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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Weinsäure

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Wein - Weinsäure

sind meist süß, stark und sehr feurig; einige sind Likörweine und werden durch Zumischung von eingekochtem Most bereitet. Die meisten Sorten nehmen erst nach dreijähriger Ablagerung Wohlgeschmack, Klarheit und feines Aroma an, sind aber, mit Ausnahme der sehr süßen und sehr alkoholreichen Sorten wenig haltbar. Die besten Sorten sind: Xeres (von den Engländern Sherry genannt), der Malaga, bei uns meist als Medizinalweine benutzt, Pedro Ximenes, Peralta, Val de pennas etc. Valencia liefert den weißen und roten Alicantewein, sowie den sehr dicken, nach Eisen schmeckenden Benicarlo. Auch im deutschen Handel neuerdings viel vorkommend sind der Taragona, von der gleichnamigen Stadt und der Priorato, aus der gleichnamigen Landschaft nordöstlich von der Ebromündung; die feinste Sorte liefert Toroja, dann folgen Falset und andre Orte.

8) Portugiesische W. Die Hauptrolle von diesen spielen die unter dem Namen Portwein oder Oporto in den Handel kommenden W. aus den Provinzen Mino und Beira; es sind kräftige, mäßig süße, stark duftende W., die sich durch Lagern immer mehr veredeln. Die Sorten werden bezeichnet: Duque, Extra-Particular, Weißer Rico, Weißer Particular, Malvasia, Geropiga. Zu den portugiesischen W. rechnet man auch den Madeira von der gleichnamigen Insel.

9) Griechische W. Dieselben sind seit einigen Jahren mehr im deutschen Handel als früher; die besten Sorten sind: Santorinwein, Samos, Maphrodaphne, Kalliste, Vino di bacco, Corinther; auch den Cyperwein rechnet man mit zu den griechischen. -

Von den W. andrer Länder mögen nur kurz erwähnt werden: Russischer W., aus der Krimm und dem Kaukasus; Kapwein, vom Kap der guten Hoffnung (z. B. Constantia) und die neuerdings bekannt gewordenen Australischen und Kalifornischen W. Von letzteren wurde das erstemal im Jahre 1880 eine Schiffsladung ab San Francisco (100000 Gallonen) probeweise nach Bremen versandt; ob mit Erfolg ist nicht bekannt geworden. -

Die den meisten W. liefernden Länder sind: Frankreich, Italien, Oesterreich-Ungarn und Spanien; nächstdem Deutschland, Portugal, Griechenland und die Schweiz. In Frankreich betrug der durchschnittliche jährliche Ertrag an W. vor dem Auftreten der Reblaus 60000000 hl im Werte von 1200 Mill. Francs; einzelne Jahrgänge waren sogar bedeutend höher, so 1869 mit 71376000 hl, 1874: 63146000 und 1875: 83632000 hl W. Seitdem sind aber die Erträgnisse infolge der Verwüstungen der Reblaus immer mehr gesunken, z. B. 1878 schon auf 48720613 hl. Die Weinproduktion in Österreich (ohne Ungarn) beläuft sich auf ca. 6426000 hl, wovon 2805800 auf Niederösterreich, 1212500 auf Dalmatien und 573000 auf Südtirol kommen; der Rest verteilt sich auf die übrigen Kronländer. Die Weinproduktion in Ungarn soll sich auf 18-31000000 hl, je nach dem Jahrgange, belaufen. Die Produktion der Schweiz wird zu 1200000 hl angegeben, die von Italien zu 27136500 hl, die von Spanien zu 25000000 hl, von Portugal zu 9000000 hl. Was die deutschen Länder anlangt, so erzeugen Preußen durchschnittlich 578000 hl W., Baiern 552200 hl, Württemberg 435420 hl, Baden 285600 hl und Großherzogtum Hessen 231253 hl. Die Produktion von Elbwein im Königreich Sachsen beläuft sich nur noch auf 2750 hl. Deutschlands Einfuhr von W. war:

1878: 1879:

Wein in Fässern 999905 Ztr. 1874641 Ztr.

Wein in Flaschen 127990 Ztr. 161146 Ztr.

Aus Frankreich bezog Deutschland 1867 für 8750000 Francs, 1869 für 11500000 Francs, 1873 für 16500000 Francs W. - Zoll: Gem. Tarif im Anh. Nr. 25 e 1 u. 2.

Weinsäure (Weinsteinsäure, Racemsäure, Tartersäure, lat. acidum tartaricum, frz. acide tartarique, engl. tartaric acid.). Obgleich diese organische Säure zu den verbreitetsten Säuren des Pflanzenreichs gehört und sich in vielen Früchten, Blättern etc., teils frei, teils an Kalk oder Kali gebunden, vorfindet, so wird sie doch nur aus dem Weinstein, der dem Traubensafte entstammt, im großen abgeschieden, da man aus diesem nicht allein die größte Ausbeute erhält, sondern auch die Säure wegen der Abwesenheit andrer organischer Säuren am leichtesten rein zu erhalten ist.

Behufs ihrer Gewinnung erhitzt man den Weinstein mit Wasser, neutralisiert mit Kreide, trennt den entstandenen unlöslichen weinsauren Kalk von der Flüssigkeit, welche nun neutrales weinsaures Kali enthält und zersetzt letzteres mit Chlorcalcium; hierbei entsteht wieder weinsaurer Kalk (neben Chlorkalium), den man mit dem zuerst erhaltenen vereinigt und dann durch eine genau hinreichende Menge Schwefelsäure zersetzt. Die Lösung der frei gewordenen W. wird von dem gleichzeitig entstandenen Gips getrennt, zur Kristallisation verdampft und durch mehrmaliges Umkristallisieren gereinigt.

Je nach dem größeren oder geringeren Grade der Reinigung unterscheidet man im Handel rohe W. für technischen Gebrauch und reine W. (acidum tartaricum purum) für inneren Gebrauch, namentlich für medizinische Zwecke; letztere Sorte muß frei von Schwefelsäure, die der Rohware häufig in kleiner Menge noch anhängt, und von Blei sein, welches von den Pfannen stammt, in denen man die Säure gewöhnlich zur Kristallisation verdampft. Reine W. bildet große, harte, geruchlose und farblose, durchscheinende Kristalle des monoklinischen Systems; sie schmeken ^[richtig: schmecken] sehr stark, aber angenehm, sauer und lösen sich leicht in Wasser und auch in Alkohol, aber nicht in Äther. An der Luft müssen die Kristalle der W. trocken bleiben; schwefelsäurehaltige werden leicht feucht. Die gewöhnlich im Handel vorkommende W. ist sog. Rechtsweinsäure (Dextroracemsäure), welche die Ebene des polarisierten Lichtes nach rechts ablenkt, im Gegensatz zu der im Handel nicht vorkommenden Linksweinsäure (Levoracemsäure), die linksdrehend ist. -

Beide zusammen gemischt und aus konzentrierter Lösung kristallisieren gelassen, geben Traubensäure (acidum uvicum), welche in manchen italienischen Weinsteinsorten fertig gebildet vorkommt und sich auch durch geeignete Behandlung wieder