Schnellsuche:

Abhandlung von der Stadt Ulm

Bruder Felix Fabris, Druck der Buchdruckerei von Heinrich Frey, Ulm, 1909

Nach der Ausgabe des litterarischen Vereins in Stuttgart verdeutscht von Professor K. D. Haßler.

34

gegen Westen sehend nach Süden und hat daselbst einen neuen Turm in der Vormauer, nach welchem ein größerer Arm der Blau herkommt, von 4 Mündungen aufgenommen wird und in die Stadt eindringt. Neben diesen Mündungen sind, weil sie offen sind, sehr starke Verschanzungen und 3 Türme errichtet, auch ziehbare eiserne Gitter, die aufwärts gezogen und wieder herabgelassen werden können. Auch wird hier fleißig Wache gehalten, damit nicht zugleich mit dem Wasser der Feind eindringe. Von diesen Mündungen aus erstreckt sich die Mauer bis zum westlichen Gerichts- oder Gögglinger Tor, über das ein hoher, schöner und mit Erkern geschützter Turm hereinragt. Vor der Brücke dieses Tores ist eine furchtbare runde Brustwehr mit 7 Vorsprüngen. Von dieser Verschanzung geht die Mauer in einer Krümmung gegen Süden bis zur Donau hinab, wo der Fischerturm einen Winkel und eine Ecke der Stadt bildet, mit der wir die Beschreibung des Gürtels und der Mauer der Stadt begonnen haben. Hier geht in dem Stadtgraben durch sehr feste Mündungen der übrige Teil der Blau hinab, weil der Fluß so in die Stadt hereinkommt, daß er doch überall den Graben füllt, und so durch diese Mündungen der Teil zur Donau eilt, der von der Stadt ausgeschlossen als Stadtgraben gedient hat. Der Graben selbst aber, der im Ring herum von der Donau ohne Unterbrechung wieder in die Donau geht, ist von Mauern eingeschlossen und tief und in ihm sind viele Fische und Gänse, die nicht zu Hause gehalten werden, und andere Wassertiere. -

Eine große Annehmlichkeit zugleich mit einem Schmuck der Stadt erhält Ulm durch die in ihrer Nähe zusammenfließenden Gewässer, von denen schott die Rede war. Denn von der Iller erhält es Holz, von der Donau verschiedene Waren (pag. 50), besonders jedoch Eisen von oben herab, und auf der Donau selbst schickt es seine Waren auch anderen Völkern zu. Die Blau aber führt nichts auf Schiffen weder herbei noch fort, sondern bringt durch sich selbst der Stadt sehr viel Gutes; deshalb geht sie nicht außen an der Stadt vorüber, sondern rennt gegen sie heran; dringt gleichsam als ein zum Haus gehöriger, mächtiger Bürger ein, bespült die Stadt selbst, führt den Schmutz ab, mahlt das Mehl, speist alle Gassen mit ihrem Wasser und unterbricht ihre Dienste nie auch nur für einen Augenblick, auch wird sie keinen andern Weg oder Stromrichtung nehmen können als mitten durch Ulm. Nicht so die Donau, welche, wie man sagt, von der Stadt wird abgelenkt werden können, wenn auch mit großer Mühe. Einst überlegte nämlich ein Herzog von Baiern, ein Feind der ulmer, an welcher Stelle er die Iller in eine andere Stromrichtung ablenken könne, daß sie nicht mit der Donau sich vereinige, wohl wissend, daß die Donau ohne die Iller den Ulmern nichts nutze, aber an die Ablenkung der Blau konnte er nicht denken, da dies unmöglich ist. Obgleich aber die Blau selbst als Bürger und Freund immer bei der Stadt ist, wird sie doch von der Nymphe selbst, die sie geboren, bisweilen ganz rücksichtslos ausgespieen und rennt dann anschwellend, gleichsam im Zorn, in der Wut und Raserei gegen die Stadt nicht als Bürger und Hausgenosse, sondern als der schrecklichste Feind heran, durchbricht und verwüstet in stürmischem Getöse was sie findet, und erfüllt alles plötzlich. So schwoll sie im Jahr des Herrn 1461 am Sonntag Quadragesimä plötzlich an und rannte in rasendstem Lauf gegen die Stadt und ihre Mauern, suchte, nicht zufrieden mit ihren Mündungen, die Mauern selbst zu zerstören, brach sie tatsächlich und riß, gegen die Stadt herankommend, die Räder aller Mühlen nieder, zerstörte die Bänke und Werkzeuge der Walker und Gerber und anderer am Wasser Arbeitender und führte 12 Häuser