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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

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Indien.

Die indische Bauweise verbreitete sich nicht nur nordwärts nach den Staaten im Himalaya-Gebiete und nach China, sondern auch nach Hinterindien und die ostindischen Inseln. Sie wurde dabei örtlich zwar mehrfach verändert, so daß man auch von Stilabarten sprechen könnte, im wesentlichen sind es aber derselbe Geist und die gleichen Grundlagen, die uns begegnen. Die Entwicklung der geschilderten, für die indische Kunst bezeichnenden Hauptformen erstreckt sich - das muß ich nochmals betonen - auf einen sehr langen Zeitraum, vom 3. Jahrhundert v. Chr. bis zum 15. n. Chr. Der Buddhismus gab nur den Anstoß, die Fortbildung erfolgte unter der wiederhergestellten Herrschaft des Brahmaismus und dauerte bis in die Zeit der mohammedanischen Eroberer hinein.

Fremde Einflüsse auf die altindische Bauweise. Ich habe vorhin auch von einem persisch-indischen und griechisch-indischen Stile gesprochen. Dies ist so zu verstehen, daß die altindische Baukunst für Einzelheiten die Bauformen der Perser und Griechen übernahm. Am deutlichsten zeigt sich dies bei den Säulen. Die Bauten aus der Zeit von 500-300 v. Chr. weisen Säulen auf mit einem glockenförmigen Kapitäl, welchem noch ein Tierpaar aufgesetzt ist, und stufenförmigen Säulenfuß, also ganz die persische Form. Seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. wurden dann namentlich im nordwestlichen Teile die griechischen Säulenformen mit Vorliebe verwendet. Auch sonst noch wurden manche Eigenheiten der griechischen Kunstweise übernommen, welche vor allem den guten Einfluß übte, daß der Hang zum Ungeheuerlichen und Ausschweifenden etwas gedämpft wurde.

^[Abb.: Fig. 54. Pfeiler aus dem sog. Pferdehofe der Pagode von Siringham.

Die Schäfte werden von Reitern und Tiergestalten gebildet. (Nach Photographie.)]

^[Abb.: Fig. 55. Indo-korinthisches Kapitäl.

Sog. Elefanten-Kapitäl.]