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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Papier

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Papier - Papier

in der Presse gelassen, um das Wasser möglichst vollständig zu entfernen, und dann erst herausgenommen. Es ist nun die Arbeit des Legers (leveur; lifter) die Papierbogen von den Filzen geschickt abzunehmen (nicht einzureißen oder Blasen zu machen etc.) und genau Bogen auf Bogen zu legen, was das Umlegen (changer, relever; change, turn) heißt, wobei drei Puschte zu einem vereinigt werden (porse-blanche), worauf noch einmal auf kurze Zeit gepreßt und dann das Aufhängen der Bogen zum Trocknen besorgt wird. Da im Winter das Papier auf den Hängeböden (séchoir étendoir; drying) friert, so wird nur Druckpapier gemacht, weil es durch das Ausfrieren zum Druck angenehm weich wird.

Nach dem Trocknen wird das Papier abgenommen, in der Saalstube von den Sortiermädchen (salerantes) geschält, von Knoten gereinigt und gutes Papier vom fehlerhaften (Ausschuß, rétiré; worst part, refuse) geschieden. Dann erfolgt die Leimung in Knochenleimlösung und Alaun (collage animal; sizing), wobei eine Handvoll Bogen zugleich in die Leimbütte getaucht und dabei geschickt gewendet wird, damit alle Stellen des Papiers die Leimung erhalten. Nach dem Leimen wird wieder gepreßt, wieder aufgehangen, nach dem Trocknen wieder gepreßt, geschält, sortiert, nötigenfalls geglättet, beschnitten und endlich das P. in Lagen, Bücher, Riese und Ballen gezählt, in Riese ausgebunden und gepackt. -

Die mühsamen, zeitraubenden und von der Geschicklichkeit der Arbeiter so sehr abhängigen Prozeduren der Handpapiermacherei mochten wohl schon seit Mitte des vorigen Jahrhunderts denkende Köpfe auf ein Verfahren sinnen lassen, die Handarbeit, wo es angeht, durch mechanische Einrichtungen zu ersetzen. Ganz besonders förderte diese Idee das wachsende Bedürfnis nach größeren Papieren, als bisher gemacht werden konnten, für die Tapeten und für Verpackungen. Der erste Schritt dazu waren im letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts die Doppelformen mit einer mechanischen Vorrichtung zum Eintauchen in die Bütte, Schüttelung und Zuführung zum Abgautschen des P.

Zu Anfang des jetzigen Jahrhunderts kam der Werkführer Robert in Essonne mit Ausführung seiner Idee zustande, zur Papieranfertigung ein Metallsieb ohne Ende als Form zu benutzen und dabei durch seitliche Schüttelung während des Ganges und dann durch Walzen mit Filztuch ohne Ende unter Druck das Wasser aus dem fortlaufend gebildeten Papierbogen (P. ohne Ende, papier sans fin; endless paper) möglichst zu entfernen. An Stelle des Siebes ohne Ende benutzte Leistenschneider einen mit Metallgewebe überzogenen hohlen Cylinder (Trommel, tambour; cylinder), welcher zu ⅔ in dem dünnen Papierbrei sich bewegt, und zu ⅓ oben frei zur Ansaugung des P. dient, von wo dasselbe durch Filzwalzen abgenommen und weitergeführt wird, um durch Preßwalzen entwässert zu werden.

Noch heute bilden diese beiden Konstruktionen die Grundlage aller Papiermaschinensysteme. Es war somit die Arbeit des Schöpfers, Gautschers, Pressers und Legers in eine mechanische Funktion zusammengefaßt und dem Papierfabrikanten schon dadurch mancherlei Last genommen; das feuchte P. mußte aber immer noch an der Luft getrocknet, dann gepreßt, planiert und erst dann konnten die Bogen geschnitten werden, sodaß noch vielerlei Übelstände und Umständlichkeiten sich vorfanden. Da fügte Keferstein in Weida einen Trocknungscylinder ein, der mit Dampf erhitzt wurde und das darüber geführte P. trocknete. Damit war die Papiermaschine vollendet; denn die Tausende von Zusätzen, Verbesserungen, Erweiterungen sind Vervollkommnungen der einzelnen Teile, welche das steigende Bedürfnis stufenweise hervorrief, aber nichts an der Grundidee änderten. -

Die bei der Büttenmanufaktur mitgeteilten Operationen vom Hadernsortieren bis zum gebleichten Ganzstoff finden auch bei der Maschinenpapierfabrikation ebenso, nur im größeren Maßstabe und mit größeren maschinellen Einrichtungen statt, weil eben eine Bütte nur bis 100 kg, eine Papiermaschine aber bis 4000 kg Papier in 24 Stunden liefern kann. Hervorzuheben wäre hierbei nur die Mischung der Fasern und anderen Stoffe, aus denen die Gestalt des P. hervorgeht, weil diese Operation beim Maschinenpapier sich wesentlich von der beim Handpapier unterscheidet. Bei den jetzt schon selten gewordenen Handpapieren bilden nämlich die aus den leinenen und baumwollnen Hadern durch feine Zerteilung gewonnenen Fasern das fast einzige Material, während bei den Maschinenpapieren seit 1850 allmählig der Zusatz von feinen mineralischen weißen Substanzen eingeführt worden ist, welche den Papierstoff teils weiß, teils schwer machen. Dann dient die durch Schleifen auf Mühlsteinen gewonnene Faser des Pappel-, Fichten-, Kiefern-, Linden- etc. Holzes, der Holzstoff (pâte de bois; wood pulp) jetzt zum hervorragenden Teile zur Papierbereitung. Auf chemischem Wege gewonnene Stroh-, Holz-, Jute-, Esparto- etc. Faser wird nicht minder in großen Massen verwendet. Nach Art und Preis einer Papiersorte wird die Mischung einiger oder mehrerer dieser Stoffe im Mischholländer vorgenommen, aus der die erforderliche Qualität sich ergibt, weshalb es die wesentlichste Kunst des Fabrikanten ist, durch gewisse Mischung der Hadern und andern Stoffe ein Papier auf die vorteilhafteste Art zu bereiten.

Die Leimung erfolgt dann in der Stoffmühle oder der Mischholländermühle durch Zusatz von 3-4% alkalische Harzlösung und 3-4% Alaun oder 2 bis 3% schwefelsaure Thonerde, worauf die Färbung stattfindet. Der fertige, geleimte und gefärbte Papierstoff wird aus der Mischholländermühle in eine der zwei Vorratsbütten jeder Papiermaschine abgelassen und fließt von da mittels Rohr und stellbarem Hahn in einen Schöpfapparat (danaide), welcher dem Stoffregulator (regulateur de pâte; regulator for stuff) so viel zuführt, als das dünnere oder dickere P. auf dem Metallsiebe (toile métallique; wire) braucht. Der Papierstoff gelangt von da auf eine breite, mit gerippten Boden- oder Querleisten versehene Tafel, den Sandfang (sablier; sand-catcher), der zur Zurückhaltung des Sandes und aller schweren Unreinigkeiten dient, worauf der Stoff