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Abhandlung von der Stadt Ulm

Bruder Felix Fabris, Druck der Buchdruckerei von Heinrich Frey, Ulm, 1909

Nach der Ausgabe des litterarischen Vereins in Stuttgart verdeutscht von Professor K. D. Haßler.

Schlagworte auf dieser Seite: Von den Klöstern im Westen der Stadt Ulm. Von Urspringen

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scheiden. Und so gedeiht dieses Kloster bis auf den heutigen Tag durch Gottes Gnade im Geistlichen und im Zeitlichen und ist gegen frühere Zeiten eine gute Veränderung eingetreten.

Man kann wirklich vermuten, daß einst an diesem Ort ein Heiligtum der Oreaden-Nymphen, der Göttinnen der Berge, oder der Dryaden-Nymphen, der Gottheiten der Wälder, gewesen sei; denn der Ort ist hoch und reich an Wäldern oder Hainen und ihn hat der Unverstand der Alten als diesen Gottheiten geweiht sicherlich nicht übersehen, vorausgesetzt, daß es an diesem Ort und in dieser Gegend Menschen gegeben hat, die dort wohnten.

Kap. 9.

Von den Klöstern im Westen der Stadt Ulm. Von Urspringen.

Urspringen war einst ein Heiligtum der Hamadryaden oder Quellnymphen, 1) nachher als die christliche Religion zunahm, wurde es dem heiligen Ulrich und dem hohen Ölberg geweiht. Als nun nach der Einführung des Ordens des hl. Benedikt in dem Kloster Sankt Georgen (sancti Georgii) im Schwarzwald ganz besondere Frömmigkeit herrschte, sorgte der Adel, der weit und breit in Alemannien Nonnenklöster gründete, dafür, daß diese auch unter dem Abt von St. Georgen stünden. Daher hat dieser Abt bis heute für viele Nonnenklöster nicht nur in Schwaben, sondern auch in Westrich (Westrangia), 2) Frankreich, Elsaß und im Breisgau zu sorgen. Im Jahr des Herrn 1127 3) nun, im ersten I ahr des Herrn Königs Lothar, (pag. 183) der auf den Römischen Kaiser Heinrich V folgte, übergaben drei Ritter von edlerem Geschlecht, leibliche Brüder, nämlich Ruger, Adalbert und Walther, die Besitzer der Stadt und Burg Schelklingen und Herren dieser Herrschaft, zum Heil ihrer Seelen die Kirche Urspringen, nicht als Pfarrkirche, sondern als eximierte Kirche dem Abt von Skt. Georgen, daß er mit eben dieser Kirche ein Nonnenkloster verbinde, dem sie auch Zehnten, Einkünfte und Besitzungen stifteten. Daher empfing der Abt von St. Georgen den genannten Ort und richtete daselbst das Nonnenkloster ein, indem er über die Schwestern eine Meisterin (magistra) setzte, die unter ihm stehen sollte. Und dieses Kloster richtete er nach der Regel ein, die bei St. Georgen beobachtet wurde, und so blieb es viele Jahre lang. Denn es heißt, daß wegen der Heiligkeit der Schwestern der Wein in den Fässern und das Korn sich auf wunderbare Weife vermehrt habe; denn das Kloster war von Anfang an sehr arm. Als aber im Lauf der Zeiten die Frömmigkeit bei St. Georgen abnahm, nahm sie auch in Urspringen ab, so jedoch, daß sie nicht ganz aufhörte, sondern immer wurden daselbst Spuren der alten Ordensregel gefunden, mehr als in anderen gesunkenen Nonnenklöstern. Als nun das Kloster Hegbach, wie erwähnt ist, zur Beobachtung der Ordensregel zurückgebracht worden war, nahm Frau Gredanna von Friberg, die Meisterin in Urspringen, eine Frau von männlich starkem Geist, einige von ihren Nonnen zu sich, bestieg einen Wagen und fuhr nach Hegbach, um die Beobachtung der Ordensregel zu sehen, von der das Gerücht überall verbreitet war. Als sie aber die Abschließung (clausura) und Ordnung ihres Lebens fah und der Abgeschlossenen Frohsinn in dem Herrn hörte, begann sie selbst auch an die Reformation ihres Klosters zu denken und

1) Sonst bedeutet sowohl Hamadryades als Dryades Baumnymphen.

2) Cf. pag. 93 = S. 64.

3) Veesenm.: Unrichtig, statt 1125.