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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Petroleum

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Petroleum - Petroleum

sondern unter Umständen auch explosiv, namentlich wenn bei Lampen die Ölbehälter nicht mehr vollgefüllt sind, indem dann die leichten Dämpfe sich mit der überstehenden Luft mischen und mit ihr eine Art Knallgas bilden. Andre Zumischungen von geringern Ölen beeinträchtigen nur die Leuchtkraft des P.; kommt es aber vor, daß ein mit Photogen versetztes und dadurch leichter gewordenes Öl auch noch mit schweren Stoffen wie Solaröl oder Schmieröl u. dgl. versetzt wird, um die Schwere wieder herzustellen, so hat man dann einen gefährlichen und zugleich schlechtbrennenden Leuchtstoff. Es müssen solche Mischkünste wohl häufig vorkommen, da selbst von Regierungen darauf bezügliche Warnungen ergangen sind. Gutes P. darf sich mit einem brennenden Span nicht entzünden lassen, dieser muß vielmehr beim Untertauchen verlöschen. Noch zuverlässiger ist die Probe, wenn das Öl vorher erwärmt wird, wobei die Regel gilt, daß gute Ware sich erst in einer Wärme von 48-50° C. entzünden lassen darf. Man erwärmt daher die Probe bis auf 37° C., etwa durch Stellen auf einen Topf mit stark warmem Wasser, in welches man noch den Finger tauchen kann, und geht dann mit dem Fidibus von oben nach der Ölfläche herunter; entzünden sich die Dämpfe schon oder gar das flüssige Petroleum selbst bei Berührung mit dem Feuer, so ist es zu verwerfen. Man hat auch verschiedne kleine Apparate konstruiert mit Lampe und Thermometer, durch die man ermitteln kann, bei welcher Temperatur erhitztes Öl überhaupt Feuer fängt. Läßt sich dasselbe schon unter 48° C. entzünden, so ist es schlecht raffiniert oder mit Naphtha versetzt. Tritt Entzündung erst über 66° C. ein, so enthält es durch zu starke Destillation oder Zusatz schwere Öle. Das spezifische Gewicht eines guten Petroleums soll ferner nicht niedriger als 0,795 und nicht höher als 0,804 bei 15° C. sein. Mit dem gleichen Volumen konzentrierter Schwefelsäure von 50° Bm. geschüttelt, soll das P. die Säure nicht dunkel färben, obwohl es dabei selbst heller zu werden pflegt. Man unterscheidet im amerikanischen Handel folgende Sorten:

Entzündungstemperatur der Dämpfe

Water white 65,5° C.

Prime 65,5° "

Astral oil 52,8° "

Royal daylight 48,9° "

Standard-oil 43,3° "

Von den nebensächlichen Verwendungen des P. ist besonders seine Brauchbarkeit zur Vertilgung und Vertreibung von Insekten und überhaupt Ungeziefer jeder Art, wo immer es sich findet, zu erwähnen; man gibt es jetzt sogar auf Zucker oder in Kapseln innerlich gegen den Bandwurm. Als Brennstoff statt der Steinkohlen, namentlich auf Dampfschiffen, hat man es einzuführen gesucht und die dazu nötigen besondern Öfen mehrfach konstruiert. Es ist aber nach großen Anläufen in der Sache wieder Stille eingetreten; der Hauptanstoß scheinen doch die gegen Steinkohle wesentlich höhern Kosten zu sein. - Das amerikanische Produkt erleidet durch den Transport nach New York oder Philadelphia eine Verteuerung, die die an den Quellen geltenden Preise fast verdoppelt. Es ist ernstlich das kolossale Projekt in Vorschlag gekommen, diesem Übelstande durch ein von dem Innern nach der Küste zu führendes mächtiges Ölrohr abzuhelfen. Die hauptsächlichsten Importplätze für die amerikanische Ware sind Antwerpen, Bremen, London, Havre, Marseille, Hamburg, Stettin, Amsterdam und Danzig. - Nach den großen Erfolgen der Amerikaner war es natürlich, daß man auch in Europa nach neuen Ölquellen forschte, resp. die bekannten Gelegenheiten besser auszunutzen anfing. Ein allerdings nur kleiner Öldistrikt im Hannoverschen (Amt Burgdorf), wo schon seit Jahrhunderten kleine Quantitäten Erdöl gewonnen wurden, hat auf diese Veranlassung einen wesentlichen Aufschwung genommen und es wurden dort mit Erfolg neue Bohrungen angelegt. Nicht weit von dort, in der Nähe von Peine sind in neuester Zeit die Bohrungen noch erfolgreicher gewesen und ist dort unter dem Namen Ölheim eine ganz neue Kolonie entstanden, in welcher P. in großem Maßstabe gefördert und destilliert wird. - Ein viel größeres, nur zum kleinsten Teil erst eröffnetes, Ölterrain liegt in Galizien längs dem nördlichen und nordöstlichen Fuße der Karpathen auf einem zwei bis drei Meilen breiten Landstreifen, der fast das ganze Land durchzieht und dann noch weiter durch die Bukowina und in die Moldau und Wallachei sich fortsetzt. Neu ist übrigens das Bekanntsein dieser Vorkommnisse auch nicht, denn wenigstens in der Umgegend von Boryslaw ist die Gewinnung von Erdöl viel älter als die Entdeckung desselben in Amerika. Es finden sich da auf kleinem Räume mehrere Tausend teils im Betriebe stehende, teils als erschöpft verlassene, roh angelegte, mit Holz gestakte Brunnen, an welchen 5-6000 Menschen beschäftigt sind, mit Zieheimer und Haspel den aus Wasser und Erdöl bestehenden Inhalt heraufzuschaffen. Die Tiefe der Brunnen wechselt zwischen 8-40 m. Eine neu angelegte Grube ergiebt meistens schon bei drei bis vier Meter Tiefe so viel Öl, daß vorläufig nicht tiefer gegangen wird; in der Regel nimmt der Zufluß in wenigen Tagen schon sehr ab, und es wird dann die Grube um einige Fuß weiter vertieft, worauf sich wieder mehr ansammelt. So geht es mit dem absatzweisen Vertiefen fort, so weit es eben gehen will. Die Ausbeute ist sehr verschieden; manche Brunnen geben nur zwei bis drei, andre 30-50 Ztr. Öl in der Woche. Die galizischen Öle sind lokal sehr verschieden an Farbe und sonstiger Beschaffenheit; im allgemeinen sind sie um so leichter, aus je größerer Tiefe sie stammen. Man erhält daraus 50-60% raffiniertes P. von 0,800-0,810 spez. Gewicht, das bei guter Bearbeitung den guten amerikanischen Sorten in nichts nachsteht. Die dort in loco vorhandenen kleinern Raffinieranstalten arbeiten aber meistens nicht normal, sondern lassen die zuerst übergehenden leichten Öle bei der Ware und bessern das spezif. Gewicht dadurch auf, daß sie eine Partie schwerer Öle nachlaufen lassen. In demselben Terrain mit dem Erdöl findet sich auch der zweite wertvolle Artikel