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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Zucker

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Zucker - Zucker

hindurch stattfindet; wobei viele andre Bestandteile in den Zellen zurückbleiben, die die Reinigung des Saftes erschweren würden. Die Rübenschnitzel behalten auch einen höheren Futterwert. - Der auf die eine oder andre Weise gewonnene Rübensaft kommt nun in die Scheidepfanne; hier wird er, nachdem die alte Scheidung mit geringen Kalkmengen - bei welcher sich der Schlamm oben absetzte, infolge geringerer spezifischer Schwere durch geringeren Kalkgehalt - seit Einführung der die großen Schlammmassen mit Leichtigkeit überwindenden Filterpressen verlassen ist, mit 1½-3% Kalk im gelöschten oder ungelöschten Zustande, zumeist unter gleichzeitigem Eintreten von Kohlensäure (Saturation) geschieden. Im Einzelnen wird die Scheidung sehr verschieden ausgeführt. Infolge der Einwirkung des Kalkes scheiden sich von den den Zucker begleitenden „Nichtzuckerstoffen“ ein bis zwei Dritteile ab; darunter sind Eiweißstoffe, Pectinsubstanzen, organische Säuren als Kalksalze, Eisenoxyd, Magnesia, Phosphorsäure, ein Teil der Schwefelsäure. Der vorher dunkel gefärbte Saft läuft jetzt hellgelb und blank durch die Filterpressen ab. - Der Rest enthält, je nach der Scheidungsmethode, noch größere oder geringere Mengen Kalk. Hat man während der eigentlichen Scheidung nur einen Teil desselben entfernt, so muß man jetzt bis auf einen kleinen Rest, der zur Konservierung der Süße bleiben muß - den noch gelösten Kalk ausscheiden. Diese Ausscheidung geschieht ausschließlich durch Kohlensäure, die zu dem Ende zuerst von Kuhlmann, Michaelis und besonders von Schatten empfohlen wurde. Vordem wandte man entweder Schwefelsäure zu dem Zwecke an, oder ließ den Kalk durch Knochenkohle absorbieren. Die letzten Reste des Kalkes werden auch jetzt noch durch Knochenkohle entfernt. Bei der Ausscheidung des kohlensauren Kalkes geht eine weitere Reinigung des Z. dadurch vor sich, daß einesteils gewisse Substanzen, welche durch den Ätzkalk in Lösung gehalten wurden, nun ausgefällt werden, und daß andernteils der fallende kohlensaure Kalk durch seinen feinkörnigen Zustand eine weitgehende mechanische Klärung bewirkt. - Die dann mittels Filterpressen abermals geklärten Säfte kommen sodann auf die Knochenkohlenfilter, durch welche eine weitere Reinigung und Entfärbung bewirkt wird (neuerdings wird nach Mayer anstatt der Knochenkohle vielfach diese Reinigung durch Kies und schweflige Säure zu erzielen gesucht). Ein und dieselbe Menge Knochenkohle wird so lange benutzt, bis sie unwirksam ist, dann wird sie wiederbelebt, d. h. wieder wirksam gemacht, indem man ihr den Kalk und die Salze entzieht und die organischen Substanzen teils durch einen Fäulnisprozeß, teils durch nachfolgendes Ausglühen zerstört und entfernt. Um den unvermeidlichen Abgang zu decken, sind 10-12% Zuschuß an neuer Kohle nötig, denn das Wiederbeleben hat auch seine Grenze, weil die Kohle durch öfteres Ausglühen ihre Porosität und damit nach und nach ihre Wirksamkeit unwiederbringlich verliert. - Der von den Kohlefiltern tröpfelnde Saft heißt Dünnsaft und wird nun der Verdampfung unterworfen; es geschieht dies jetzt allgemein mittels Dampf in Vakuumapparaten, wodurch man ein schnelleres Verdampfen unter Abschluß der Luft bei verhältnismäßig niedriger Temperatur (50-60° C.) erzielt. Hierdurch vermindert man die Bildung von unkristallisierbarem Z. (Invertzucker) und demnach die Menge des Sirups. Hat der Saft durch das Verdampfen die Konzentration von 24° Baumé erlangt, so heißt er Dicksaft oder Klärsel. Früher wurde das erste Verdampfen des Dünnsaftes in offenen Pfannen ausgeführt und man verdampfte nun erst den Dicksaft im geschlossenen Vakuumapparate; jetzt wird gewöhnlich von Anfang an im Vakuum verdampft, sodaß der Dicksaft nicht mehr in Betracht kommt. Man setzt vielmehr bei reinen Säften das Verdampfen bis zum Kristallisationspunkte fort und läßt die Kristallisation in der Vakuumpfanne selbst eintreten (Kochen auf Korn). Bei weniger guter Beschaffenheit der Zuckermasse wird das Verdampfen im Vakuum nur soweit fortgesetzt, daß die Kristallisation später beim Erkalten erfolgt und durch Umrühren befördert wird; man nennt dieses Verfahren das Blankkochen. Der entweder blank oder auf Korn verkochte Saft kommt aus der Vakuumpfanne in ein kupfernes Gefäß, den Kühler, in welchem man den Z. entweder erkalten läßt oder, wenn er bei niedriger Temperatur eingekocht wurde, erwärmt, was mittels Dampf (durch doppelten Boden) geschieht. Durch das Anwärmen beabsichtigt man, einen Teil der Kristalle zu einer höchst konzentrierten Zuckerlösung zu lösen, aus welcher sich beim Erkalten in den Formen kristallinischer Z., Füllmasse genannt, abscheidet, der der Masse Konsistenz gibt. Da die Füllmassen der mit Rohrzucker arbeitenden Fabriken einen sehr angenehmen Geschmack besitzen, so ist eine solche unter Umständen direkt konsumptibel. Die Rübenzuckerfüllmassen besitzen jedoch einen unangenehmen Geschmack und müssen die denselben verursachenden Stoffe erst von dem Zucker getrennt werden. Dies geschieht zunächst dadurch, daß man die den Zuckerkristallen noch anhaftende Flüssigkeit, welche den größten Teil jener Verbindungen enthält, durch Zentrifugieren von dem festen Z. trennt. Den abgeschleuderten Sirup kocht man abermals ein, schleudert wiederum aus, kocht zum dritten Male etc. und gewinnt so mehrere Portionen Z., die als erstes, zweites, drittes, viertes Produkt bezeichnet werden, während der verbleibende Sirup, aus dem durch einfaches Einkochen kein kristallisierter Z. gewonnen werden kann, Melasse genannt wird (s. Sirup). Die aus den Rüben auf die beschriebene Weise erhaltenen Produkte sind immer noch nicht konsumptionsfähig, da ihnen noch ein unangenehmer Beigeschmack etc. anhaftet, der zum Teil von kleinen Mengen noch darin enthaltener Salze herrührt. Man kann nur aus grobkörniger Füllmasse, resp. aus dem ersten abgeschleuderten Rohzucker, nach dem Einmessen durch sog. Decken mit Wasser, besser mit Deckkläre, d. h. einer konzentrierten Lösung