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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Porzellan

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Porzellan - Porzellan

päische Gelehrte anfingen sich mit der technischen Litteratur der Chinesen zu beschäftigen. Das chinesische Hauptwerk über das P. ist von dem Gelehrten Julien ins Französische übersetzt worden. Die Nacherfindung in Deutschland, die in die ersten Jahre des vorigen Jahrhunderts fällt, war bekanntlich ein Angstwerk: Böttger, welcher durchaus Gold machen sollte, brachte wenigstens P. zuwege, aber zuerst nur braunes, das auch schon hoch aufgenommen wurde, worüber man sich bei dem unscheinbaren, schweren, aus Eisenthon gebrannten Produkt nur wundern muß. In das richtige Gleis kam die Sache aber, als man 1709 eine bis dahin nur als Pudermehl verbrauchte weiße Masse von Aue bei Schneeberg zu den Versuchen heranzog. Es war dies die eigentliche Porzellanerde, und es wurde nun bald die erste deutsche und europäische Porzellanfabrik auf der Albrechtsburg zu Meißen begründet, die seit einigen Jahren in eigene neue Lokalitäten im Thale verlegt ist. Sie hat sich stets angelegen sein lassen, nur Gutes und Vorzügliches zu liefern; ihre feinsten und kunstvollsten Stücke sind Artikel, die in allen Ländern geschätzt und gesucht sind. Sie ist eine vom Staat unterhaltene Musteranstalt, die in ihrem jetzigen blühenden Stande auch einen nicht unbedeutenden Gewinn abwirft. Ihr ebenbürtig sind die Staatsanstalten zu Berlin und zu Sevres in Frankreich, während übrigens die Fabrikation für den allgemeinern Bedarf von Privatpersonen betrieben wird, deren Produkte natürlich sehr verschieden sind und in Fällen, wo hauptsächlich Wohlfeilheit angestrebt wird, weit hinter dem Ideal zurückbleiben. Es finden sich die Porzellanfabriken in der Regel da angesiedelt, wo Brennmaterial und Arbeitskräfte wohlfeil sind, denn diese beiden Posten fallen weit stärker in die Rechnung als die Rohstoffe, die viel eher aus der Ferne herbeigeschafft werden können, wie es thatsächlich in vielen Fällen geschieht. Zu den notwendigen Rohstoffen gehört auch feuerfester Thon für die Brennkapseln, der sich ebenfalls nicht überall findet und daher oft Bezugsartikel ist. - Vor der Erfindung des echten P. in Deutschland hatten es die Franzosen zu einer Nachahmung gebracht, die eine äußere Ähnlichkeit mit demselben, sonst aber wenig mit ihm gemein hatte, denn es war in der Hitze nicht dauerhaft und überhaupt zu weich, da es im Grunde nichts Andres war als eine durch weiße Substanzen undurchsichtig gemachte Glasmasse mit bleihaltiger Glasur. Es hatte den Namen Weich- oder Frittenporzellan und seine Fabrikation hörte auf, als auch in Frankreich die echte Porzellanerde aufgefunden worden war. In England ist es niemals zu einer wirklichen Porzellanfabrikation, außer aus fremden Materialien, gekommen, weil dort der Rohstoff fehlt; wohl aber betreibt man dort eine feine und mannigfache Kunsttöpferei aus gewöhnlichem Stoffen und es war der berühmte Wedgwood, der dieselbe ins Leben rief. Der dort oft gebrauchte Name P. ist daher auch nicht so genau zu nehmen; die Engländer selbst bezeichnen oft das echte Fabrikat speziell als Chinaware oder Hartporzellan. Die englischen Porzellanfabriken, deren es frühzeitig verschiedne gab, machten ebenfalls nur Frittenporzellan aus verschiednen Stoffen, unter denen oft weißgebrannte Knochen eine Hauptrolle spielen. - Über die Materialien zum P. ist im Artikel Feldspat das Wesentliche bemerkt. Die Grundmasse ist verwitterter und dadurch seines Gehaltes an Alkalien größtenteils verlustig gegangener Feldspat, die eigentliche Porzellanerde oder, wie jetzt oft nach dem Chinesischen genannt, Kaolin, im reinen Zustande lediglich wasserhaltige kieselsaure Thonerde, der nur kleine Alkalireste mechanisch beigemengt sind; an den Orten, wo auch diese durch Auswaschen entfernt sind, findet sich nur reine kieselsaure Thonerde und dies ist der feuerfeste Thon, völlig unschmelzbar; der zweite Hauptbestandteil ist dann gewöhnlicher unzersetzter, eisenfreier und weißer Feldspat, welcher vermöge seiner Alkalien schmelzbar ist oder wenigstens in hoher Hitze erweicht und sintert. Indem so eine fast feuerbeständige und eine schmelzbare Masse von übrigens gleicher Art im innigen Gemenge zusammenkommen und auch die nachfolgende Glasur wesentlich aus Feldspat hergestellt wird, entsteht die gleichmäßige innig verbundene Masse, bei welcher Glasurrisse niemals vorkommen können. Ein gewöhnlicher und zulässiger Zusatz ist noch weißer Quarz, reine Kieselsäure, welche das Schwinden der Waren vermindert; es findet sich übrigens in mancher Porzellanerde schon reichlich genug oder auch so viel, daß er zum Teil entfernt werden muß. Andre Zusätze, wie Kalk, totgebrannter Gips, kommen nur bei geringerer Ware vor. - Die Darstellung des P. ist eine schwierige Sache und verlangt große Aufmerksamkeit. Alle Bestandteile werden, Feldspat und Quarz nach vorgängigem Glühen und Ablöschen in kaltem Wasser, durch Stampfen, Mahlen zwischen Steinen und Schlemmen mit Wasser in das feinste Pulver verwandelt und die Brühen in den gehörigen Verhältnissen gemischt, der abgesetzte weiße Schlamm wird ausgepreßt, durchgearbeitet und in Ballen geformt, die man in feuchten Kellern so lange als möglich und wenigstens ein Jahr sich selbst überläßt. Die Masse wird durch das Lagern besser und bündiger, da die Einzelteilchen sich mehr aufschließen; sie erleidet dabei auch eine eigentümliche Gärung oder Rottung, schwärzt sich durch ausgestoßene faulende organische Substanzen oder vielleicht auch infolge einer Bildung von Schwefeleisen und riecht nach Schwefelwasserstoff. Beim Liegen an der Luft stellt sich die weiße Farbe allmählich wieder her. Man befördert diese Fäulnis noch durch Zumengen von Jauche oder Moorwasser. Die hinreichend abgelagerte Masse wird vor der Verarbeitung abermals stark durchgearbeitet und dann geformt. Das Formen ist aber weit schwieriger als bei der gewöhnlichen Töpferei, da die Porzellanmasse kurz und lange nicht so bildsam ist wie Töpferthon, und doch die schwierigsten und kompliziertesten Gebilde in gehöriger Reinheit und Schärfe daraus zu formen sind. Es dient für hohle Sachen die gewöhnliche Töpferscheibe, doch nur für die Formung aus dem Rohen, da in der Regel dasselbe