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Abhandlung von der Stadt Ulm

Bruder Felix Fabris, Druck der Buchdruckerei von Heinrich Frey, Ulm, 1909

Nach der Ausgabe des litterarischen Vereins in Stuttgart verdeutscht von Professor K. D. Haßler.

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wünschte, unter andern auch eine Kirche des hl. Pankratius, und niemand wußte etwas von dieser Kirche, wo sie sei oder wer daselbst Pfarrer sei, bis zuletzt in Erfahrung gebracht wurde, daß es die kleine Kirche in Elchingen sei, ehemals eine Pfarrkirche, jetzt aber eine Kapelle. - Viertens wollen wir sehen, wie dieser Ort Elchingen zum Dienst Gottes gebracht worden ist. Als im Jahr 1128 1) der Kaiser Heinrich, der fünfte dieses Namens gestorben war, kamen die Kurfürsten zur Wahl eines neuen Königs zusammen, und, in Parteien gespalten, wählten sie zwei Könige, nämlich Lothar, den Herzog von Sachsen, und Konrad von Staufen, einen schwäbischen Fürsten. Es waren aber beide Herzoge durch Verwandtschaft mit einander verbunden, weil Lothars Bruder Konrad eine Schwester Konrads, des miterwählten Herzogs von Schwaben, die Frau Lucia geheiratet hatte, der die Burg Elchingen mit dem Babylonischen Turm, die den Herzogen von Schwaben gehörte, als ihr Erbteil zufiel. Als nun beide gewählt worden waren und doch nur Einer König sein konnte, hatten sie trotz der Verwandtschaft schwere Kriege miteinander, und beide bemühten sich, die Bevölkerung des Reiches an sich zu ziehen, indem sie das Vaterland in schwere Verwirrung brachten. Doch hatte Lothar den größeren Anhang, da ihn der Papst und die Kardinäle begünstigten und ihm viele Italiener zu Hilfe geschickt hatten, ebenso auch der König von Ungarn, die Herzoge von Sachsen und die Herzoge von Bayern. Die Schwaben aber hingen an ihrem Konrad. Und die Drangsale nahmen zu unter den Parteien, (pag. 159) besonders jedoch bei den Schwaben und Bayern, die sich gegenseitig in den Grenzgebieten zerfleischten. Von Ulm aus machte nämlich die Partei Konrads Plünderungszüge gegen Bayern. Daher legte Lothar, um der Frechheit der Schwaben zu steuern und Ulm zu schrecken, Kriegsvolk als Besatzung in den babylonischen Turm von Elchingen, der, wie erwähnt wurde, mit Rücksicht auf Frau Lucia, die Schwester des gewählten Konrad, den Herzogen von Sachsen gehörte. Von dieser Burg Elchingen also fanden täglich Raubzüge statt, und die vorüberziehenden Schwaben wurden gefangen genommen, hinaufgeschleppt, beraubt und getötet, und ihre Leichname füllten den Erdboden an. Und umgekehrt wüteten Bewaffnete von Ulm gegen die Sachsen, Lombarden, Ungarn und Bayern, und manche dem erwählten Lothar sehr teuere und wertvolle Leute plünderten sie aus, führten sie nach Ulm und töteten sie. Darüber ergrimmt sammelte Lothar ein gewaltiges Heer, zog gegen Ulm, schloß es mit einer sehr engen Belagerung ein und eroberte es, und nachdem er die Einwohner getötet hatte, zerstörte er die Stadt selbst vollständig und legte viele Beute, die in Ulm geraubt war, in der babylonischen Burg nieder. Hierauf zog Lothar, welcher mit der Zerstörung von Ulm das Herz Konrads gebrochen zu haben glaubte, mit einem großen Heere Rom zu, um vom Papst gesegnet zu werden, aber vom Tode überrascht starb er in Verona. 2) Ihm folgte, durch die einmütige Wahl der Kurfürsten ernannt, Konrad, der Herzog von Schwaben, und dieser befahl Ulm wieder aufzubauen und zu erweitern. Die Sachsen aber, die Bayern und die Italiener verharrten in ihrer Hartnäckigkeit und führten auf Befehl des Papstes, dem die Wahl mißfiel, wieder Krieg mit Konrad. Und es war ein schwerer Streit zwischen den Parteien, bei dem die verdammte und verderbliche Spaltung des christlichen Volkes in Gibellinen und Gwelfen, an der bis heute noch Italien krankt, ihren Anfang nahm. Es wurde aber Ulm aufgebaut

1) Soll heißen 1125.

2) Ist falsch; vielmehr in Breitenwang bei Reute in Tirol.