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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Jod

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Jod - Jod

der Asche von Seepflanzen entdeckt wurde, im Laufe der Zeit durch seine vielfachen Verwendungen aber ein Stoff von immer größerer Bedeutung geworden ist. Die späte Bekanntschaft mit diesem interessanten Körper erklärt sich aus der Art seines Vorkommens; derselbe ist im Meerwasser enthalten und hat somit eine ungeheure Verbreitung, aber auch eben solche Verdünnung, ist übrigens auch nicht frei im Meerwasser, sondern gebunden an Natrium, Calcium und Magnesium. Aus dem Wasser werden diese Jodverbindungen von verschiednen Meergewächsen, namentlich Tangarten, Meerschwämmen etc. aufgenommen und somit aus der Zerstreuung mehr angesammelt. In Steinsalzlagern, den Rückständen alter Meere, finden sich die Jodverbindungen ebenfalls und gelangen von da in Salzquellen und andre Mineralwässer. Das J. findet sich demnach unter ganz denselben Verhältnissen wie das Brom (s. d.). Das erstere ist aber auch im rohen Chilisalpeter und wenn derselbe umkristallisiert wird, in dessen Mutterlauge enthalten und wird die Gewinnung des J. aus diesen Mutterlaugen schon in sehr großem Maßstabe betrieben, sodaß das südamerikanische J. dem europäischen bedeutende Konkurrenz macht. Die bisherige Darstellung hat nämlich ihren Sitz teils an den schottischen, teils an den französischen Küsten (Normandie); die betreffenden Fabriken liefern sowohl das reine J. als Jodkalium, die am häufigsten verbrauchte Verbindung. -

Das J. ist ein trockner, spröder, blätterig kristallinischer Körper, eisenschwarz und von fast metallischem Ansehen, dem Reißblei ziemlich ähnlich. Es verflüchtigt sich schon bei gewöhnlicher Temperatur und entwickelt dabei einen starken, die Schleimhäute reizenden Geruch, der dem des Chlors etwas ähnlich, aber doch eigentümlich ist. Der Geschmack ist scharf und herb, es wirkt giftig. Bei 107° C. schmilzt das Jod und bei 180° kommt es ins Sieden; die Dämpfe haben eine prachtvoll violettblaue Färbung. Aus diesem Umstände hat man seiner Zeit Veranlassung genommen zur Benennung des neuen Elements, indem man dazu das griechische Wort iodes, veilchenblau, benutzte. Die Dämpfe legen sich an kältern Körpern wieder zu Kristallen an. Auch bei gewöhnlicher Temperatur werden diese Dämpfe sichtbar, wenn das J. in einer hellen Glasflasche aufbewahrt wird; die Luft in derselben erscheint dann violett. Organische Substanzen, wie Haut, Papier etc. werden vom J. braungelb gefärbt, Stärkekleister blau. Zur Entdeckung von Stärke oder J. in irgend einer Substanz wird allgemein das eine oder das andre wegen dieser charakteristischen Färbung benutzt. Über 5000 Teile Wasser sind nötig, um 1 Teil J. zu lösen; gleichwohl färbt diese Wenigkeit das Wasser bräunlichgelb. In Weingeist löst sich das J. reichlich - Jodtinktur - und nehmen 10 Teile 90grädiger schon 1 Teil davon auf. Wird eine solche Lösung unter viel Wasser gerührt, so fällt das meiste J. in feinster Pulverform wieder heraus. Weingeist, Äther, verschiedne Salzlösungen lösen es mit braunroter Farbe, Chloroform und Schwefelkohlenstoff mit violetter. Eine Lösung von Jodkalium nimmt noch eine große Portion von J. auf, wobei die wasserhelle Flüssigkeit sich zu bräunen anfängt. Das J. zeigt in seinem chemischen Verhalten die größte Ähnlichkeit mit Chlor und Brom und geht mit den übrigen Elementen Verbindungen ein, die denen jener völlig analog sind und Jodüre und Jodide heißen, von denen die letztern einen Anteil mehr Jod enthalten als die erstem. -

Die Darstellung des J. aus Meerpflanzen namentlich Tangen (Fucoideen und Laminarien) ähnlich denen, die bei uns als Seegras bekannt sind, ist die in Europa allein übliche. Die Ausbeutung solcher Seegewächse war früher eine viel weiter ausgedehnte und am blühendsten an den spanischen Küsten; der Betrieb galt damals der Gewinnung von Soda, für welche man keine andre als diese natürliche Quelle kannte, bis in Veranlassung des französisch-spanischen Krieges von Frankreich ein Preis auf ein Verfahren zur Darstellung künstlicher Soda aus Kochsalz ausgeschrieben und von Leblanc gewonnen wurde, womit der Darstellung der Soda aus Meerpflanzen die Existenz abgeschnitten war. Es wird dabei so verfahren, daß man das ans Land gebrachte und getrocknete Seegras in Gruben verbrennt, wobei man eine sehr salzhaltige geschmolzene Asche in großen Klumpen erhält, die in Frankreich Varec, in Spanien Barilla und in England Kelp heißt. Mit Wasser ausgezogen gibt diese Asche eine Lauge, welche außer Soda noch allerhand Salze enthalten kann, wie Glaubersalz, schwefelsaures Kali, Chlorkalium, unterschwefligsaure Salze etc., sowie ein starker Gehalt von Seesalz niemals fehlt. Durch wiederholtes Eindampfen der Lauge, wobei die Salze je nach dem Grade ihrer Löslichkeit sich früher oder später abscheiden, lassen sich dieselben zugutemachen. Die verbleibende Mutterlauge wurde früherhin natürlich weggeworfen, bis Courtois einmal eine solche mit Schwefelsäure und Braunstein mischte und violette Dämpfe aufsteigen sah, die er auffing und in Kristallen erhielt. Gay-Lussac erkannte den Stoff dann als ein neues Element und stellte dessen Eigenschaften fest. Wo man jetzt auf Jod arbeitet, sind die Arbeiten noch die nämlichen, nur daß man auch die Mutterlauge bestens benutzt, um das Jod und nachher gewöhnlich noch Brom abzuscheiden. Man unterscheidet bei den hierher gehörigen Seegewächsen treibendes oder Tiefseegras, aus Laminaria bestehend, und solches aus Flachwasser; ersteres ist das wertvollere, da es nicht nur mehr Jod gibt, als die im Flachwasser vorhandenen und geschnittenen Fucusarten, sondern auch vorzugsweise Kalisalze enthält, die eine weit bessere Rechnung geben als das Natron. Die Franzosen ernten ihrer Angabe nach eine an Kalisalzen sehr reiche Tangasche, indem dieselbe durchschnittlich 25% Chlorkalium und 19% schwefelsaures Kali enthalten soll. Um aus den Mutterlaugen, die keine Salze mehr hergeben, schließlich das Jod abzuscheiden, dient die Schwefelsäure, die man allmählich, damit keine Erhitzung eintritt, bis zur sauren Reaktion der Lauge zumischt. Gewöhnlich kristallisieren dann noch neugebildete, schwefelsaure Salze aus. Die Jodverbindungen sind durch die Säure eben-^[folgende Seite]