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Abhandlung von der Stadt Ulm

Bruder Felix Fabris, Druck der Buchdruckerei von Heinrich Frey, Ulm, 1909

Nach der Ausgabe des litterarischen Vereins in Stuttgart verdeutscht von Professor K. D. Haßler.

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ihrer heimatlichen Sitze beraubt, durch Gottes Vorsehung der Stadt Ulm geschenkt, in deren Schoß sie heute noch ihren Wohnsitz haben. (pag. 83).

Es ist aber diese Familie zweifach geteilt. Von einem Teile glaubt man, daß er aus Ehingen in Rhätien stamme, oder, um es richtiger zu sagen, daß das Dorf von ihnen seinen Ursprung habe; in diesem Dorf ragen noch heute Ruinen von alten Mauern hervor, die Reste einer Burg und der Wohnsitze der Herren von Ehingen, aus denen sie durch die Gewalt der Kriege vertrieben die Höfe von Fürsten und Grafen aufsuchten, indem sie mit den Waffen Kriegsdienste leisteten, und einer von ihnen schloß sich an die edlen Grafen von Helfastein an, indem er ihnen mit seinen bewaffneten Knechten diente. Dieser ließ sich, nachdem er eine adelige Frau genommen und Kinder bekommen, auf einer Besitzung der Herren Grafen von Helfastein nieder, dem Dienste der Grafen obliegend; es war aber diese Besitzung nicht weit von dem Dorf Herbrechtingen, wo der ebengenannte Ehinger in dem Kloster der regulierten Kanoniker eine Kapelle erbaute und für sich und seine Nachkommen eine Begräbnisstätte errichtete, indem er Messen, Lampen und ewige Almosen stiftete, wie es die Sitte der großen und reichen Adeligen ist. Als aber mehrere Jahre vorübergegangen waren und die Ehinger willkommene Dienste den genannten Grafen leisteten, erhob sich eines Tages am Hofe der Herren von Helfastein ein Aufruhr, bei welchem einer der Grafen getötet wurde. Die übrigen Grafen aber wüteten, und alle, die bei diesem Tod zugegen gewesen waren, Schuldige und Unschuldige, wurden gefoltert und getötet.. Darum ergriffen fast alle Adelige ihres Hofes die Flucht und verließen sie; unter diesen flohen auch die Ehinger, für ihr Leben besorgt, und einer von ihnen, und zwar einer der Vornehmsten, floh nach Mailand in der Lombardei und verlegte seinen Wohnsitz von hier dorthin. Als aber die Mailänder die Geschicklichkeit des Mannes für das Kriegswesen sahen, warben sie ihn um Sold an und er wurde bei ihnen gar teuer und wert gehalten. Als nun der Kaiser nach Schwaben kam und von dem Fall der Grafen und der Verbannung der Adeligen hörte, rief er die Adeligen selbst zurück und wies ihnen bestimmte Orte seines Gebietes an. Jenen berühmten Ehinger aber wies er der Stadt Ulm zu und befahl ihren Einwohnern, ihn aufzunehmen, als Adeligen zu behandeln und vor allen Feinden seines Lebens zu schützen. Und so kam er mit den Seinigen nach Ulm und nahm eine aus dem Geschlecht der Rubiani, zu deutsch der Rote, zur Frau. Damit nahm die Linie der Ehinger in Ulm ihren Anfang. Ihre Begräbnisse aber und Jahrtage stifteten sie bei den Prediger-Brüdern (pag. 84) mit vielen Pfründen, Messen, Lampen und Almosen, wie es noch heutigen Tages ist. Und weil diese Ehinger von Mailand nach Ulm kanten, werden sie von allen heute noch Ehinger von Mailand genannt. Aus diesem Geschlecht waren in unserer Zeit mehrere Bürgermeister, wie Walther Rymilius und Jakob 1) und der Sohn des vorgenannten Jakob, der bedeutende Mann Johann Ehinger.

Der zweite Teil der vorgenannten Familie der Ehinger war folgendermaßen eingereiht worden. Es waren in der Gegend von Franken berühmte Adelige, eben so wie auch die ersten Ehinger genannt, nur wenig im Wappen von ihnen verschieden, ihnen jedoch gänzlich unbekannt. Sie hatten aber ihren Sitz auf einer Burg der Diözese Bamberg und hatten vom Bischof von Bamberg selbst Lehen, wie sie die Adeligen zu haben pflegen, und auch einige

1) Andere Lesart: Walther, Rymilius und Jakob. Rymilius vielleicht = Remigius.