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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Mule-Twist; Mull; Muräne

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Mühlsteine - Muräne

Sorgfalt gewidmet und dieselben, da sich das Material dazu nur an wenig Örtlichkeiten findet, meist aus der Ferne bezogen werden. Die gewöhnlichen weißen Sandsteine, die nicht selten sind, können für verbesserte Mühlen wegen ihrer Weichheit, schnellen Abnutzung und daraus entstehender Verunreinigung des Mehles mit vielem Sand gar nicht gebraucht werden und kommen jetzt überhaupt nur auf den kleinsten Mühlwerken noch vor. In einzelnen Fällen sind die Sandsteine härter und die Produkte derartiger Brüche haben von jeher Absatz auch in größern Kreisen gefunden. Als solche sind zu nennen die Steine von Nordhausen, Blankenburg und vom Kyffhäuser am Harz, Löwenberg, Langenau und Kesselsdorf in Schlesien, Johnsdorf bei Zittau, Pirna etc. Die vorzügliche Beschaffenheit der Johnsdorfer Steine hat ihren Grund darin, daß die dortigen Quadersandsteinschichten nachgehends von aufquellendem geschmolzenen Basalt durchbrochen wurden, dessen Hitze das anstehende Gestein nachträglich gefrittet hat und es in ein viel härteres verwandelte. Es werden dort die gebrochenen Blöcke sorgfältig im einzelnen geprüft und was keinen ganzen gleichförmigen Mühlstein gibt, wird durch Zusammenkitten mehrerer Stücke und Umlegen eiserner Reifen dazu disponiert. Nicht aus Sandstein bestehende M. sind in der Regel viel dauerhafter als jene. Als solche sind seit langer Zeit bekannt und im Handel gehend: die Krawinkler Steine aus der Gegend von Ohrdruff; sie bestehen aus einem blaßroten Porphyr mit großen Quarzkörnern gemengt und brauchen beim Schärfen nur rauh aufgehauen zu werden.

Viel weiter verbreitet in Deutschland und rheinabwärts sind die sogen. rheinischen oder Andernacher Steine, die man bei Ober- und Niedermendig bricht. Sie bestehen aus einem harten Basalt, der aber nicht die gewöhnliche kompakte Struktur hat, sondern in seiner ganzen Masse mit kleinen blasigen Höhlungen durchsetzt ist, die also an der Mahlfläche des Steines, so weit sie offen liegen, kleine Gruben mit scharfen Rändern bilden, die auch auf keiner Stufe der Abnutzung fehlen, denn während einzelne Augen durch das Abmahlen verschwinden, eröffnen sich dafür wieder andre, sodaß sich solche Steine gewissermaßen von selbst schärfen, wodurch indes die künstliche Schärfung, das Einbauen von systematisch angelegten Rillen (Haukurven) nicht entbehrlich wird. Granitne Steine sind in der Schweiz viel im Gebrauch und finden auch Absatz nach dem Norden.

Die vorzüglichsten Steine aber sind bekanntlich die französischen aus dem reichhaltigen geologischen Becken von Paris, die sog. Champagner Mühlsteine. Sie bestehen aus Süßwasserquarz, einem Gestein von der Härte des Quarzes, das aber nicht spröde ist, sondern eine gewisse Zähigkeit hat, vermöge deren es nur sehr schwer mit den besten Werkzeugen bearbeitet werden kann, dafür aber auch in der Mahlarbeit beinahe unverwüstlich ist. Die hauptsächlichsten Steinbrüche befinden sich bei La Ferté sous Jouarre bei Meaux; das Terrain umfaßt eine Fläche von 8 Kilometer im Umfang und zieht sich unter allmählicher Abnahme der Qualität bis gegen Epernay und Montmirail hin. Frankreich besitzt in diesem Vorkommnis ein ähnliches Monopol wie Bayern mit seinen Lithographiesteinen, aber die Ähnlichkeit erstreckt sich noch weiter dahin, daß beiderseits die besten Qualitäten zu Ende oder zur Neige gehen. Der Pariser Quarz kommt vor in großblasiger Beschaffenheit wie der rheinische Basalt, ferner kleinblasig und ganz dicht. Dieser Süßwasserquarz findet sich niemals in solchen Werkstücken, daß er ganze M. gäbe, sondern in eckigen Klumpen, die lose in Thon und Sand liegen und durch Keile noch weiter zerkleinert und zum Zusammensetzen passend bossiert werden. Jeder Stein ist daher ein Kompositum von einer größern Anzahl Stücke, die sehr gut zusammengekittet und durch eiserne Reifen zusammengehalten werden. Obenauf kommt dann noch zur Beschwerung ein Anguß, der aus Gips und Steinbrocken besteht. Die Auswahl und Zusammenfügung der Steinstücke zu einem Ganzen ist eine Arbeit, die viel Umsicht und Geschick erfordert. Es sind diese künstlichen Steine wegen der sehr schweren Bearbeitung der Masse und ihrer Unersetzlichkeit halber sehr teuer und kosten nach Größe und Qualität 600-1200 Mk. das Stück, bleiben dagegen auch auf eine Reihe von Jahren tauglich, müssen aber natürlich auch zu Zeiten geschärft werden. Die Franzosen haben für ihre Steine Abnehmer in aller Welt, versenden auch rohe Blöcke, welche erst auswärts zu M. zusammengesetzt werden. Bei uns wird dieses Geschäft z. B. in Dresden, Quedlinburg und Zeitz betrieben. In Ungarn hat sich seit einigen Jahren eine Mühlsteinfabrikation entwickelt, welche ebenfalls einen dichten Süßwasserquarz verarbeitet und deren Produkte weniger hoch angesetzt sind. Nach dem Fundorte des Rohstoffes heißen dieselben Foreysteine. - Zollfrei.

Mule-Twist oder Mulegarn heißt das weichere, besonders als Einschuß dienende Baumwollgarn, welches auf der Mulemaschine (Halb- oder Gang-Selfaktor) fein gesponnen wurde (vgl. Baumwollgarn). - Verzollung: gem. Tarif im Anh. Nr. 2 c 1-3.

Mull ist ein klarer, feiner, weißer und weicher Musselin zu Frauenkleidern, Kragen, Chemisettes u. dgl., ursprünglich ein aus Ostindien kommendes Fabrikat, das aber gegenwärtig in Europa überall erzeugt wird, wo feine Baumwollwaren gefertigt werden. Man benennt die Ware auch wohl Moll, was aber auch einen feinen Molton (s. d.) bezeichnen kann. - Verzollung: Aus rohem Garn gefertigter roher M. gem. Tarif im Anh. Nr. 2 d 3, gebleichter Nr. 2 d 5, als Gardinenstoff, gebleicht und appretiert Nr. 2 d 4.

Muräne (Muraal, Gymnothorax Muraena); ein aalähnlicher Fisch, zuweilen bis zu 6 kg und darüber schwer, lebt im mittelländischen Meere, in geringerer Anzahl im atlantischen Ozean. Die Grundfarbe des Vorderleibes ist lebhaft gelb, die des hinteren geht ins Bräunliche über; der Rücken zeigt braune Flecken, welche durch dunklere Binden umschlossen und von einander abgegrenzt werden. Zum Fange wendet man Angelhaken und Körbe an. Das Fleisch gilt als höchst schmackhaft. - Frische M. sind zollfrei.