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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Schwefelammonium

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Schwefel - Schwefelammonium

viel weniger davon verbrannt als ausschmilzt, und die Methode ist daher immer noch vorteilhafter, als wenn man das dort teure Brennmaterial dazu kaufen sollte. Das Ausschmelzen eines Meilers erfordert gegen 20 Tage. Aller durch Schmelzprozesse ausgebrachte S. ist Rohschwefel, der für die meisten Zwecke noch raffiniert werden muß. Zum Behuf der Schwefelsäurefabrikation bedarf es dessen nicht und es dient dazu die Rohmasse. Der meiste sizilische S. wird daher auch roh ausgeführt und der stärkste Abnehmer ist England, das wegen seiner großartigen Produktion von Schwefelsäure die sizilische Ware durchaus nicht entbehren kann, obschon es selbst auch Fabrikation aus Schwefelkiesen betreibt. -

Das Raffinieren des Rohschwefels ist dieselbe Destillation oder Sublimation, wie sie mit Schwefelmetallen direkt vorgenommen wird. Mit dem Raffinieren des sizilischen Rohprodukts beschäftigen sich verschiedne Mittelmeerstädte, am stärksten Marseille. Der S. wird bei einer Temperatur von 110 bis 112° C. flüssig, siedet unter Luftabschluß bei 440° und wird dabei in dicken rotgelben Dämpfen flüchtig. An der Luft würden sich dieselben sofort entzünden, da der S., frei geschmolzen, schon bei viel niedrigerer Temperatur Feuer fängt. In einen kühlen Raum geleitet, verdichten sich die Dämpfe wieder und bilden das feine, sich niederschlagende Pulver, das unter dem Namen Schwefelblumen (flores sulphuris) bekannt ist.

Eine Raffinerie besteht also im wesentlichen aus einem von der Luft abschließbaren Schmelzkessel und einer gemauerten Kammer, in welche ein Rohr die Schwefeldämpfe überleitet. Ist bei Beginn der Destillation die Kammer kalt, so entstehen immer Schwefelblumen; nehmen aber im weitern Verlaufe die Kammerwände die Temperatur an, bei welcher der S. schmilzt, so können sich keine Schwefelblumen mehr bilden, sondern aller S. sammelt sich im geschmolzenem Zustande im unterem Räume an. Den flüssigen S. zapft man nach Erfordern ab und gießt ihn in Formen, größtenteils zu den bekannten Stangen oder auch Broten. Dieser raffinierte S. ist frei von allen erdigen Teilen, da diese an der Verdampfung nicht teil nehmen konnten.

Sollen nur Schwefelblumen erzeugt werden, so muß man entweder absatzweise oder mit einer sehr großen Niederschlagkammer arbeiten, oder irgendwie für eine Kühlhaltung sorgen. Die Luft von den Dämpfen in der Kammer völlig abzuhalten, ist nicht durchführbar; es finden daher immer kleine Verbrennungen statt und die hierbei entstehende schweflige Säure wird zum Teil von den lockeren Schwefelblumen aufgenommen und haftet diesen oberflächlich an; bei Berührung mit der Luft wird sie allmählich in Schwefelsäure übergeführt. Die käuflichen Schwefelblumen schmecken daher stets deutlich und manchmal stark sauer und können nicht innerlich genommen werden. In den Apotheken führt man daher für innern Gebrauch nur gewaschene (sulfur sublimatum lotum), aus welchen die Säure durch gründliches Behandeln mit destilliertem Wasser entfernt ist. -

Für medizinische Zwecke hat man den S. noch in einer anderweiten Form, als Schwefelmilch (lac sulphuris oder sulphur praecipitatum), welche höchst fein zerteilter und deshalb fast weißer S. ist; er wird jetzt auch fabrikmäßig dargestellt. Wird irgend eine Schwefelleber mit einer Säure zersetzt, so erfolgt stets ein Niederschlag von ausgeschiednem feinem S. In der Praxis benutzt man die Kalkschwefelleber, die man durch Kochen von gelöschtem Kalk mit Schwefelblumen als eine rötlichgelbe Lösung erhält. Diese wird kalt mit der passenden Menge verdünnter reiner Salzsäure gemischt und der entstehende Niederschlag durch Auswaschen gereinigt. In dieser fein zerteilten Form hat der S. eine beinahe weiße Farbe.

Die Verwendung des S. ist außerordentlich vielseitig, die größten Mengen werden zur Bereitung von Schießpulver und von Sprengpulver in der Feuerwerkerei, sowie zur Fabrikation von Schwefelsäure gebraucht. Die Schwefelblumen haben in neurer Zeit eine früher nicht gekannte Bedeutung erhalten als bestes Mittel gegen die Traubenkrankheit. Es sollen manchmal schon 20-25% der gesamten sizilischen Schwefelblumenproduktion in dieser Weise aufgegangen sein, teils auf der Insel selbst, teils im übrigen Italien, in Frankreich, Spanien, Griechenland.

Allbekannt ist der Gebrauch des S. zu Streichhölzern und andern Zündwaren, der Schwefeldämpfe zum Bleichen von Seide und Wollwaren, von Strohhüten und Korbwaren, zum Schwefeln des Hopfens, der Weinfässer. S. dient zum Vulkanisieren von Kautschuk und Guttapercha, zur Darstellung von Zinnober, Ultramarin, Schwefelleber, Schwefelkohlenstoff und vieler sonstiger chemisch-technischer Präparate. Kleinere Verwendungen des S. sind die zu Abgüssen, zu Hohlformen für Gipsgießerei, zu Kitten. Als verkittendes Mittel benutzt man ihn auch in der Art, daß man ihn mit so viel feinem Quarz- oder Glaspulver, als er aufnehmen kann, zusammenschmilzt und daraus Platten gießt, welche bei ihrer Widerstandskraft gegen viele starke chemische Einwirkungen gute Dienste thun.

Als grauer S. und Roß Schwefel (sulfur caballinum, sulfur griseum) wird zuweilen noch ein Produkt verkauft, welches aus den schwefelhaltigen Rückständen von der Sublimation des S. besteht. Er hat das Äußere einer dunkelgrauen klümperigen und pulverigen Erde, die zuweilen noch etwas S. enthält und wurde früher von Tierärzten verordnet. - S. Stangen kosten gegenwärtig in Hamburg 15 bis 17 Mk. pro 100 kg, Schwefelblumen 19-20 Mk. -

Lac sulfuris, rein nach Pharm. Germ, wird von den chemischen Fabriken mit 85 Mk. pro 100 kg notiert, für technische Zwecke (weißlichgelb) mit 75 Mk. Die Einfuhr von S. in das Deutsche Reich belief sich 1881 auf 8921600 kg, die Ausfuhr aus diesem auf 408900 kg. - Zoll: S., S.säure, S.milch, S.blumen sind zollfrei; ebenso die Abgüsse von Münzen, Antiken, geschnittenen Steinen etc.; S.hölzer und S.faden gem. Tarif Nr. 5 e. Andre Schwefelwaren werden gem. Tarif Nr. 33 d 1 oder 2 verzollt.

Schwefelammonium (Schwefelwasserstoffammoniak, Ammoniumsulfhydrat, Hydrothionammoniak; Ammonium hydrosulphuratum, Am-^[folgende Seite]