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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Silber

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Silber - Silber

erhält aber nur ¾ davon zurück; das übrige geht als lösliches Chlorquecksilber im Wasser fort. In Europa wurde das Amalgamierverfahren bedeutend verbessert, namentlich in Freiberg. Die Erze werden dabei mit Kochsalz geröstet, aufs Feinste gepulvert und gesiebt, dann mit Wasser und zerstückeltem Schmiedeeisen in Tonnen gegeben, welche durch Maschinenkraft getrieben umlaufen. Nach ein paar Stunden wird das nötige Quecksilber zu- und die Drehung noch etwa 20 Stunden fortgesetzt, worauf das gebildete Amalgam ausgewaschen wird. Hier wurde also durch das Rösten mit Kochsalz das S. ebenfalls, nebst den fremden Metallen der Erze, in Chlormetalle verwandelt; das metallische Eisen bewirkt die Zersetzung der wässerigen Lösungen derselben, indem es mit dem Chlor sich verbindet und die Metalle dem Quecksilber überläßt. Der starke Quecksilberverlust des alten Verfahrens ist hierdurch bis auf eine Kleinigkeit beseitigt. Man amalgamierte in Freiberg Silbererze, die nur 0,2% S. enthalten; bei ärmern lohnt es nicht die Kosten. Aber auch dieses bessere Verfahren hat sich bei uns überlebt und der vorteilhaftern Methode der nassen Extraktion Platz gemacht. Man röstet die Erze wie vorher mit Kochsalz und erzeugt Chlorsilber; dieses aber wird mit einer dasselbe lösenden Flüssigkeit direkt ausgelaugt. Solche lösende Mittel sind Kochsalz und unterschwefligsaures Natron, von welchen das letztere als vorteilhafter jetzt den Vorzug hat. Die leichte Löslichkeit des Chlorsilbers in diesem Salze wird also nicht nur vom Photographen, sondern auch auf Silberhütten praktisch verwendet. Um das S. aus der Lauge abzuscheiden, versetzt man dieselbe mit Lösung von Natronschwefelleber; der dabei entstehende schwarze Niederschlag ist Schwefelsilber, woraus durch Glühen mit Ätzkalk und Kohle das metallische S. freigemacht wird. -

Was die Entsilberung des aus Bleiglanz gewonnenen Bleies betrifft, so geschieht dieselbe wie gesagt durch Treibarbeit; es ist aber auch hierbei in neurer Zeit eine wesentliche Verbesserung allgemein eingeführt worden, welche die Sache sehr abkürzt und noch andre Vorteile gewährt. Dies Verfahren heißt das Pattinsonieren, weil es auf der Beobachtung des Engländers Pattinson beruht, daß in einer geschmolzenen Masse silberhaltigen Bleies sich zunächst Kristalle von fast reinem Blei ausscheiden und niederfallen, wenn sie beim langsamen Abkühlen dem Erstarrungspunkte näher kommt, sodaß also hierdurch eine Trennung in silberreiches und beinahe völlig entsilbertes Blei möglich ist. Man gebraucht eine Reihe (11) großer eiserner Schmelzkessel, jeder mit besonderer Feuerung. Im mittelsten macht man auf einmal 2500 bis 5000 kg Blei flüssig, läßt langsam abkühlen und schöpft die sich bildenden Kristalle mit siebartigen Schaufeln in den zunächst stehenden Kessel der einen Seite, das flüssig Gebliebene in den nächsten der andern. Während man nun den mittleren Kessel frisch beschickt, verfährt man mit dem Inhalte der beiden andern ganz ebenso; man schmilzt ihn wieder ein und schöpft über, die Kristalle immer nach der einen, das länger flüssig Bleibende nach der andern Seite. Die Arbeit setzt sich solchergestalt gleichzeitig nach beiden Enden der Reihe fort, sodaß man am einen Ende silberreiches Blei, am andern solches schöpfen kann, das nur noch Spuren von S. enthält. Hieraus entsteht erstlich der Vorteil, daß man gleich eine Partie sehr reines Blei erhält, das als raffiniertes oder doppelt raffiniertes verkäuflich ist, und dann der andre, daß der ganze Silbergehalt nun in einer viel kleinem Bleimasse steckt, deren schließliches Abtreiben daher weit weniger umständlich und kostspielig ist. Um das Abtreiben des silberreichen Bleies zu umgehen, scheidet man wohl auch die beiden Metalle durch Zink. Blei und Zink legieren sich nicht; werden beide zusammengeschmolzen, so schwimmt letzteres auf ersterm wie Öl auf Wasser. Rührt man aber beide zusammen und war das Blei silberhaltig, so wird das S. vom Zink bis auf ein Minimum auf- und beim ruhigen Stehenlassen, wobei das Zink wieder die oberste Stelle einnimmt, mit nach oben genommen. Die sofort nach dem Erstarren abgehobenen Zinkscheiben werden schließlich aus Retorten destilliert; das Zink geht über und das S. bleibt zurück. -

Alles erschmolzene, durch Amalgamation oder sonst wie gewonnene S. ist noch mit einigen Prozenten fremder Metalle behaftet, deren Wegschaffung die letzte Arbeit, das Feinbrennen ausmacht. Es besteht dasselbe aus einem Umschmelzen unter Zutritt von Gebläseluft auf einem muldenförmigen Herde, dessen Sohle aus einer absorbierenden festgestampften Masse (Knochen- oder ausgelaugte Holzasche, Mergel u. dgl.) besteht. Durch den Sauerstoff der Luft oxydieren die fremden Metalle und werden verschlackt, während das S. hiervon nicht so leicht angegriffen wird. Nur etwa ¼% der unedlen Metalle bleiben im S. zurück, sowie der ganze etwaige Goldgehalt, der, wenn er bedeutend genug ist, besonders auf dem Wege der Affination abgeschieden wird. Das durch Feinbrennen erhaltene S. bildet das Feinsilber des Handels; wirklich rein ist es nach dem Gesagten jedoch nicht. Ein ganz reines S. wird namentlich zur Darstellung des salpetersauren Silberoxyds (Höllenstein) gebraucht und von den Affinieranstalten (s. bei Gold) geliefert. Außerdem gibt die Verwandlung des S. in Chlorsilber das Mittel an die Hand zur Darstellung reinen S., und es wird dasselbe fortwährend benutzt zu dieser Darstellung, zu Silberproben, zur Wiedergewinnung des S. aus Abgängen. Wird in eine silberhaltige Lösung (das beste Lösungsmittel für S. ist die Salpetersäure) eine Chlorverbindung gebracht, Salzsäure, Kochsalz u. a., so scheidet sich Chlorsilber als weißer, flockiger Niederschlag aus, der sich durch Schütteln zu einem käseartigen Klumpen vereinigen läßt. Diese Masse, die am Lichte bald dunkel wird und eine Rolle bei der Photographie spielt, ist in Wasser und verdünnten Säuren völlig unlöslich. Man wäscht sie gründlich mit destilliertem Wasser, setzt sie mit solchem an, dem etwas Salzsäure zugemischt ist, und legt blankes Zink oder Eisen hinein, durch welche das Chlorsilber bei Anwendung gelinder Wärme schnell reduziert