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Abhandlung von der Stadt Ulm

Bruder Felix Fabris, Druck der Buchdruckerei von Heinrich Frey, Ulm, 1909

Nach der Ausgabe des litterarischen Vereins in Stuttgart verdeutscht von Professor K. D. Haßler.

Schlagworte auf dieser Seite: Dietaheimer

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wie derselbe auch nach obigem Bericht Ulm dem Abt von Reichenau gab. Nachher gab sie der Abt dem Herzog von Bayern, unter dessen Gewalt sie heute noch seufzt. Es hatte aber von Alters her diese Stadt vier ganz besondere, eigentümliche Produkte, die an einem und demselben Ort entstanden waren. Man sagt nämlich, daß an der Stelle, wo jetzt die Kapelle zu Allerheiligen ist, ein Haus gewesen sei, wo nicht zugleich und auf einmal, sondern nach einander geboren worden sei das größte und schnellste Roß, der für seine Zeit tapferste Mensch, sodann der erfahrenste Mann und die schönste Frau. Von dem Roß sagt man, daß es groß und so schnell gewesen sei, daß kein Tier ihm im Lauf entrinnen konnte, und so behend, daß es über breite Gräben hinüberflog und über einen vollen Heuwagen hinübersprang. Es war aber vermutet worden, daß in dem Untier ein böser Geist stecke; daher wurde es in der Donau ersäuft. Ich glaube, daß dieses Roß von dem Geschlecht des Bucephalus, des Rosses Alexanders des Großen, gewesen sei oder (pag. 104) etwas von dem Blute des Pegasus in sich gehabt habe. Von dem zweiten, nämlich dem tapfersten Menschen, wird eine ziemlich dunkle Geschichte erzählt. Hienach verließ zu einer gewissen Zeit ein heidnischer Riese, gleichsam ein zweiter Goliath, mit einem Heere Scythien und kam bis nach Schwaben; denn er hatte gehört, daß die Schwaben kriegerisch und mutig seien. Daher schlug er in Rhätien seine Zelte aus und schrieb den Fürsten der Schwaben, er wolle sich in eine Feldschlacht mit ihnen einlassen oder einen Einzelkampf d. h. ein Duell mit einem bestehen. Durch gegenseitiges Übereinkommen beschlossen die Häupter der Schwaben das Duell, indem sie hiezu ihren tapfersten Mann, den Marschall von Papenheim, wählten, der auch freiwillig sich dazu erbot. Als aber am bestimmten Tage die ganze Menge an dem Ort des Kampfes zusammengekommen war, ertönte im Heere der Christen eine Stimme, die unzweifelhaft von einem Engel kam, nicht der Marschall von Papenheim, sondern ein Männlein von Laugingen sei in den Kampf zu senden. Als sie aber in dem Heere suchten, sanden sie einen zwar kleinen, aber gut bewaffneten und sehr kühnen Menschen von Laugingen und dieser griff den Riesen an, streckte ihn nieder und schlug die Ungläubigen in die Flucht. Von dem verständigen und sehr erfahrenen Mann, was das Dritte ist, gibt es eine lange und wahrhaftige, schon in Köln gedruckte, Legende von Albertus Magnus, der in allem Wissen ausgezeichnet und dabei von Jugend aus unschuldig und heilig und keineswegs, wie ihm zugeschrieben wird, ein Zauberer und Schwarzkünstler war. Vom vierten, von der schönsten Fran, habe ich nichts im Besonderen gehört, außer daß einigen schien, die trojanische Helena oder vielleicht eine Tochter der Hekuba oder der Venus oder der Medusa sei in dieser Stadt wieder lebendig geworden.

Dietaheimer.

Die von Alters her berühmte Familie der Dietaheimer hatte Burg-Adelige, die ihre ersten uns bekannten Wohnsitze in Nieder-Schwaben nicht weit von der Stadt Werd 1) hatten, dann aber in der Folge sich in andere Gegenden verbreiteten und ein Haus in Ulm zu bewohnen begannen, wo sie (pag. 105) vorwärts kamen, die Bürgermeisterwürde dieser Stadt erlangten und die Gemeinen gut und friedlich regierten; von ihnen wächst noch heute ein Sproß in Ulm heran.

1) Veesenm.: wohl Donauwörth.