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Biblische Real- und Verbal-Handkonkordanz

M. Gottfried Büchner, E. Ch. Lutz, H. Riehm, Verlag von Ferd. Riehm, Basel, 1890

Exegetisch-homiletisches Lexikon über alle Sprüche der ganzen heiligen Schrift für Geistliche, Lehrer, Sonntagsschullehrer und die Familie.

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Fegefeuer.
Fegefeuer
Z. l. Ist nach der Lehre der römisch-katholischen Kirche ein Mittelort zwischen Himmel und Hölle, wo die Seelen derer, welche in einer nnvollkomm-nen Vnhe gestorben sind, oder ihre erläßlichen Sünden im gegenwärtigen Leben nicht völlig gebüßt haben, so lange gefeget, d. i. gereinigt und gequält werden, bis sie völlige Genngthuung geleistet haben. Die Schrift weiß davon nichts: die Lehre ist durch heidnische Philosophie veranlaßt, durch mönchischen Aberglauben immer weiter ausgebildet worden, und mag oft nnr der Habsucht der Geistlichen gedient haben; daher sie auch spottweise Küchen» lehre genannt worden ist.
§. 2. Es widerspricht derselben 1) der doppelte Zustand nach diesem Leben, und die doppelte Art Menschen: nämlich Himmel und Hölle, Gläubige und Nugläubige, Schafe und Böcke; von der dritten Art weiß die Schrift nichts. 2) Die Reinigung von Sünden kommt dem Blut Christi zn, 1 Joh. 1, 7. dadurch ist die völlige Versöhnung geschehen; und wenn wir Christum im Glauben ergreifen, werden wir selig. Wie kann aber der Glaube in dem Fegfener erweckt, gestärkt und erhalten werden? 3) Wer gerechtfertigt ist, wem die Sünde vollkommen vergeben, bei dem ist keine Verdammung mehr. 4) Nach dem Tode aber ist keine Vergebung der Sünden mehr zu hoffen; diese wird uns im Evaugelio angekündigt. 5) Nach den Verheißungen GOttes werden die Frommen unmittelbar ins ewige Leben, Joh. 3, 18. c. 5, 24. 2 Cor. 5, 1. S. z. B. Weish. 3, 1. Offb. 7, 14. c. 14, 13. 6) Und die, welche der jüngste Tag ergreift, in den Himmel oder Hölle unmittelbar versetzt. Ueberdies hilft 7) die Fürbitte der Lebendigen für die Todten nichts, Ps. 49, 8. Pred. 9, 4.
§. 3. Wer also ein anderes Mittel, das uns Menschen von allen Sünden reinigt, erdichtet, als dasjenige ist, welches Johannes 1 Epist. 1, 7. angiebt, der ist werth, daß ihn der gerechte Fluch, Osfb. 22,18. 19. auf seinen Kopf treffe.
§. 4. Wenn auch neuere katholische Theologen, (als Oberthür Vibl. Anthropol. IV. 2, 49 ff. und besonders S. 56-66.) diese Lehre verfeinert, und das Fegefeuer in eiuen Mittelzustand verwandelt haben, wo die, die nur erst einen unvollkommnen Anfang in der Besserung gemacht haben, geläntert, vollendet und für den Himmel würdig gemacht werden sollen; (wodurch der altkatholische Begriff ganz verrückt wird, und das Fegefeuer nun nicht eine Satissaction ist, die der göttlichen Gerechtigkeit geleistet wird, sondern eine Veranstaltung der göttlichen Güte zum Wohl der Menschen); so ist doch cmch so diese Lehre nicht haltbar.
1) Sie hat keinen Gruud in der Schrift und im christlichen Alterthume. ^uZn8tin. äs Laptisin. 4, 28. k'iäßt; oatiiolioa non novit nisi äuo looa, udi Q0inin68 8unt fnwri ^i-pswo, oosium deatoi'uin st iicki'nuin äamnawruni. Stellen wie Matth. 5,26. c. 12, 32. vergl. Marc. 3, 29. sind viel zu unzureichend, um die klare durch die ganze Schrift gehende Lehre von der ein für allemal nach dem Tode erfolgenden Entscheidung über den Menschen zu verdrängen.
2) Das 7l(x5roi, ^c^ckoL dieser Lehre ist, daß zwischen dcm sittlich Guten und Bösen nur ein gradueller, und nicht specifischer Unterschied ge-
dacht wird. Nach der Schrift und nach stren,i ethischem Begriffe, sind die Menschen ihrem Grundcharakter nach nnr zweierlei, Gute und Böse; wenngleich in der äußern Erscheinung bei beiden eine unendliche Abstufung Statt finden kann. Die Menschen werden nach der Grundrichtung ihres Willens gerichtet.
3) Ebendeßhalb thut auch diese Lehre, weit eut-fernt, etwa zur Besserung zu reizen, der wahren heilsamen Strenge und dem uugesäumten Eifer in der Bekehruug Abbruch: weil uun der menschlichen Trägheit die Allssicht eröffnet ist, dort noch sich bekehren und das Versäumte nachholen zu können; der Mensch hat einmal einen Hang, sich lieber passiv die Besserung abnöthigeu zu lassen, als activ den Schmerz derselben zu übernehmen.
4) Die Lehre ist offenbar mit dem Verdienste Christi, durch welches wir voltkommene Erlö-fuug haben, und mit dem freudenvollen Vertrauen auf ihn nicht vereinbar.
Es ist merkwürdig, wie in neuern Zeiten diese ehedem in der protestantischen Kirche so ernst und einstimmig verworfene Lehre wieder angefangen hat, unter den Protestanten Beifall und Eingang zn finden, wenn auch nicht in der alten anstößigen, doch in der gereinigten, mooernisirten Form, wie sie z. B. bei Dberthür erscheint, denn im Wesentlichen wird diese letztere doch mit der neuen Ansvildung der Lehre vom Scheol übereinstimmen, wonach auch die Gläubigeu nicht gleich nach dem Tode in einen Znstand der Seligkeit und des wahren Lebens versetzt werden, sondern erst durch mancherlei Vorbildungen und Neinignngen hindurch gehen mußten, ehe sie zu ihrem Ziele gelangen. Zugegeben werden muß, daß es einen Zwischenzustand zwischen der Seligkeit der Frommen gleich nach dem Tode, und zwischen der nach der allqemciuen Auferweckung der Todten geben wird, wiewohl die Verschiedenheit zwischen beiden nickt völlig klar gemacht werden kaun, da die Schrift nur wenig Winke darbietet, wie Ofsenb. 6, 9-11. Aber das ist doch etwas ganz Anderes, als ein Znstand, wo die Frommen noch des wahren vollen "Friedens und der Gewißheit des Besitzes der Seligkeit eutbehren, ja wohl gar noch in einer peinlichen Ungewißheit über ihr ewiges Schicksal schweben. Die Stellen, woraus man Fol-gcruugen für eine dort noch nöthige schmerzliche Äbbüßung und Länterung machcn will, Matth. 5, 26. c. 12, 32. 1 Cor. 3,' 13. sind doch zu unsicher, und gestatten eine andere Deutung. Die Stelle, 1 Petr. 3, 19. c. 4, 6. geht nur die an, welchen im gegenwärtigen Leben noch keine Erkenntniß des Evangeliums zu erlangen möglich war, woraus man nicht sofort einen Schluß auf die, deuen diese Erkenntniß schon hieuicdcn angeboten wurde, machen darf. Auf jeden Fall mü^te die obige Annahme so modisicirt werden, oaß sie in keiner Vnse die vielen und bestimmten Verheißnngen, die dcn Gläubigcu gegeben sind, abschwächte oder gar aufhübe. Christus sagt vou denen, die an ihn glanben, daß sie nicht gerichtet werden, Joh. 3, 18. daß sie das ewige Leben haben, und vom Tode zum Leben hindurchgedrungen sind, c. 5, 24., daß sie Niemand aus seiner Hand reißen wird, c. 10, 28. 29. daß, wo er ist, da auch sein Diener sein soll, c. 12, 26. er läßt den Lazarns sogleich nach dem Tode in Abrahams Schooß sein, Luc. 16, 22. und