung von Weinbeeröl (Önantäther) gebraucht. Die erstere erscheint, je nachdem ober- oder untergärig gebraut wird, in zweierlei Modifikationen, als Ober- und Unterhefe, von welchen nur die erstere in Bäckerei und Küche Anwendung findet, und zwar am meisten die von Weißbier, weil Braunbierhefe den Hopfengeschmack an sich hat. Die Unterhefe verbleibt dem Brauer allein und ist ihm beim Brauen von Lagerbier unentbehrlich. Die Oberhefe erscheint unter dem Mikroskope als lose zusammenhängender, perlschnurartige Zellen von runder oder eiförmiger Gestalt und circa 1/100 mm Durchmesser. Die Zellen der Unterhefe sind kleiner und bilden keine zusammenhängenden Reihen. Der botanische Name der Bierhefe ist Saccharomyces cerevisiae, der der Weinhefe Saccharomyces apiculatus; doch soll es auch von dieser verschiedne Varietäten geben. Da die H. nicht überall und zu jeder Zeit aus Brauereien zu erlangen und doch sehr wenig haltbar ist, so hat man sich bemüht derselben mehr Dauer zu geben, indem man in leinenen Säcken die flüssigen Bestandteile abpreßt, bis die zurückbleibende Masse einen brüchigen Teig bildet, der sich bei Aufbewahrung an einem kühlen Orte einige Wochen wirksam erhält und unter Verpackung versendbar ist. Dies ist die sog. Preßhefe oder Pfundhefe. Neuerdings stellt man aber diese H. meistens direkt und unabhängig von Brauereien her, indem man dazu dienliche Stoffe nur der H. wegen in Gärung setzt. Es wird dabei eben auch nur gewöhnliche H. erhalten, die aber ihrer Bereitung halber öfter doch Kunsthefe genannt wird. Das Geschäft wird teils von Branntweinbrennereien, teils selbständig betrieben, indem man Getreideschrot oder Mehl mit ein Zehntel Gerstenmalzschrot einmaischt, die Maische auf 16-20° R. abkühlt und durch starken Zusatz von H. eine stürmische Gärung einleitet. Die reichlich an der Oberfläche auftretende neue H. wird immerfort mit Schaumlöffeln abgenommen, durch ein Sieb geschlagen, damit anhängende Träber zurückbleiben, mit kaltem Wasser gewaschen und in Leinensäcken bis zur Teigkonsistenz ausgepreßt. Die verbleibende Maische wird dann noch auf Branntwein oder zu Viehfutter benutzt. Gute Preßhefe hat einen eigentümlichen obstartigen Geruch; wenn sie dumpfig riecht, ist sie verdorben. Die Preßhefe wird durchgängig durch Hinzufügung von Kartoffelstärke in ihrer Masse vermehrt und dadurch trocken und haltbarer gemacht. Es kann dieser Zusatz nicht als Verfälschung angesehen werden, wohl aber ein solcher aus Gyps oder Thon, der wenigstens nicht schwer zu entdecken wäre. Verpackt wird die Preßhefe gewöhnlich in Säcken von 25-50 kg Gewicht; die Kleinhändler formen sie in Riegel zu viertel oder halben Kilos, die in Papier geschlagen werden. Die Ware ist zuweilen auch ganz ausgetrocknet in Form fester Kuchen und dann in Pulverform als Hefenpulver in den Handel gelangt. Die Sporen (Fortpflanzungsorgane) der Hefe finden sich beständig in der Luft und fangen an, sich zu entwickeln, sowie sie einen geeigneten Boden finden. Die frische H. erscheint als eine gelbliche, dickbreiige, durch kleine Bläschen gelockerte Masse; bei gelinder Wärme getrocknet ist sie graugelb, hornartig aber leicht zerreiblich. - Zoll: Trockne oder teigartige Weinhefe ist zollfrei, flüssige gem. Tarif im Anh. Nr. 25 e 1 oder 2; Bierhefe und Preßhefe Nr. 25 c; Weinbeeröl Nr. 5 a.

Heidelbeeren (Blaubeeren, Schwarzbeeren, baccae Myrtillorum oder fructus Myrtilli, frz. la myrtille, le raisin des bois; engl. Bilberry). Diese bekannte kleine Waldfrucht, von dem in höher gelegenen Wäldern häufig wachsenden kleinen Strauch Vaccinium Myrtillus, bildet nicht nur im frischen Zustande einen Gegenstand des Handels, sondern ist auch getrocknet ein Artikel des Drogenhandels, der seine Chancen hat und bei nicht seltenen Mißernten, veranlaßt durch die Zerstörung der Blüte durch Spätfröste, teuer genug werden kann. Die Beere enthält neben Zucker und Gummi einen purpurroten Farbstoff, Äpfelsäure und Citronensäure und schmeckt bekanntlich angenehm süßsäuerlich und etwas zusammenziehend. Getrocknet ist sie schwarz, runzlig, kleinen Rosinen ähnlich, übrigens an Gehalt und Wirkung unverändert. Die Frucht hat sowohl medizinisch-diätetische wie technische Verwendung. Die getrockneten Beeren bilden in Abkochung ein Volksheilmittel gegen Diarrhöen und im gleichen Sinne verwendet man sie in Frankreich, Rußland, Rumänien und der Levante namentlich für den Armeebedarf. Alle diese Länder beziehen die Beeren aus Deutschland. Namentlich das Erzgebirge, Fichtelgebirge, der Thüringerwald und der Harz liefern jährlich bedeutende Mengen dieser Beeren, die in großen Körben versendet werden. Der Saft oder Absud gibt mit Alaun eine gute violette Farbe, verhält sich überhaupt in der Färberei dem Blauholz ähnlich, hat aber in dieser Richtung nicht viel Verwendung. Häufig dagegen soll er in Frankreich und anderwärts gebraucht werden zum Nachfärben blaßroter Weine, zum Färben von Likören, nachgemachtem Burgunderessig u. dgl.