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Abhandlung von der Stadt Ulm

Bruder Felix Fabris, Druck der Buchdruckerei von Heinrich Frey, Ulm, 1909

Nach der Ausgabe des litterarischen Vereins in Stuttgart verdeutscht von Professor K. D. Haßler.

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diesen war einer, der einäugige Graf von Werdaberg, welcher, da er keine Hoffnung auf Nachkommenschaft hatte, all das Seinige verkaufte und um das erhaltene Geld von den Ulmern, was für ihn und 6 Personen zum Lebensunterhalt gehörte, kaufte (pag. 28) unter der Bedingung, daß er mit den Seinigen in jeder Herberge, wo es ihm gefalle, bleiben und nach Gefallen die Herberge wechseln könne, für diese Bedingung fügte er noch viel Geld hinzu. Er war nämlich ein Mann, der an Neuigkeiten seine Freude hatte, und wo er nur von der Ankunft Adeliger und Fremder hörte, da trat er ein und verzehrte etwas, um Neuigkeiten zu hören. Daher wurde es bei Adeligen, welche nach Ulm gehen wollten, zum Sprichwort, sie gehen an den Hof des Grafen von Werdaberg. Diesen Spott begannen diese Grafen übel zu nehmen und schlossen mit den Ulmern einen Vertrag, daß sie außerhalb der Stadt Ulm eine für den Grafen passende Wohnung bauten und genügende Vorsorge trafen, um den Grafen als ihren Blutsverwandten zu ernähren, und zum Ersatz für das gebaute Haus drei Personen von seinem Lebensunterhalt abzogen. So bauten also die Ulmer ein schönes Haus für den Grafen am Ufer der Blau unterhalb der Stadt in der Vorstadt, und in diesem Haus aß, trank und schlief er, solange er lebte. Man sagt aber, daß ein Adeliger, der in der Stadt in dem festen Haus wohnte, das jetzt Georg Strölin bewohnt, mit diesem Grafen im Zwist war, und daß sie sich mit Wurfspießen von Haus zu Haus beschossen, was möglich ist, weil sie nicht weit von einander entfernt sind. Als aber der Graf und alle seine Tischgenossen gestorben waren, fiel dieses Haus wieder an die Ulmer, und einer namens Behem kaufte es von den Ulmern, und seine Nachkommenschaft besaß das Haus über 200 Jahre. Als endlich die Stadt erweitert wurde, wurde es in die Mauern hereingezogen. Als hierauf zu unserer Zeit die Ulmer das Haus zurückkauften, machten sie es zu einer Werkstatt für die Stadt, in der die Gefässe gemessen wurden, und es wird allgemein die Eich genannt. In einem andern, oben genannten Haus aber, welches der Hof der Bürger Strölin ist, machten die Bürger einen Hof für den Kaiser, der bis heute der Kaiserhof 1) oder Königshof genannt wird. Als daher im Jahr des Herrn 1473 die Ulmer Friedrich dem III. den Eid auf dem Markt vor dem Rathaus, wie es jetzt die Gewohnheit ist, leisten wollten, wurden sie gefragt, ob sie nicht in dem Königshof es tun wollen, wie sie es vor Alters zu tun gepflegt hatten. Sie antworteten, der Stand der Stadt sei seit der Erweiterung der Stadt verändert und die Stätte des Eides an den öffentlichen Platz verlegt worden, wo sie den Markt von Neuem erbaut (pag. 29) hatten. Denn vor der Erweiterung der Stadt hatte die Stadt ein anderes Aussehen, und es war kem Platz vor dem Rathaus, sondern in den Vorstädten waren Märkte und auf dem Platz vor der Kapelle des heiligen Ägidius, seitdem sie ihn von den Mönchen gekauft hatten. Und soviel von dem zweiten Hauptstück.

1) Jetzt der Neue Bau.