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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Papier-maché

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Papier - Papier-maché

auf einen oder zwei, mit geschlitzten Messingplatten belegten Kasten, den Knotenfänger (epurateur; knotter, strainer) läuft, der zur Zurückhaltung der Zwirnknoten (Nähte) und grob gebliebenen Fasern bestimmt ist. Von da fließt der gereinigte Papierstoff auf ein Metallgewebe von 1½-2 m Breite und 10-15 m Länge ohne Ende, welches von kleinen Walzen getragen und von großen Walzen darunter gespannt wird. Durch seitliches Schüttelwerk, eine aufgelegte Entwässerungswalze (rouleau égoutteur; dandy roll) und Kauffmann'sche Saugkasten und Säugpumpe (caisse und pompe aspirante; suction box und pump) durch die Gautschpresse (presse coucheuse; couching roll) und die erste und zweite Naßpresse (presse humide; wet press) wird das Wasser auf mechanischem Wege so viel als möglich entfernt, worauf das Papierband, durch Filze getragen, vier bis zehn mit Dampf geheizte Trocknungscylinder (cylindres sêcheurs; drying rollers) passiert, aus denen es getrocknet entweder auf Haspeln (dévidoirs; reels) sich aufwindet, um dann auf einer Schneidemaschine (coupeuse; cutting machine) in Bogen geschnitten und darauf mit einer Satinier- oder Kalandermaschine (machine à satiner, calandre; calender) geglättet zu werden, oder sogleich geschnitten und kalandert vollständig fertig die Papiermaschine zu verlassen. -

Es folgt hierauf die Sortierung des Papiers in gutes, I., II., III., Ausschuß, die Zählung in Lagen von drei bis fünf Bogen, in Buch zu 25 Bogen und in neuester Zeit in Deutschland und Österreich in Neuries von 1000 Bogen, sodaß 1000 ganze Bogen ein Ries in piano oder folio, 1000 halbe Bogen ein Ries in quarto, 1000 Viertelbogen ein Ries in octavo sind. Zum Wiegen des P. dienen eigene Papierwagen, welche das Gewicht des Bogens im Ries zu 480, 500 und 1000 Bogen angeben. Die Dicke eines Papiers erfährt man durch das Piknometer, die Festigkeit durch das Dasymeter. Die Dicke des Papiers wechselt von 2/100 mm bei Zigarrettenpapier bis 10/100 mm für Brief-, Druck- und Schreibpapier, 20/100 mm für Zeichen-, Register- und Bücherpapier, 30/100 mm für Kupfer- und Notendruckpapier. Darüber hinaus beginnen die Kartonpapiere und Pappen. Die Papiergrößen oder Formate sind, nach den verschiednen Gebrauchsbedürfnissen, sehr mannigfache, doch lassen sich die zum Schreiben, Drucken, Verpacken etc. gebräuchlichen auf 10 und mit den Doppelformaten auf 20 begrenzen. Das eingeführte Deutsche Reichsformat für die Behörden ist 33 cm Höhe und 42 cm Breite. -

Die Verwendungsweise des P. ist durch das Maschinenpapier eine außerordentlich mannigfache geworden und breitet sich immer weiter aus. Die Anwendung der Stahlfeder, der Photographie, der jetzige Holzschnitt, die Chromolithographie, die Tapetenfabrikation und vieles andre wäre ohne das Maschinenpapier nicht, wenigstens in jetziger Vollkommenheit, nicht möglich. -

Eine besondre, der Papyros- wie der Papierfabrikation gleichfern liegende und doch ebenfalls mit dem Namen „Papier“ belegte Art viereckiger Blätter von verschiednen Größen ist das Reißpapier, welches aus dem Marke und der Wurzel einer von den Chinesen „Reiß“ genannten Pflanze (Aeschynomene paludosa von der Insel Formosa) stammt, und von den Engländern darum „rice paper“ genannt worden ist. Die Bereitung dieses, namentlich zur Blumenmalerei, Darstellung künstlicher Blumen und Bildnisse von Haus- und Luxusgegenständen verwendete, schneeweiße Blatt wird aus der noch feuchten Wurzel mit eigentümlichen Messern spiralförmig nach innen geschnitten und noch feucht zwischen Platten gepreßt, bis die Blätter ganz trocken geworden sind. Das Reißpapier wird nicht allein in China zur Malerei verwendet, sondern es ist auch in Europa ein zur Blumenmalerei sehr gern benutztes Material. -

Die Hadern gehen in Deutschland frei ein und aus, doch beschränkt sich die Ausfuhr zumeist auf wollene Hadern nach England und Amerika zur Shoddyfabrikation. - Packpapier und Pappe werden gem. Tarif Nr. 27 b, c und d je nach der im Tarif beschriebenen Gattung verzollt. Druck-, Schreib-, Reiß- und Seidenpapier gehören der Tarifnummer 27 e an. Waren aus Papier und Pappe s. Tarif Nr. 27 f 1-3.

Papier-maché (carton moulé; paper machee, Japanned-paper) würde auf deutsch gekautes oder Teigpapier heißen müssen. Der älteste Name „Japanned-paper“ beweist, daß die ersten Artikel dieser Art aus Japan nach England gekommen sind und alle Lackartikel darunter verstanden wurden; denn to japan heißt noch jetzt das Lackieren, Vergolden, Glanzmachen, sodaß selbst ein Stiefelwichser ein „Japanner“ heißt. Die Papier-maché-Artikel unsrer Zeit sind in verschiedne Gruppen zu teilen: die eine Gruppe umfaßt die feinen Lackwaren, nach chinesischer und japanischer Art, welche aus künstlerisch schön aus Papierblättern zusammengefügten und mit Lack überzogenen, in Farben, Gold und Silber ausgeführten Luxusgegenständen, wie z. B. Tabaks- und Zigarrendosen, Theebrettern, Theeservicen, Bilderrahmen, feinen Galanteriegegenständen aller Art bestehen; zur andern Gruppe gehören die geringeren Artikel, wie Tier- und andre Figuren, Puppenköpfe, Schüsseln, Knöpfe u. dgl., welche aus Papierteig, die geringsten mit Zusatz von Thon oder Gips, hergestellt werden.

Zu der einen wie zur andern Art werden Formen gebraucht, über welche teils das Papier blattweise, feucht, sorgfältig aufgelegt und fest angedrückt wird, indem nach drei bis vier aufgelegten Blättern jedesmal die Trocknung stattfindet, um eine feste Masse zu erhalten, bis die erforderliche Dicke erreicht ist; andernteils wird die Papiermasse in die hohlen Formen hineingepreßt und nach durch Trocknung erlangter Konsistenz die aus zwei Teilen bestehende Form vorsichtig abgehoben. In beiden Fällen sind die Formen mit Öl bestrichen, um das Anhaften der Papiermasse zu verhindern. Zur Bindung der Blätter nach ersterer Art, oder der Masse nach zweiter Art wird ein aus Gummi oder aus Tischlerleim und Weizenmehl gekochter Kleister benutzt. Um bei den feinen Gegenständen einen glänzenden Lacküberzug zu er-^[folgende Seite]