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Abhandlung von der Stadt Ulm

Bruder Felix Fabris, Druck der Buchdruckerei von Heinrich Frey, Ulm, 1909

Nach der Ausgabe des litterarischen Vereins in Stuttgart verdeutscht von Professor K. D. Haßler.

Schlagworte auf dieser Seite: Ulmer; Von einigen Familien (des vierten Standes)

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einige treiben geringere Geschäfte. Von allen Familien dieses Standes im Einzelnen zu reden wäre zu langwierig, denn es sind viele. Daher werde ich nur einige namentlich aufführen, die gewissermaßen den Dritten gleichkommen.

Von einigen Familien (des vierten Standes).

Ulmer.

Die ulmische Familie, die Ulmer genannt wird, wird nach allgemeinem Bericht als sehr alt gerühmt; nach ihr wird auch eine Straße Ulmergasse genannt. Aber wie diese Familie den Namen der Stadt Ulm bekommen hat, darüber haben Verschiedene verschiedene Ansichten. Einige sagen, die Ulmer seien die ersten Bewohner des Dorfes Ulm gewesen. Andere sagen, sie haben einst das Regiment der Stadt gehabt und seien gewissermaßen als die Herren der Stadt selbst angesehen und deswegen Ulmer genannt worden. Wieder andere sagen, daß sie einst von Ulm ausgewandert seien und an den fremden Orten nach Verlust ihres Namens den Namen ihrer Stadt erhalten haben, wie es gemeiniglich geht, wenn einer von einem Ort an einen andern sich begiebt, daß er nach dem Namen des früheren Ortes oder seines Volkes oder Landes benannt wird; als sie aber lange Zeit außerhalb Ulm gelebt hatten und reich geworden waren, kehrten sie endlich mit großem Vermögen nach Ulm zurück und kamen, unter die ersten Geschlechter gerechnet, in den dritten Stand. Später erhob sich ein schwerer Aufstand in der Stadt, wobei die Ordnung der Verfassung beinahe aufgelöst und viele Reiche arm wurden und umgekehrt. Unter diesen wurden die Ulmer nicht wenig geschwächt. Daher kamen sie, als die Erschütterung aufhörte, in die Gesellschaft der Zünftigen herab, in der sie noch heute ehrbar und geehrt sind. Einige glauben, daß sie von Alters her wegen ihrer treuen Sorge für das Gemeinwesen in Ulm Ulmer genannt worden seien. Denn man pflegt diejenigen Menschen nach dem Namen ihrer Städte oder Orte zu benennen, von denen man weiß, daß sie große Zuneigung zu ihnen haben. Ich habe auch an anderen Orten reiche Leute dieses Namens Ulmer gefunden, die unter die Adeligen (pag. 115) gerechnet wurden. Denn in Diesenhofen 1) war zur Zeit meiner Jugend ein sehr reicher Mann, Ulrich Ulmer mit Namen, ein Genosse der Adeligen, dessen von Gold strahlende Frau bei mir, als ich noch ein Knabe war, Staunen erregte; woher aber dieser Ulmer stammte, weiß ich nicht. Über unsere Ulmer aber ist kein Zweifel, daß Ulm lange vor unserer Zeit sie aus einem alten und ehrbaren Stamm hervorgebracht habe. Denn es ist der Vernunft gemäß, daß sie einmal einen anderen Namen gehabt haben und bei der Gründung der Stadt Ulm mit andern Adeligen angekommen seien und deswegen nach Verlust ihres Namens von der Stadt den Namen geerbt haben. Für ihr Alter zeugen die ältesten Steuerbücher der Stadt Ulm und die nach ihnen benannte Straße. Denn an dieser Stelle, in der Nähe der Mauer erbauten sie bei der Erweiterung der Stadt einen weiten und geräumigen Hof, und der wurde Ulmerhof genannt; die Straße aber, die sich von dem Hof aus erstreckte erhielt bis auf den heutigen Tag denselben Namen. Wie sie aber in den Stand der Zünftigen herabgekommen seien, darüber sagen einige, daß einst ein Ulmer einen andern adeligen Bürger von Ulm, mit dem er in Feindschaft stand,

1) Siehe Seite 76.