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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

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Indien.

älteste Denkmal ist der Rigveda, eine Sammlung von Liedern, Erzählungen, Sagen, Rätseln u. s. w. Die Angaben über das Alter derselben - bis 4000 v. Chr. - scheinen mir jedoch übertrieben zu sein, und wenn man die Thatsache erwägt, daß alle Veden spätere Einschübe und Umarbeitungen erfuhren, so sind wohl mannigfache Zweifel über die Entstehungszeit der einzelnen Bestandteile gestattet. Das Eine halte ich aber für sicher, daß die Schilderungen von Prachtbauten und dergleichen spätere Einfügungen sind. Für die indische Dichtkunst begann die Blütezeit auch erst im 6. Jahrhundert n. Chr.; sie ist also ebenfalls "jung". Auf das Schrifttum näher einzugehen, ist hier nicht der Ort und ich muß mich den andern Künsten zuwenden.

Bildende Künste. Kulturgebiete und Stile. Man muß in Indien zwei Kulturgebiete unterscheiden; das Dravidische und das Arische. Ersteres hat seine ursprüngliche Art länger bewahrt, aber auch weniger Fortschritte gezeigt, in letzterem machten sich persische und griechische Einflüsse in hohem Maße geltend, bis beide Gebiete unter die Herrschaft des islamitischen Geistes gelangten. Man kann die Sache so fassen, daß man in den bildenden Künsten vier Richtungen oder Stile unterscheiden darf: den eigen-indischen, den persisch-indischen, griechisch-indischen und den islamitischen. Der letztere gelangt seit dem 15. Jahrhundert zur unbedingten Herrschaft und ihm gehören all' die prächtigen Bauten - Paläste, Moscheen, Grabmäler - an, welche Indien berühmt gemacht haben.

Buddhistische Bauten. Reliquien-Behälter (Stûpa). Was aus der früheren Zeit stammt, ist wohl auch eigenartig und merkwürdig. Den Anstoß zur Entwicklung der Baukunst gab der Buddhismus, dessen Stifter Siddhattya im 6. Jahrhundert v. Chr. lebte. Diese Religion wurde um 250 v. Chr. durch den König Açoca zur herrschenden in Indien gemacht, und von dieser Zeit an begann auch eine rege Bauthätigkeit.

Eine besondere Eigentümlichkeit des Buddhismus war die Verehrung von Reliquien, der Ueberbleibsel Buddhas und besonders frommer Anhänger. Für diese wurden Grab-^[folgende Seite]

^[Abb.: Fig. 51. Die große Stûpa von Santschi.

(Nach Schlagintweit "Indien".)]