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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Meerzwiebel; Mehl

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Meerzwiebel - Mehl

trocknet, die durch künstliche Wärme noch weiter, aber nicht völlig ausgetrocknet und dann zu Waren verarbeitet werden. Für geringere Waren wird der Teig in Formen gegossen, dann werden die Stücke gebrannt. Der hierbei wieder entstehende Abfall wird wiederholt zu neuer Masse geschlagen und man unterscheidet daher erst-, zwei-, drei-, vier- und fünfmassige Ware. Um ächten M. von unechten zu unterscheiden, soll man den Gegenstand mit der Kante einer Silbermünze streichen, unechter M. nimmt dadurch einen grauen Strich an, wie mit Bleistift, echter nicht. - Zollfrei. Meerschaumwaren gem. Tarif im Anh. Nr. 20 b 1. Künstlicher M. wird wie natürlicher behandelt.

Meerzwiebel (radix scillae oder squillae, bulbi scillae); ein Artikel des Droguenhandels, besteht aus den zerschnittenen und getrockneten Zwiebeln eines zu den lilienartigen Pflanzen gehörigen Zwiebelgewächses (Urginea maritima), das massenhaft auf den sandigen Küsten des Mittelländischen Meeres wächst und dessen eirunde, große, bis zu 2 kg schwere, aus dicken saftigen Schuppen zusammengesetzte und außen mit trocknen braunen Häuten umgebene Zwiebel zu medizinischem Gebrauch dient. Die nicht selten in Töpfen als Zierpflanzen gezognen Scillen sind, wenn sie blau blühen, andre Arten; die Urginea maritima hat einen Schopf mit weißlichen Blüten. Im Handel findet sich die Drogue meist getrocknet, in die einzelnen Dickschuppen zerlegt; doch kommen neuerdings auch ganz frische Zwiebeln über Triest in den Verkehr, die im Keller in Sand sich konservieren lassen, doch nicht sehr lange. Die getrockneten Stücke, die gut in Büchsen zu verwahren sind, da sie sehr leicht wieder Feuchtigkeit anziehen und dann verderben, bilden zwei Sorten, eine weißliche und eine rötliche. Die erstere stammt aus Griechenland, Malta, Kleinasien etc., die andre, welche besser sein soll, aus Apulien und Kalabrien. Es sind flache gebogne, hornartig durchscheinende Stücke, die weiße Varietät weißem Wachse ziemlich ähnlich. Die frisch zerschnittene Wurzel riecht scharf zwiebelartig, schmeckt scharf, bitter und ekelhaft. Beim Trocknen verliert sich der Geruch größtenteils, während der Geschmack bleibt. Ursache desselben und das medizinisch wirkende Prinzip ist eine besondere, äußerst bitter schmeckende, unkristallisierbare Substanz der Zwiebel, Scillitin genannt, welche in größern Gaben als Gift wirkt. Medizinische Gaben wirken harntreibend und förden ^[richtig: fördern] die Thätigkeit der Schleimhäute. Es werden aus getrockneten resp. frischen Zwiebeln wässerige und weingeistige Extrakte, durch Macerieren mit Essig der Meerzwiebelessig (acetum scilliticum), durch Versetzen des letztern mit Honig und Eindicken der Meerzwiebelsauerhonig etc. bereitet. -

Die Franzosen haben für die Zwiebel, welche auf den Küsten Algeriens überall wuchert, eine neue Verwendung gefunden. Dieselbe hat sich nämlich als das beste Vertilgungsmittel gegen Ratten und Mäuse bewährt. Diese Tiere verzehren dieselbe frisch zerschnitten und in Fett geschmort mit Begierde, nicht minder dann, wenn sie mit Mehl in einen Teig verwandelt, dieser gebacken und gepulvert worden ist. Zollfrei.

Mehl (Getreidemehl; lat. farina; frz. farine; engl. flour). Ein ansehnlicher Teil der Brotfrucht gelangt in neurer Zeit nicht mehr als Körner, sondern schon vermahlen an den Markt und bildet in dieser Form einen sehr bedeutenden Handelsartikel, der natürlich dieselben, je nach den Ernteerträgen verschiedner Länder, veränderlichen Wege geht wie das Getreide selbst. Das M. ist als ein Halbfabrikat zu betrachten und dieses setzt Fabriken voraus; solche Fabriken sind in der That die neuzeitigen Kunstmühlen, die sich an Umfang und Leistungsfähigkeit zu den alten deutschen Mühlen ungefähr ebenso verhalten wie Fabriken überhaupt zu den Werkstätten kleiner Handwerker. Die Mühlen nach alter Art versorgen nur kleine Mahlkreise und ihr Geschäft ist die sog. Posten- oder Lohnmüllerei, d. h. sie verarbeiten die ihnen zugebrachten größern und kleinern Posten gegen Lohn. Die großen neuern Anstalten sind dagegen Handelsmühlen, die eingekauftes Getreide vermahlen und die Mahlprodukte an den Markt bringen, nicht mehr bloß an den großen von Land zu Land gehenden, sondern auch an den innern, denn auch die Bäckerei hat sich wenigstens in größern Städten so eingerichtet, daß sie nicht mehr Getreide anschafft und mahlen läßt, sondern fertiges M. kauft. Der Anstoß zur Umformung des Mühlwesens ging besonders von Nordamerika aus, das bei der Fülle seiner Weizenproduktion darauf denken mußte, wie das Mehl massenhafter und für den Seehandel haltbarer herzustellen sei. Auch die Engländer beschäftigten sich angelegentlich mit Verbesserung der Mühlen; sie modifizierten das System der Amerikaner und man pflegt daher die verbesserten Mühlen überhaupt englisch-amerikanische zu nennen. Eine solche Mühle zeichnet sich in vielen wesentlichen Punkten von den gewöhnlichen aus. Erstlich sind die Mechanismen feiner und so viel als möglich in Eisen konstruiert; sie gehen deshalb leichter und es wird eine gegebene Kraft viel besser ausgenutzt. Durch verschiedne Einrichtungen bedient sich die Mühle so zu sagen selbst und es werden viele Handreichungen durch Mechanismen ersetzt. Dann haben sie bessere und größere Mühlsteine, mit welchen das Getreide trocken vermahlen werden kann, während es bei der alten Müllerei vorher gefeuchtet werden muß. Es wird also, unter Vorkehrungen zur Kühlhaltung des Mahlgutes, ein M. erhalten, das nur den natürlichen Wassergehalt des Korns hat, der zuweilen auch noch durch künstliche Wärme ausgetrieben wird, wo dann die Ware Darrmehl heißt und besonders zu Schiffsproviant dient. Das M. solcher Mühlen ist daher immer trockner und darum halt- und versendbarer und wird daher als Dauermehl oder auch Dampfmehl bezeichnet. Die Dampfkraft ist allerdings nichts Wesentliches dabei und es stehen viele der immer zahlreicher werdenden Handelsmühlen auch am Wasser und haben etwa nur eine Reservedampfmaschine für wasserarme Zeiten. Es haben die Kunstmühlen ferner komplizierte Reinigungsapparate, welche die Körner vor dem Vermahlen viel gündlicher ^[richtig: gründlicher] als gewöhnlich entspitzen und