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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Kork

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Kork - Kork

ebenfalls und geben eine zweite Qualität. Das Schälen der Bäume geschieht in den Sommermonaten. Es erhalten die dazu ausgewählten Stämme und dickern Äste erst zwei Kreisschnitte oben und unten, die dann durch zwei oder drei Längsschnitte verbunden werden, sodaß die Rinde nun in ebenso viel muldenförmigen Schwarten von etwa 3 dm Breite und 12-15 dm Länge abgelöst werden kann. Die Ablösung der Platten erfolgt, indem der Arbeiter mit dem Stiel seines Beiles, der zu dem Zwecke keilförmig zugeschnitten ist, die Rinde unterfährt und abdrückt, indes nach Bedarf ein andrer durch Schieben mit einer Stange nachhilft. Die gebogenen Platten werden durch Einlegen in heißes oder kaltes Wasser erweicht, durch Beschweren mit Gewichten flach gedrückt und so der Luftrocknung ^[richtig: Lufttrocknung] überlassen. In Spanien und Portugal hatte man früher ein andres Verfahren, das wohl auch jetzt noch in einzelnen Gegenden angewendet werden mag. Man schwenkt und zieht dort nämlich die Korkschwarten, an Spieße gesteckt, durch Flammenfeuer, wodurch die Masse innerlich gebräunt und äußerlich schwarz angesengt ist. Der K. soll hierdurch in seiner Masse verbessert, seine Poren geschlossen und auch der Wurmfraß abgehalten werden. Dunkle Farbe wurde sonst als das Zeichen spanischer Herkunft gern gesehen, weil die spanische Ware als die beste galt. Indes ist der französische und algierische K. im allgemeinen reiner, weicher und elastischer. Die Portugiesen übrigens beschaben ihre Korkplatten, um die kohlige Rinde zu entfernen und ein gefälligeres Ansehen herzustellen. Die Korkrinde wird je nach dem Standorte der Bäume 4½ bis 7 cm dick; das sardinische, sizilische, illyrische und andres Gewächs dieser östlichern Gegenden ist schwächer und an Qualität weit geringer. Die leichtesten Platten mit feiner egaler Masse, von graugelblicher Farbe, sind das beste Material, aber ganz fehlerfreie Stücke sind immer Seltenheiten. - In frühern Zeiten und bis vor etwa 100 Jahren wurden die K. gleich fertig geschnitten aus den Erzeugungsländern bezogen, vor allem aus Spanien, wo die Schneiderei in vielen Städten von langer Zeit her großartig betrieben wurde und noch wird. In Spanien sind die Korkwaldungen weit verbreitet über Katalonien, Andalusien, Valencia. In vorzüglichster Beschaffenheit findet sich der K. in der katalonischen Provinz Lerida und es ist die Ausfuhr des dortigen Rohstoffes von Regierungswegen verboten zu gunsten der innern Fabrikation. Aus den übrigen Korkdistrikten ist die Ausfuhr unbeschränkt. In Portugal sind Alemtejo und Algarvin die hauptsächlich Kork liefernden Provinzen; das Produkt geht größtenteils nach England und englische Gesellschaften haben gleich ganze Wälder in Pacht. Südfrankreich ist das einzige Land, wo zu den natürlichen Eichenbeständen sich noch künstlich angelegte hinzugefunden haben. Es sind namentlich in neurer Zeit im Departement Lot et Garonne, in den weiten wüsten Landes und andern südlichen Gegenden bedeutende Anpflanzungen gemacht worden. Der Hauptsitz der französischen Korkschneiderei ist die Gironde; es werden dort enorme Mengen Korke gefertigt und wurde bis in neueste Zeit sehr viel spanischer Kork mit verarbeitet, was sich aber nunmehr geändert hat durch die Erschließung der ungeheuren Korkwälder, die in Algerien in der Provinz Konstantine und anderwärts existieren, ohne daß früher die Industrie den mindesten Vorteil davon gehabt hätte; denn die Eingeborenen selbst machten von den Rinden nur zum Dachdecken Gebrauch und benutzten übrigens die Eichwälder hauptsächlich zur Viehweide, brannten demzufoge ^[richtig: demzufolge] alljährig das alte Gras ab, um einem neuen Wuchse Platz zu machen, ein Verfahren, worunter die Bäume natürlich schwer leiden mußten. Die französische Regierung schaffte das Grasbrennen zwangsweise ab, teilte die Waldungen in regelmäßige Reviere und sorgte für gehörige Komplettierung der Bestände. Man hat jetzt in den Provinzen Konstantine, Algier, Oran, eine Waldfläche von 322762 Hektaren ermittelt und etwa die Hälfte davon ist schon in Pacht vergeben. Ein solcher Bestand beträgt mehr als alle übrigen Korkeichen der Welt zusammengenommen. Die dortige Produktion ist im Steigen und beginnt ihren Einfluß am Markte zu äußern. Im Jahre 1866 schon bezog Frankreich circa 1150000 kg rohen algierischen Kork, und diese nämliche Quantität hatte es bis dahin zu seinem eigenen Erzeugnis aus andern Produktionsländern zuzuführen gehabt zur Versorgung seiner Korkindustrie mit Rohstoff. - Es sind zahlreiche vergebliche Versuche gemacht worden die Korkeiche in fremde Länder zu verpflanzen; wenn aber auch der Baum nicht auswandern will, so ist doch die Verarbeitung der Rinde von ihren Ursitzen weiter verpflanzt und in Deutschland schon seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts in die Hand genommen worden. Im größten Umfang aber muß die Korkschneiderei in England betrieben werden, das für sich und seine überseeischen Versendungen täglich mehr als 20 Mill. Korke braucht, dieselben nur zum kleinsten Teil schon fertig bezieht. In Deutschland haben sich namentlich bremer Geschäftsleute um die Einführung der Korkschneiderei in der dortigen Umgegend schon frühzeitig verdient gemacht und es gibt keine andre Gegend unsers Vaterlandes, wo so viel Korkholz verschnitten wird als der Strich von bremischen, oldenburgischen und hannoverschen Dörfern, der sich im Süden von Bremen zwischen Delmenhorst und Syke herumzieht. Ein großer Teil von Deutschland wird von hier aus mit Stöpseln aller Art versorgt. Einige größere Manufakturen bestehen auch in Bremen selbst. Das oldenburgische Städtchen Delmenhorst ist allmählich der Hauptort der Korkindustrie geworden. Die dort an der Spitze stehenden Unternehmer haben selbst einige Schiffe in See zur Beischaffung des Rohmaterials. Die nach dem Tausend bezahlten Schnitzer bearbeiten dasselbe in ihren Wohnungen und liefern die fertige Ware zurück nach Delmenhorst oder Bremen. An tausend Familien oder Häuser mögen sich der Arbeit widmen und gibt es sowohl permanente Korkschneider als Landleute, die nur im Winter und in sonstigen Mußestunden am Schneidetische