Schnellsuche:

Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Kalmuck; Kalmuswurzel; Kamala; Kamelott

245

Kalmuck - Kamelott

Tüncher, welche in viereckigen Stücken oder Täfelchen vorkommt und wie das Bremerblau aus Kupferoxydhydrat besteht, aber daneben noch Gips enthält. Sie entsteht als Niederschlag aus Kupfervitriol, dem etwas Salmiak beigegeben ist, mittels Kalkmilch. Das hierbei gleichzeitig frei werdende Ammoniak bewirkt die höhere Bläuung des Niederschlags. - Zollfrei. Vgl. auch Anilinfarben.

Kalmuck ist ursprünglich ein aus dickem Streichwollgarn locker gewebtes, aber dicht gewalktes und verschiedentlich gefärbtes, langhaariges, mit Glanz appretiertes Köperzeug zu Winterkleidern. Er bildet so die geringern Sorten der wollenen Biber. Wohlfeilere K.s und Biber werden aus starkem rauhen Baumwollgarn gewebt, in der Appretur den wollenen ähnlich gemacht und führen je nach der Qualität, der Länge des Haares etc. oft auch andre Namen. - Zoll: Wollener gem. Tarif im Anh. Nr. 41 d 5 α; baumwollener Nr. 2 d 1-3.

Kalmuswurzel (Radix oder richtiger Rhizoma Calami, frz. acore odorant, engl. Sweet-flag), der Wurzelstock von Acorus Calamus, einem ausdauernden, zu den Aroideen gehörigen, aus Asien stammenden, aber schon seit Jahrhunderten bei uns angesiedelten Wassergewächses. Die Pflanze mit ihren schilfartigen Blättern findet sich vielverbreitet und zuweilen massenhaft in Teichen, Wassergräben, an See- und Flußrändern etc. Die Einsammlung der Wurzeln geschieht im Herbste und ist am ergiebigsten in trocknen Jahrgängen, wo die Wässer der Standorte sich verlieren; auch enthalten die Wurzeln solcher Pflanzen, die zeitweise trocken stehen, mehr Aroma als die fortwährend im Wasser wachsenden. Die starke Verbreitung der Pflanze haben wohl größtenteils die Flüsse bewirkt, welche bei Überschwemmungen oft Massen von Wurzeln mit sich führen und auswerfen. Das Aussehen der Droge, ihr eigentümlich aromatischer Geruch und eben solcher mit Bitterkeit verbundener Geschmack sind hinlänglich bekannt, da dieselbe wohl noch häufiger in der Volksmedizin als offizinell benutzt wird. Die Hauptbestandteile der Wurzel sind das ätherische Kalmusöl und ein scharf und bitter schmeckendes Harz. Geruch und Geschmack sind an den trocknen Wurzeln noch stärker als an den frischen. Die Wurzeln werden herkömmlich meist geschält und entweder in Rund- oder Spaltstücken in den Handel gebracht; ungeschälte dienen für Tierarznei. Der bei der Schälung erhaltene Abfall ist zum Abdestillieren des Öls noch geeignet. Das Kalmusöl (Oleum Calami) ist blaßgelb von Farbe, dunkelt aber mit der Zeit nach, und enthält das Aroma und die Bitterkeit der Wurzel sehr konzentriert, denn die Ausbeute ist nur 1% oder nicht viel mehr. Es verkauft sich zu 16 Mk. pro kg, das rektifizierte zu 23 Mk. Man benutzt es in der Likörfabrikation. Der K. ist bekanntlich ein häufig und in vielerlei Form und Vermischung angewandtes Arzneimittel, sowohl innerlich, als auch äußerlich zu Bädern. Der kandierte, d. h. überzuckerte K. ist als magenstärkendes Mittel bei manchen beliebt, ebenso der würzhafte Kalmuslikör. - Einfuhrzoll: Kalmuswurzel frisch oder getrocknet ist zollfrei; kandiert gem. Tarif im Anh. Nr. 25 p 1. Kalmusöl Tarif Nr. 5 a. Kalmuslikör Tarif Nr. 25 b.

Kamala, ein ostindisches Pflanzenprodukt, das in seiner Heimat immer, in England auch schon länger unter dem Namen Wurrus Anwendung als Farbmaterial gefunden hat, bei uns aber als ein ausgezeichnetes Mittel gegen den Bandwurm in Aufnahme gekommen ist. Hinsichtlich der Wirksamkeit wird es von Einigen den abyssinischen Kussoblüten (s. d.) gleich, von andern höher gestellt. Es sind aber für den diesfallsigen Bedarf zwei gute Mittel nicht zu viel, da das letztere bei den wenig geordneten Beziehungen zu Abyssinien manchmal in den Handlungen ausgeht. Die Drogue kommt von einem kleinen ostindischen Baume, Rotlera tinctoria, und bildet den drüsigen Überzug von dessen Früchten, der durch Abbürsten gewonnen wird. Es bildet ein ziegelrotes, leichtes, mit den feinen Sternhaaren der Frucht untermischtes Pulver ohne Geschmack und auffallenden Geruch, das aufgequellt die häutigen Drüsen erkennen läßt, in deren Innerm zahlreiche mit rotem Farbstoff erfüllte Schläuche liegen. Der Stoff ist wegen seiner Leichtigkeit schwierig mit Wasser mischbar und tritt an dasselbe nichts ab; dagegen geben Äther und Alkohol gelbe Extrakte, die durch Alkalien in Purpurrot umgefärbt werden. Der Farbstoff ist harziger Natur; das Pulver verbrennt gleich dem Bärlappsamen blitzartig, wenn es durch eine Flamme geblasen wird. Das medizinisch zu brauchende Pulver soll möglichst von den Härchen und etwa beigemengtem Sand befreit werden. - Zollfrei.

Kamelott heißen die dichten leinenartig gewebten Zeuge, welche ursprünglich ein Industrieartikel Kleinasiens und aus Angorawolle (s. d.) gesponnen sind. Während diese echten K. noch jetzt im ganzen Orient verbraucht werden und an Schönheit unerreicht sind, haben die abendländischen Industrieländer die Verarbeitung der Angorawolle längst selbst in die Hand genommen und es haben sich namentlich Brüssel und Leyden, dann auch englische Manufakturen durch schöne derartige Waren ausgezeichnet; die feinsten bestehen ganz aus feiner Angorawolle, sind einfarbig und meliert. In neurer Zeit sind die K. größtenteils Mischgewebe mit oder auch ohne Angorawolle, die dann ganz durch Wolle (Kammgarn) vertreten wird. Zu den wohlfeilern der vielen auf Grund der K. entstandenen Webwaren nimmt man auch Baumwoll- oder Leinengarn hinzu, als Kettfäden, und so sind eine Menge Mischungen und Fabrikate möglich, die mit dem Urstoff nichts als die Webart gemein haben und auch unter besonderen Namen an den Markt kommen. So sind beispielsweise die Orleans schlichte Gewebe mit wollenem Einschlag und gezwirnter Baumwollkette. - Seiden-K. besteht aus zweifädiger schwach gedrehter Seidenkette (beide Fäden mit verschiedner Farbe) und zwei- oder dreifädigem seidnen Einschuß von einer dritten Farbe. Bei halbseidnem K. besteht der Schuß aus zweidrähtigem Baumwollzwirn. - Zoll: s. Tarif Nr. 41 d 5 β; halbseidne 30 f; seidne 30 e.