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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Tabak

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Tabak - Tabak

daß jährlich über 12 Mill. Pfund Nikotin mit dem verbrauchten T. eingesogen werden, eine Menge, von welcher aber kaum der 100. Teil mit dem Speichel aufgenommen und dem Blute zugeführt wird (am meisten beim Kauen); ohne Nikotin ist der T. kein Genußmittel mehr; Nikotinfreie Zigarren und T. gehören in das Gebiet der Schwindelpräparate. -

E. Anbau. Der T. nimmt sehr bedeutende Flächen zum Anbau ein, in Europa am meisten in Österreich-Ungarn und im ganzen weit über 120000 ha, in Amerika allein in den Vereinigten Staaten an 200000 ha. In Deutschland ist der Anbau in den letzten Jahren wieder gestiegen bis zu 27000 ha, und am höchsten mit 31000 ha, am geringsten mit 17000 ha in dem letzten Jahrzehnt gewesen. Am meisten T. bauen Baden (über 8000 ha), Preußen (an 7000 ha), Bayern (an 6500 ha), die Reichslande (an 4000). Auf die Pfalz, Baden, Hessen und die Reichslande kommen an 70%, auf das Königreich Sachsen nur wenige ha, auf Baden 31%, auf Württemberg 1,1%, auf Bayern rechts, Nürnberg, Hof 3,1% und im ganzen 23,65%. In Preußen sind die Rheingegenden, die Uckermark, Pommern und Sachsen die Hauptgebiete; Mecklenburg, Thüringen, Braunschweig und Anhalt bauen nur je zwischen 50 und 200 ha. (Vergl. Statistik.) In Spanien und England ist der Anbau verboten.

Der T. verlangt mehr leichten als schweren Boden, am liebsten trocknen, tiefgründigen, humusreichen und kalkhaltigen Boden der Sand- und Lehmbodengruppe; auf leichtem Boden wird er milder, zu Rauchgut geeignet, auf schwerem, fettem, besser zu Schnupftabak, gutes Klima und sonnige Lage vorausgesetzt. Die Hauptsache für den T. ist die richtige Aufeinanderfolge der passenden Witterung für die einzelnen Entwickelungszeiten. Wechselndes Wetter, rauher Wind, Kälte und Nässe, Trockenheit und starke Gewitter verträgt er nicht, Hagelschlag und Sturm schädigen die Blätter, trockne Luft verringert den Ertrag.

Wärme mit häufigem gelindem Regen oder doch feuchter Luft (Holland mit Seeklima, Wassernähe) sagen ihm am besten zu. Auf Thonboden wächst nur Karottengut, auf Mittelboden das beste Deckblatt. Boden, Lage und Klima müssen zusammen in bester Beschaffenheit gegeben sein, um das edelste Produkt zu liefern. In Cuba liegen die Plantagen, Vegas, in den zur Regenzeit der Überschwemmung ausgesetzten humusreichen Flußthälern; die Pflanzbeete, Semilleros, liegen höher; im September, nach der Regenzeit, erfolgt das Auspflanzen, von Januar bis März die Ernte. -

Für Europa ist die Düngung und dieserhalb auch die Stellung der Pflanzen in der Fruchtfolge von großer Bedeutung; stark stickstoffreicher Dünger verschlechtert die Qualität, Kalisalz, Kalk, Asche, Kompost, Gründüngung und Ölkuchen verbessern sie. Man baut Wickfutter, stark gedüngt, und dann T. jahrelang hintereinander, oder, in Holland und Ungarn (Gartentabak), nach starker Düngung mehrmals T., oder nach Klee, Luzerne u. dgl. Pflanzen. Da der T. erst spät im Jahre verpflanzt wird, so kann die gebotene, fast gartenmäßige, Bodenbearbeitung im Herbst, über Winter und im Frühjahr gegeben und auch ein Vorfutter gewonnen werden. Jedenfalls muß das Feld bestens, tief und sorgsamst bearbeitet und gut durchdüngt sein mit Ausschluß stark stickstoffhaltigen Materials.

Die Pflanzung erfolgt wenn die Pflänzchen in den Saatbeeten oder Saatkästen (Kutschen) 5-6 Blätter entwickelt haben, in Deutschland im Juni, anderwärts schon von März an. Man rechnet auf 1 ha 14-16 qm Saatbeet und 0,05-0,17 kg Samen (1 kg zu 10-15000 Körner), für die in Reihen zu pflegenden Pflänzlinge 20-60 qcm Wachsraum. Die Pflege besteht in mehrmaligem sorgsamem Behacken und Behäufeln, wobei es darauf ankommt, die Blätter nicht zu verletzen und nicht mit Erde zu bedecken oder zu bewerfen; Anfangs muß man oft die Pflanzen vor Vertrocknung bewahren und Fehlstellen nachpflanzen.

Nach der Bildung von 8-12 vollkommenen Blättern erfolgt das Köpfen, die Entnahme der Spitzen der Blütenstengel, dann das Geizen, die Wegnahme der infolge dessen sich bildenden Seitentriebe an den Blattwinkeln. Geschützt muß der T. werden gegen Unkraut, Regenwürmer, Schnecken, Werren, Maulwürfe, Frost, Nässe, Trockenheit in den Samenbeeten; gegen diese Einflüsse und Feinde, so gut möglich, und gegen Heuschrecken, Raupen der Flöhkrauteule und der Wintersaateule, den Erd-, Boden- oder Krautwurm, den Horn- oder Tabakwurm, - Hornblower in Amerika - gegen Noctua Nicotiana in Ungarn, gegen den Tabakwürger oder Hanfwürger (Orobanche ramosa) Rost, Brand etc. Oft zieht man auch das Piquieren, ein Vorverpflanzen aus dem Saatbeet vor. -

Die Ernte erfolgt nicht gleichzeitig, sondern von unten nach oben, je nach dem Reifen der Blätter, d. h. wenn diese anfangen lichtgrün, oder schlaff herabhängend, klebrig, zäh, leicht abnehmbar zu werden, gelbliche Flecken erhalten und marmoriert aussehen, bei uns vom September an. Die untersten Blätter sind das Erd- oder Sandgut, Sandgrumpen, Sandblatt, geringwertiges Rauchgut, die mittlern das Bestgut, die obersten (4) Blätter das mittlere Gut, zuletzt geerntet. Man unterscheidet auch Sandblätter (2-3), Erdgut, Bestgut und obere Blätter und erntet auch, in Amerika, das ganze auf einmal. Bei jeder Ernte müssen die Blätter nach dem Tau gebrochen und gleich sehr sorgsam sortiert werden, nach Deckblatt, guten, schadhaften, rostigen und sont ^[richtig: sonst] weniger brauchbaren Blättern, handvollweise übereinander gelegt und bis Mittag liegen gelassen, dann zu kleinen Bunden zusammen gebunden und behutsam aufgeladen oder in viereckige Körbe ungebunden gelegt.

Nach der Ernte folgt das sehr wichtige Trocknen, wozu man besondere Trockenschuppen hat, meist mit stellbaren Latten zum Einlassen von Luft und zum Verschieben nach Belieben, oder so, daß man die Blätter unter das Dach an Wohngebäuden, Stallungen, Scheunen, in Veranden etc. aufhängt. Die Blätter werden auf Schnüre oder 1,5-2 m lange Stäbe mittels Nadeln aufgereiht und so in Trockenschuppen aufgehängt. Nach 6-10 Wochen nimmt man die trocknen, nun gelbbraunen Blätter, ab, sortiert sie nochmals und bindet sie zu 25 bis 30 in Bündel zum Verkauf an die Fabrikan-^[folgende Seite]