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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Obst

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Obst - Obst

zu 13,78% (Trauben). Eiweiß ist nur mit Bruchteilen von Prozenten vertreten. Der Wohlgeschmack des O. und sein Aroma bedingen die Ätherarten, ersteren aber noch besonders das Verhältnis zwischen Säuren, Zucker, Gummi, Pektin, Stärke und das zwischen den löslichen und den unlöslichen Stoffen. Nur das Kulturobst ist das wohlschmeckende, aromatische und beliebte bei den meisten Obstsorten; bei Erdbeeren stehen die wildwachsenden den in Gärten gewonnenen darin nicht nach; das wertvollste O. liefern die Spalierzuchten, das wertloseste die Waldungen.

Ertrag und Güte sind wesentlich durch die Jahreswitterung bedingt und deshalb die Preise für O. sehr wechselnde; in sehr guten Jahren kann oft das O. lokal kaum verwertet werden, doch hat der heutige Eisenbahnverkehr den Absatz wesentlich erleichtert. Je wärmer Boden und Witterung, je sonniger und geschützter die Lage, je länger die Bestrahlung durch die Sonne, um so wertvoller wird das O., doch darf es nicht ganz an Feuchtigkeit, im Untergrund besonders, fehlen, da sonst das O. abfällt, bevor die Reife erlangt wird und die Bäume selbst absterben können. Alle Obstbäume verlangen Tiefgründigkeit; locker steiniges Geröll, von Kalkgestein besonders, ist selbst noch besser, als schwer thoniger oder torfig humoser Boden. Zur Düngung verwendet man verrotteten Rindviehdünger, verdünnte Jauche, Blut, Spülwasser, etwas Phosphat- und Kalidünger; die Bodenkrume muß stets locker und etwas frisch gehalten werden. Die Hauptsache für Erzielung hoher Erträge bildet die Pflege, guter Schnitt und die Vernichtung, bzw. Abhaltung der schädlichen Tiere und Pflanzen, sowie die Wahl der richtigen, dem Klima und dem Boden angemessenen Sorten; am beliebtesten ist es, Löcher in einiger Entfernung vom Stamm anzufertigen, mit dem Dünger diese anzufüllen und nach Bedarf zu begießen; die Baumscheibe um den Stamm darf nie direkt begossen werden. -

Der Obsthandel ist hauptsächlich Ein- und Ausfuhrhandel und Handel nach den Städten, deren Bedarf ein stets steigender wird; aufgekauft wird das O. bei den Produzenten direkt oder durch Zwischenpersonen und verfrachtet wird es für größere Entfernungen zu Schiff und mittels der Eisenbahn in Säcken, Körben, Kisten und Fässern, geringwertiges O. ohne Verpackung. Sehr lebhaft ist der Handel rheinabwärts, nach England, auf der Elbe und andern Flüssen; Berlin wird hauptsächlich zu Schiff versorgt und dort findet sich auch der Verkauf vom Schiff aus, sonst in besonderen Handlungen oder auf den Wochenmärkten von Hökern und ständig sitzenden Verkäufern. In vielen Gegenden liefern die Obstzüchter den Winterbedarf direkt an die Privaten mittels ihrer Fuhrwerke, und am Rhein und anderwärts gibt es Züchter, welche auch direkt nach auswärts auf Bestellung liefern. Die großartigste Ausdehnung und die beste Pflege hat die Obstzucht in Württemberg, woselbst die Bäume numeriert sind und besondre Gemeindebeamte zur Pflege gehalten werden. Das Land hat über zehn Millionen Obstbäume und viele Gemeinden gewinnen daselbst (auch in den Nachbarstaaten) aus den Obstpflanzungen die Mittel zu ihrem Haushalt ganz oder größtenteils; die öffentlichen Wege, die Böschungen der Bahndämme und oft die Bahnkörper selbst sind mit O. bepflanzt und der Jahresertrag wird auf durchschnittlich mindestens 15 Mill. Mk. berechnet. -

Für das Deutsche Reich ist eine Gesamtstatistik des Erzeugnisses und Verbrauchs noch nicht zu geben; sowohl von frischem als von getrocknetem O. findet eine beträchtliche Mehreinfuhr statt, bis zur Höhe von einigen hunderttausend Zentnern und im Geldbetrag bis über 10 Mill. Mk. Frankreichs Ausfuhr wird auf 24-30 Mill. Mk. angegeben. -

Dürrobst von Pflaumenarten wird besonders von Thüringen aus (Saalthal) und aus der Türkei geliefert, Mostobst besonders in den Rheingegenden und im Südwesten Deutschlands, in Nordfrankreich und Südengland, zum Teil auch in den Donauländern, feines Tafelobst von Botzen aus über Augsburg etc., abgesehen von dem O. aus Glashäusern. Frische Trauben kommen aus den Mittelmeergebieten und aus solchen Lagen, welche keine vorzüglichen Weine geben. Back- und Dürrobst kann am weitesten versendet werden, frisches O. nur auf geringe Strecken. Sehr wertvolle Sorten von frischen Äpfeln etc. verpackt man einzeln in Papier eingeschlagen in mit Häcksel gefüllten Fässern, ein Verfahren, welches nur lohnend sein kann bei Erzielung angemessener Preise, wie sie in Städten, im Winter besonders, gezahlt werden (bis 30 Pf. und mehr pro Stück Apfel). -

Die Aufbewahrung des O. muß mit großer Sorgfalt geschehen und bedingt solche schon bei der Ernte; nur das bei Sonnenschein geerntete, sorgsam gepflückte O. hält sich auf längere Zeit, wenn es vor jedem Druck bewahrt wird. Man hebt das O. in luftigen, frostfreien Kellern oder besondern Obstkammern auf und zwar am besten auf mit Stroh belegten Lattengerüsten, auf welche Stück für Stück so gelegt werden muß, daß keine Berührung stattfindet, soweit es Äpfel und Birnen betrifft, und beim gebotenen fleißigen Nachsehen nur mit Handschuhen das O. berührt wird. Fleckig werdende Stücke sind sofort zu entfernen. Kirschen lassen sich nicht lange frisch aufbewahren, Pflaumen, wenn sorgfältig mit den Stielen gebrochen, in Steintöpfen, welche man sofort zubindet und in Erde vergräbt, bis etwa Weihnachten, Trauben dadurch, daß man sie, paarweise zusammengebunden, an einem frei hängenden Holzreifen aufhängt. -

Das O., welches sofort verbraucht werden soll, wird, um die Ernte rascher bewältigen zu können, geschüttelt. Nüsse hebt man in Säcken auf. Die Ernte der Obstarten, welche längere Zeit aufbewahrt werden sollen, geschieht so spät als möglich, doch muß alles O. vor Erfrieren geschützt werden. Gefrornes O. fault sofort beim Erwärmen und hat seinen Wohlgeschmack verloren; es kann dadurch noch für die Küche nutzbar werden, daß es (Äpfel, Birnen) in kaltes Wasser gelegt wird, wodurch das Eis sich herausziehen läßt; der Verbrauch muß sofort stattfinden. In den Räumen, in welchen O. für