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Handbuch der Drogisten-Praxis

Gustav Adolf Buchheister, Verlag von Julius Springer, Berlin, 3. Auflage, 1893

Schlagworte auf dieser Seite: Alkaloide

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Abriss der allgemeinen Chemie.

Alkaloide.

Wie schon erwähnt, giebt es eine Anzahl von Verbindungen, welche sich von Ammoniak dadurch ableiten, dass Wasserstoffatome desselben durch organische Reste ersetzt sind, z. B. Anilin, Toluidin. Sie werden als organische Basen bezeichnet und liefern wie das Ammoniak mit Säuren Salze.

Kommen diese Basen fertig gebildet in Pflanzen vor oder lassen sie sich aus denselben durch einfache Bearbeitung herstellen, so werden sie Alkaloide genannt. Sie wirken schon in ausserordentlich geringen Mengen auf den thierischen und menschlichen Organismus heftig ein und sind die wirksamen Bestandtheile der Pflanzen, aus denen sie gewonnen werden. Ihre medizinische Wirkung ist in reinem Zustände eine viel sicherere und gleichmäßigere, als die der betreffenden rohen Vegetabilien, weshalb ihre Darstellung und Verwendung in neuerer Zeit eine allgemeinere geworden ist. Sie sind sämmtlich in Wasser nur schwer, in Alkohol, Aether und Chloroform leichter löslich. Ihr Geschmack ist meist stark bitter und Lackmus wird von ihnen gebläut. Ihre salz sauren Salze vereinigen sich mit Platinchlorid zu Salzen, welche dem Platinsalmiak entsprechen. Tannin, Phosphormolybdänsäure, Kaliumquecksilberjodid u. a. erzeugen in Lösungen der Alkaloide charakteristische Niederschläge, aus denen diese organischen Basen durch Alkalien wieder frei gemacht werden können. Zu ihrer Darstellung zieht man die betreffenden Pflanzentheile mit verdünnten Säuren (Salz- oder Schwefelsäure) aus und übersättigt mit Kali. Durch Destillation gewinnt man dann die flüchtigen Alkaloide und als Niederschläge die nicht flüchtigen. Die Niederschläge werden wieder in Säuren gelöst und durch eigenthümliche Verfahren die Basen von einander getrennt und gereinigt. - Man theilt die Alkaloide ein in sauerstofffreie, flüchtige, flüssige (s. Coniin und Nicotin) und sauerstoffhaltige, nicht flüchtige (s. Morphin, Apomorphin, Codein. - Chinin, Chinioidin. - Strychnin, Brucin. - Veratrin, Atropin, Ergotin, Cocain, Eserin, Eseridin, Pilocarpin, Strophantin, Agaricin).

In neuerer Zeit hat man sich eifrig bemüht, die Alkaloide künstlich herzustellen, und wenn dies auch nur erst bei einigen derselben (Coniin, Cocain, Atropin) von Erfolg gewesen ist, so darf man doch mit ziemlicher Sicherheit erwarten, dass auch die künstliche Darstellung anderer Alkaloide gelingen wird, seitdem sich immer deutlicher die Verwandtschaft derselben mit zwei Körpern von genau bekannter Zusammensetzung herausgestellt hat. Es sind dies Pyridin C5H5N^[C_{5}H_{5}N] (s. Pyridinum) und Chinolin C9H7N^[C_{9}H_{7}N], welche beide bei der trockenen Destillation thierischer stickstoffhaltiger Körper entstehen und auch schon beide wie die natürlichen Alkaloide medizinische Verwendung finden. Das Gleiche gilt von den künstlichen Basen Antipyrin (s. dieses) und Thallin (s. dieses).