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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Vanillin; Vaselin; Veilchenblüten; Veilchenwurzel

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Vanillin - Veilchenwurzel

fettig gemachte V. gibt braune Flecken auf Papier. - Verfälscht wird V. durch Auffrischen bereits ausgezogener Schoten mit Perubalsam und Acajouöl und durch Zumischen schlechter Schoten und ähnlich aussehender Früchte. Die künstliche Darstellung von Vanillin, welches zu den meisten Zwecken die V. vollkommen ersetzen kann, hat den Preis, früher bis 300 Mk. pro kg, wesentlich erniedrigt und damit die Verfälschungen weniger lohnend gemacht, sowie geringwertigere Früchte: Brasil, Laguayra, Pompona etc. ganz verdrängt. - Verwendet wird die V. in der feinern Küche, zu Schokoladen, Konditoreiwaren und medizinisch, der Extrakt mit Weingeist, die Vanillentinktur, zu Parfüms, Likören und in Apotheken. - Jetzige Preise sind: Bourbon, über Bordeaux oder Paris bezogen in Dosen von 3-10 kg, mit 12-24 cm langen Schoten 16-70 Mk. je nach Jahrgang und Sorten, Mauritius über London, Mexiko über Hamburg 18-64 Mk. pro kg. - Zoll gem. Tarif im Anh. Nr. 25 i. Vanilletinktur Nr. 5 a. Vanilleessenz, nicht oder nur in ganz geringem Grade alkoholhaltig, zum Würzen von Speisen oder Getränken, Nr. 25 p 1.

Vanillin (Vanillinum), ein seit einigen Jahren in Aufnahme gekommener Artikel des Chemikalienhandels, als Surrogat für Vanille empfohlen und in Verwendung. Das V. ist derjenige Bestandteil der Vanillefrüchte, dem dieselben hauptsächlich, aber nicht allein, ihren feinen Geruch und Geschmack verdanken; es findet sich zu 1½-2½% darin. Dieses, aus der Vanille darstellbare V. bildet jedoch keinen Handelsartikel, sondern nur das auf künstlichem Wege erzeugte. Man bereitet das V. aus dem Cambialsafte der Nadelhölzer durch Oxydation des in diesem enthaltenen Coniferins mittels Kalibichromat und verdünnter Schwefelsäure. Es läßt sich jedoch auch aus dem Eugenol des Nelkenöles und dem Guajacol des Buchenholzteeres gewinnen. Man erhält es als feinkristallinisches, weißes Pulver, schwer löslich in kaltem, leicht löslich in heißem Wasser, sowie auch in Alkohol und Äther; es schmilzt bei 80-81° C. und läßt sich, vorsichtig erhitzt, sublimieren und in schönen, sternförmig gruppierten Kristallnadeln erhalten. Im Kleinhandel wird das V. gewöhnlich schon mit einer gewissen Menge Zucker vermischt zum Verkauf gebracht. Trotz seines feinen und starken Vanillegeruchs kann dieses Präparat die Vanille doch nur zum Teil ersetzen, da außer dem V. und der Vanillinsäure auch noch ein aromatisches Harz an dem charakteristischen Geruch und Geschmack der Vanille Anteil haben. Die Vanillinsäure läßt sich ebenfalls künstlich herstellen, besitzt jedoch nur einen schwachen Geruch; man kann das V. als das Aldehyd der Vanillinsäure betrachten. Manche Chemiker halten das V. für den Monomethyläther des Protokatechusäurealdehydes. 10 g kosten 10-15 Mk. - Zoll: V. gem. Tarif Nr. 25 i, mit Zucker versetzt Nr. 25 p 1. Vanillinsäure zollfrei.

Vaselin (Vaseline), eine weiche, sich fettig anfühlende Masse von Salbenkonsistenz, vollständig geruchlos und indifferent, wird aus den Destillationsrückständen des amerikanischen Petroleums gewonnen und teils mit gelblicher Farbe (halb gereinigt), teils vollständig weiß in den Handel gebracht. Man verwendet das V. wegen seiner milden Beschaffenheit und seines Indifferentismus und weil es nie ranzig werden kann, jetzt häufig in Apotheken anstatt des Schweinefetts zu Salben. Man hat auch ein Vaselinöl, auch Virginia genannt, gelblich und farblos; es wird benutzt zum Bestreichen von Metallgegenständen, um sie gegen das Rosten zu schützen. Das V. besteht aus, dem Paraffin ähnlichen Kohlenwasserstoffen. - Zoll: V., V. salbe und V.öl, zollfrei.

Veilchenblüten (flores violarum). Die entkelchten Blüten des wohlriechenden Veilchens (Viola odorata) in gelinder Wärme vorsichtig getrocknet, wobei sie aber ihren Duft verlieren, waren früher in Apotheken als Brustthee in Gebrauch. Offizinell ist der aus frischen Blüten bereitete Veilchensirup (syrupus violarum), erhalten durch Digerieren derselben mit heißem Wasser und Kochen des Auszugs mit Zucker. Die schön blaue Farbe desselben verwandelt sich durch Säuren in Rot, durch Alkalien in Grün, und wird daher der Extrakt auch als empfindliches chemisches Reagens gebraucht. Als Parfümerieartikel hat man Veilchenblütenessenz (extrait violette), einen weingeistigen Auszug aus der Veilchenpomade (pomade violette), welche man aus dem südlichen Frankreich bezieht; ebenso Veilchenöl (huile parfumee violette), bestehend aus Baum- oder anderem fettem Öl mit Veilchengeruch, dargestellt durch Maceration des Öls mit frischen Veilchenblüten. Dieses Öl wird, wie auch die Pomade und so viele andre Pflanzenparfüms, in der Umgegend von Nizza, Cannes und Grasse bereitet, wo die Veilchen in großem Maßstabe kultiviert werden. - Zoll: V. und Brustthee zollfrei. Veilchensirup gem. Tarif im Anh. Nr. 25 p 1. Fettes Veilchenblütenöl Nr. 31 d, bezw. Nr. 31 e, Pomade und Essenz Nr. 31 e.

Veilchenwurzel (Radix Iridis, rhizoma Iridis florentinae), ein Artikel des Droguenhandels, der veilchenartig duftende Wurzelstock zweier Arten von Schwertlilien, Iris florentina und I. pallida, welche im südlichen Europa heimisch sind und zu Handelszwecken, namentlich in Oberitalien und Südfrankreich, stark gebaut werden. Der horizontal in der Erde liegende Wurzelstock ist ästig, knollig gegliedert, hin- und hergebogen, der Hauptkörper etwa daumendick, die Außenseite gelblich, das Innere eine weiße, harte und schwere, mehlige Masse. Frisch gegraben hat die Wurzel einen unangenehmen Geruch und bittern Geschmack; geschält und rasch getrocknet riecht sie angenehm und schmeckt nicht mehr bitter. Die Drogue wird in beträchtlichen Mengen meist in naturellem Zustande bezogen und von Droguisten in Nürnberg, Dresden u. a. mundiert, d. h. geschält und geputzt, sortiert und weiter für den Verkauf vorbereitet. Die längsten schlanken Stücke werden als Anhängsel für zahnende Kinder zurecht geschnitten oder gefeilt, damit sie daran kauen, was das Zahnen erleichtern soll (radix Iridis pro infantibus).