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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

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Aegypten.

erweitert durch den Anbau von großen Sälen für Priester und Volk, von Säulengängen, die einen Vorhof einschlossen, dessen Eingang durch gewaltige Türme - Pylone - gekennzeichnet wurde. Der ganze Tempelbezirk wurde mit einer Umfassungsmauer eingefriedet. Innerhalb derselben, teilweise auch außerhalb, wurden noch Standbilder, Obelisken und ganze Reihen von Sphinxen aufgestellt.

Tempel von Karnak. Auf diese Weise entwickelten sich aus alten einfachen Tempeln durch Zu- und Vor-Bauten großartige Anlagen. Das hervorragendste Beispiel dieser Art ist der große Tempel von Karnak (s. Fig. 14 u. 15), den König Usertesen I. um 2100 v. Chr. gegründet hatte, und der seit 1600 v. Chr. von den Königen immer mehr vergrößert und verschönert wurde. Wiederholt wurden die Arbeiten daran unterbrochen, auch die griechischen Herrscher, die Ptolemäer, setzten sie noch fort, ohne daß sie zu einem völligen Abschluß gelangten, da 27 v. Chr. ein Erdbeben einen Teil des Riesenbaues zerstörte.

Tempel der späteren Zeit. Die Tempel der späteren Zeit - insbesondere um 1350-1250 v. Chr. - wurden natürlich gleich von Anbeginn an in großer Ausdehnung und prunkvoller Gestaltung angelegt. Die grundsätzliche Anordnung der Tempelbauten wurde nicht nur in der letzten Glanzzeit des selbständigen Aegypterreiches (600 bis 525 v. Chr.), sondern auch unter den griechischen Herrschern (seit 300 v. Chr.) beibehalten, so daß man mit Recht sagen kann, die ägyptische Baukunst hat ihre Eigenart durch mehr als 2000 Jahre unverändert erhalten. Ihre volle Entwicklung zeigt sich schon vor 1200 v. Chr.; von da ab sind keine besonderen Fortschritte mehr zu beobachten.

Weltliche Bauten. Es erscheint selbstverständlich, daß neben den religiösen Bauten auch weltliche - namentlich Königspaläste - errichtet wurden, die an Großartigkeit jenen nicht nachstanden. Daß von diesen weltlichen Bauten verhältnismäßig weniger erhalten blieb, erklärt sich daraus, daß die Fremden, welche seit 525 v. Chr. Aegypten beherrschten, - Perser, Makedonier bezw. Griechen und Römer - zwar die Religion und somit auch die Heiligtümer der Aegypter unangetastet ließen, ja selbst letztere

^[Abb.: Fig. 14. Grundriß des großen Tempels von Karnak.

a Thorbauten, A Vorhof, B Säulensaal, C die eigentlichen Tempelräume, D Anbau.]