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Abhandlung von der Stadt Ulm

Bruder Felix Fabris, Druck der Buchdruckerei von Heinrich Frey, Ulm, 1909

Nach der Ausgabe des litterarischen Vereins in Stuttgart verdeutscht von Professor K. D. Haßler.

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und die Vornehmsten, mit welchem Namen man das Tor benennen solle, darauf sagte einer: "es soll den Namen des ersten Tieres tragen, das durch dasselbe seinen Weg nimmt entweder behn Austritt oder Eintritt. " Sogleich aber, als es geöffnet war, kam eine Gänsherde zur Weide und zum Wasser heraus und ließ dem Tore den beständigen Namen. Dieses Tor hat zwar die Fundamente eines hohen Turmes von Alters her, ist aber noch nicht in die Höhe gebaut; [aber in unserer Zeit ist der Turm schön erhöht worden, als der weise Herr Johannes Ehinger Bürgermeister war, im Jahr des Herrn 1497. Von damals an aber erhielt dieses Tor einen anderen mehr der Vernunft angemessenen und der Wahrheit entsprechenden Namen; weil ein Teil der Stadt innen neben diesem Tor auf dem Gries (ad arenas) genannt wird, so wurde dieses Tor porta Arenae oder Arenarum gememhin Griestor und nicht Gänstor genannt. ] 1) Gegen Norden ist das Tor des heiligen Leonhard (jetzt das der heil. Jungfrau, Frauentor genannt) weil man durch dasselbe in die Kirche des heiligen Leonhard geht, in der die heil. Jungfrau durch Wunder ihren Ruhm gewann und dem Tore den Namen gab. Dieses Tor hat einen hohen und festen Turm, auf dem man ein goldenes ausgehauenes Kreuz erblickt; und auf diesem ist auch ein Wächter, der die Trompete bläst, wann er muß, oder wann er will. Zwischen Norden und Westen ist das Neue Tor, sogenannt, weil es erst neu entstanden ist, mit einem hohen und mit den Bildern des Leidens des Herrn geschmückten Turm. Gegen Westen (pag. 44) aber ist das Gögglingertor, sogenannt, weil es in das nächste Dorf Gögglingen führt; Unkundige nennen es Glöglistor. Dieses Tor hat einen festen Turm, der mit dem ruhmreichen Kreuz geschmückt ist; auf ihm wachen auch Wächter und Trompeter, und es würde gut Gerichtstor genannt, weil vor demselben die Schuldigen gefoltert und hingerichtet werden. Auf der Südseite am äußersten Teile der Stadt gegen Westen, woher die Donau kommt, ist der hohe und feste Fischerturm, der deswegen so heißt, weil neben ihm die Wohnungen der Fischer der Wassertiere und der Fischerinnen einfältiger Menschen sind. Mit diesem Turm hängt ein bis in die Donau sich erstreckendes festes Vorwerk mit mehreren Erkern zusammen, wo auch ein Teil der Blau durch einen Graben der Stadt herabkommt und durch enge Öffnungen, die mit sehr festen Gittern geschlossen sind, an der Ecke der Stadt in die Donau fließt. Von dieser Ecke und dem Fischerturm geht eine im Wasser der Donau gegründete, hohe und dicke Mauer hinab, die in dem in der folgenden Chronik bezeichneten Jahr entstanden und Neue Mauer genannt worden ist, weil die alte Mauer durch Häuser und Gebäude schwach und schadhaft geworden war. Es steht aber diese Mauer in der reißendsten Strömung bis zur Donaubrücke 660 Schritt weit sich erstreckend, und sie hat in der Dicke 10 gemeine Fuß und hindert einerseits die Gewässer der Donau, daß sie nicht in die Stadt stürzen, andererseits aber, daß die Gewässer der Blau nicht hinausfließen bis an ihrer Mündung. Auf dieser neuen Mauer sind wohl ausgeführte Bollwerke und Vorwerke und Erhöhungen nach Art von Türmen, von denen mit Mörsern und andern Geschossen gegen die zu Wasser Herankommenden eine Verteidigung stattfinden kann, auch sind außen viele eiserne Ringe zum Anbinden der Schiffe und eiserne Haken, an denen zu Kriegszeiten Decken für die Mauern aufgehängt werden mögen, damit sie nicht von den gegenüber aufgestellten Maschinen verletzt werden können,

1) Die in Klammern gesetzten Worte bis "nicht Gänstor genannt" enthalten eine Verbesserung, die wahrscheinlich F. Fabri selbst noch einfügte.