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Abhandlung von der Stadt Ulm

Bruder Felix Fabris, Druck der Buchdruckerei von Heinrich Frey, Ulm, 1909

Nach der Ausgabe des litterarischen Vereins in Stuttgart verdeutscht von Professor K. D. Haßler.

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Die achte Zunft, die der Metzger (lanistarum sive macellariorum) ist groß: in ihr sind die Rietmann, Glaser, Bayer, ehemals die Weckerlin. Auch die Saitenmacher sind in ihr.

Die neunte, die der Kürschner, ist für sich allein geschlossen und groß, hal aber verschiedene Geschäfte. In ihr sind die Mercklin, Töderlin und Bletzger.

Die zehnte Zunft ist die der Weber, sei es, daß sie Baumwoll- oder Woll- oder Leineweber sind oder auch gemischte Weber, und die Wollwäscher. In dieser Zunft sind die Gemperlin, Withaw und Schwartz; sie ist groß und hat sehr viele Gesellen und zu ihr gehören einige von den Geschlechtern des vierten Standes. Diese Zunft vermag das ganze Gemeinwesen in Verwirrung zu bringen, wenn sie sich zu Aufständen wendet, wie es einmal geschehen war.

Die elfte Zunft, die der Schneider, der Tuchmacher und einiger Färber, 1) ist nicht klein; in ihr sind auch viele würdige Männer von altem Geschlecht, sowie auch alle Tuchscherer.

Die zwölfte Zunft, die der Schuhmacher (calciatorum sive calcifactorum) und Schuhflicker (sutorum) ist sehr groß und enthält viele Männer; in ihr gibt es auch alte Familien.

Die dreizehnte Zunft ist die der Gerber, deren Zahl auch groß ist; sie enthält alte Familien (pag. 138).

Die vierzehnte Zunft ist die der Bauern und Gärtner, die das Land, die Felder, die Weinberge und die Gärten bebauen; in ihr sind die Francken, Kügelin, Nüer u. s. w.

Die fünfzehnte Zunft sind die, die man Mertzler oder Grempler nennt. Auch sind es diejenigen, welche Buden und Läden haben, in denen sie verschiedenes verkaufen, nämlich Butter, Salz, Speck, 2) Öl, Gemüse, Früchte u. s. w.

Die sechzehnte Zunft ist die der Schreiner, der Wagner und derjenigen, die hölzerne Gefäße, sei es zum Weht oder zum Wasser anfertigen; in ihr sind die Sürlin und Schlaiß.

Die siebzehnte Zunft ist die der Bader und Rasierer; in ihr sind die Triesch u. s. w.

Diese Zünfte sind alle nach geschriebenen Gesetzen geordnet, und jede hat ihren Zunftmeister, der vom Rat ist, und die größeren Zünfte sind in Rotten geteilt, welche auch ihre Vorsteher haben; doch sind die Handwerke nicht so eingeengt, daß keiner außer einer von der Zunft gewagt hätte, in ihnen zu arbeiten, sondern jeder Bürger kann für sein Haus arbeiten, wenn er das Handwerk versteht, und jeder, in welcher Stellung er auch sein mag, kann Tücher in seinem Laden verkaufen, so jedoch, daß er der Stadt vier Pfund bezahlt. In ähnlicher Weise kann auch jeder Baumwolle feilhalten. Von diesen und anderen Gewohnheiten der Stadt Ulm könnte ich noch mehr Bemerkenswertes erzählen. Denn mit solchem Eifer und Sorgfalt ist die Bürgerordnung für Ulm hergestellt worden, daß, wenn jemand alles schriftlich überliefern wollte, er einen großen Band mitbringen müßte. Denn die alten Ulmer blieben nicht zufrieden mit ihren Gesetzen, sondern erklärten ihre Gesetze nach den Gesetzen anderer und reihten diese in die ihrigen ein, wie die alten Römer zu tun pflegten, von denen Augustin de civit. Dei 1. 2. c. 16. spricht [digest. l. 1 tit. 2 § 3. 4] (und es heißt de origine (pag. 139) iuris § exactis et îbidem in glossa), daß die Römer 10 Männer zu den Griechen für die Zwölftafelgesetze schickten, die der Weise Solon den Athenern gegeben hatte. Aber die Griechen schickten, ehe sie ihnen die Gesetze überlassen wollten, einen verständigen Mann nach Rom, der erforschen sollte, ob sie der

1) Färber sind auch bei der dritten Zunft genannt. 2) Stadt tardum lese ich lardum Speck.