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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Muskarin; Muskat; Musseline

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Muskarin - Musseline

entstehenden Abfällen oder durch Ausfällen von verdünnter Goldchloridlösung erhalten wird. - Verzollung: M., unechtes Malergold gem. Tarif Nr. 5 a.

Muskarin (Muscarinum); das im Fliegenpilz enthaltene giftige Alkaloid, dessen schwefelsaures Salz (Muscarinum sulfuricum) neuerdings medizinische Verwendung gefunden hat. Es hat eine ähnliche, die Pupille verengende Wirkung, wie das Physostigmin und erscheint in kleinen farblosen Kristallen. - Zollfrei.

Muskat und Muskatblüte, Produkte des Muskatnußbaums, Myristica L., Familie der Myristiceen, Bäume und Sträucher in den Tropen. M. moschata Thunb., die echte M., 15-20 m hoch, engl. Musky, True Nutmeg, frz. muscadier musqué, holl. muskantboom, ital. noce moscata. Die Bäume sind von neun Jahren an tragbar und bis in das 80. Jahr, die Früchte, die Samen der Beeren, 3 cm lang, 2,5 cm breit, nußartig, die Muskatnüsse, reifen in sieben Monaten; man erhält bis 2000 Stück pro Baum zur Zeit der Vollkraft. Der an der Luft getrocknete, fleischige, karminrote, nach dem Trocknen orangengelbe, sehr gewürzhafte Samenmantel ist die Muskatblüte (Folie, Forlie, Forly, Macis) des Handels, welche in den Sorten Klimmfolie, gewonnen aus gepflückten, Rangfolie, aus abgefallenen und Gruis- oder Stofffolie, gewonnen aus halbreifen Nüssen, am geringsten im Werte und als lichte weiße und braune oder ordinäre Sorten versendet werden, meist in Körben zu 80 kg. Die Muskatnüsse enthalten bis 25% Öl oder Fett, 6% ätherisches Öl (Muskatnußöl), viel Stärkemehl und Eiweiß; sie bilden ein beliebtes Küchengewürz, welches sehr stärkend auf die Verdauungsorgane wirkt. Die am wenigsten aromatischen, aber größten Muskatnüsse sind die Samen vom M. tomentosa Thunb.; Muskatbutter oder Otobafett liefert M. Otoba H. B. in Neugranada. Andre Arten geben noch andre Produkte, Ocebawachs, Licuibafett etc. Die Hauptproduktion an Muskatnüssen liefern die Bandainseln Lontar, Neira und Ai.

Ein großer Teil der Nüsse kommt wurmstichig in den Handel; die Löcher werden sorgfältig zugeklebt mit einem mit Muskatpulver vermischten Kleister. Gute Nüsse sollen schwer, voll, hell und frisch, aber nicht feucht sein. Der große Begehr läßt heutzutage auch geringwertigere Ware (sog. Rumpf- oder Rompnüsse), die angefressenen hohlen, verwerten, sodaß die Sortierung minder sorgsam betrieben wird. Die besten sind die feinen Sorten und die Sortenware. Man verkauft auch eingemachte (unreife, frische) Muskatnüsse in Zucker oder Syrup. Vordem hatten die Holländer den Handel mit M. monopolisiert, später Franzosen und Engländer die Bäume nach anderwärts hin, nach Amerika, Isle de France, Bengalen etc. verpflanzt und zum Teil besser kultiviert. Die Holländer trennten die hornige Schale und legten die Nüsse in Kalkbrei zur Zerstörung des Keims, worauf sie dann wieder gewaschen und getrocknet wurden, aber auch leicht Feuchtigkeit anziehen; man läßt daher vielfach die Hornschale zum Schutz und verpackt die Nüsse in Mattensäcken. Beste Sorte Königsmuskatnuß (Pala radja) von den Molukken (Badjan-Insel). -

Monodora Myristica, Anona myn, engl. Americain Nutmey, frz. monodore aromatique, ein den Anonaceen angehörender Baum, liefert die westindischen oder Jamaika-Muskatnüsse, rostbraun, eilänglich, etwas kantig, den echten bedeutend nachstehend. - Für Deutschland sind London, Amsterdam, Rotterdam, Hamburg und Bremen die Handelsplätze; für Nüsse schwanken pro 100 kg die Preise von 200-650 Mk., für Blüten 370-440 Mk. Primanüsse, 200 Stück pro kg bis zu 290 Stück. Zoll: Muskatnüsse und Muskatblüten s. Tarif im Anh. Nr. 25 i; Muskatöl, Muskatbutter und Muskatbalsam Nr. 26 a 1 bzw. 4; ätherisches Öl Nr. 5 a.

Musseline (frz. musseline; engl. murlin) sind eine Gattung feiner, locker gewebter, halbdurchsichtiger Gewebe aus den höchsten Nummern von Baumwollgarn. Dieser Artikel wurde ursprünglich in Ostindien und im Orient gefertigt und von dort eingeführt, wird aber schon seit langer Zeit in England, Frankreich, Deutschland und der Schweiz fast eben so gut und schön und durch Fabrikbetrieb bedeutend wohlfeiler hergestellt. Die Ware kommt außerordentlich verschiedenartig vor, einfach glatt, gestreift, durchbrochen, geblümt und gedruckt. In ausgedehntem Maße dient auch der Stoff als Grund von Weißstickereien. Von Druckmustern werden die neuesten und schönsten gewöhnlich erst auf M. und erst zur zweiten Hand auf geringere Stoffe gebracht. Eine Eigenheit desselben, die davon herrührt, daß der Faden beim Spinnen nur wenig gedreht wird, ist der zarte Flaum von hervorstehenden Fäserchen, mit welchen die Oberfläche bedeckt ist.

Die Musselinweberei und die Ausfuhr von Geweben nach dem Orient wurde in der Schweiz und Deutschland (im Voigtlande) schon lange vor Einführung der Spinnmaschinen auf Grund von Handspinnerei betrieben. Mit der Ausbildung der Maschinenspinnerei ging die Garnerzeugung vollständig an diese über, wogegen die Weberei nach wie vor dem Handstuhle verblieb und für den Maschinenstuhl zu zart ist. Sie wird herkömmlich in Kellerräumen betrieben, da in trockner Luft die Arbeit nicht gut gelingt. Durch Präparieren des Garns mit Glycerin scheint man sich übrigens jetzt dieser Notwendigkeit überheben zu können.

Die Maschine hat auch die ostindische alte Industrie so weit beeinflußt, daß die dortigen Weber jetzt englische Garne verarbeiten und dabei bestehen können. Absatz finden die indischen Waren zur Genüge, da diese leichten Stoffe in Asien, Afrika und Südamerika als allgemeine Bedarfsartikel stets massenhaft verbraucht werden. Die alte Fabrikation aus Handgespinst dauert in natürlich beschränktem Maße fort und ist der Hauptort dafür von jeher die Stadt Dacca und Umgegend in Bengalen. Die dortigen Spinnerinnen sind Künstlerinnen in ihrer Art. Die große Zartheit und Feinheit, bis zu welcher ihre Erzeugnisse gehen können, ist oft hervorgehoben und dafür beispielsweise angeführt worden, daß man ein ganzes Kleid durch einen Fingerring ziehen könne, oder daß 15-20 m Turbanmusselin nur