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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

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Hochasien.

das Festland bereits beherrschte. Sicher ist ja, daß die chinesische Bronzebearbeitung ihre weitere Ausbildung unter dem Einflusse des Buddhismus (vgl. Indien) erlangte, welcher erst ungefähr um 50-60 nach Chr. in China Verbreitung fand.

Die zweite den Chinesen eigentümliche Kunst ist die Bearbeitung des Porzellans, das aber frühestens im 7. Jahrhundert nach Chr. - wahrscheinlicher erst im 9. - erfunden wurde. Daraus erhellt wohl zur Genüge, daß die eigen-chinesische Kunst nicht so "uralt" ist, wie man häufig glaubt.

Eigentümlichkeiten des chinesischen Kunstgewerbes. Die Eigenart der chinesischen Arbeiten in Bronze und Porzellan läßt sich in Kürze kennzeichnen. Die ältesten Bronzegeräte zeigen in der Verzierung geometrische Muster, dann wurden Formen von Bergen und Wolken und abenteuerlich gestalteten Tieren (Drachen) verwendet. Die Vorliebe für solche Ungetüme blieb bis heute. Mit dem Eindringen des Buddhismus kamen indische Einflüsse zur Geltung, erst jetzt wurden auch Pflanzenformen und menschliche Figuren in der Verzierung verwertet. Die ohnehin vorhandene Neigung der Chinesen zu seltsamer phantastischer Linienführung wurde durch die indischen Muster noch verstärkt; der Zug nach Naturtreue, welcher sonst bei anderen Völkem immer auftritt, blieb den Chinesen fremd. - Man kann es geradezu als das "Gesetz" der eigen-chinesischen Kunst bezeichnen, daß die Formen von der - oft ausschweifenden - Einbildungskraft launenhaft gestaltet werden müssen. Alle Vorbilder aus der Natur werden umgeformt (stilisiert). Vom 15. Jahrhundert nach Chr. an nahmen auch islamitische Muster - hauptsächlich persische - auf die Bronzearbeiten Einfluß, und in die Folgezeit fällt daher auch die größte Entwicklung dieses Zweiges der Kunst, besser gesagt: Kunstgewerbes.

Was die Porzellanarbeiten anbelangt, so ist die Art derselben durch echte Stücke und Nachahmungen bei uns hinlänglich bekannt, so daß ich nicht viel darüber zu sagen brauche. Nicht die künstlerische Behandlung, sondern die hochentwickelte Arbeitsfertigkeit ist es, was diese Erzeugnisse bemerkenswert macht. Die sorgfältige, peinlich genaue Ausführung, eine ausgetüftelte Sauberkeit einerseits, eine krause Mannigfaltigkeit von Einzelheiten und seltsame Verschnörkelung andererseits, kennzeichnet sowohl die Porzellansachen, als auch die anderen Erzeugnisse der Kleinkunst, die Schnitzereien aus Elfenbein, Bambus und Stein, die Schmucksachen u. dgl. (Siehe Tafel: "Kunstgewerbe des Altertums".)

Chinesische Malerei. Mehr als durch ihre Formen wirken die Porzellanarbeiten durch die Bemalung, und da schon die ältesten sich in dieser Beziehung auszeichnen, so deutet dies auf eine frühe Entwicklung der Malerei hin. Es wird berichtet, daß schon im 3. Jahrhundert v. Chr. auf Bambusplatten und Seidenstoffen gemalt wurde - auch Bildnisse von Personen -; in Schwung kam aber diese Kunst erst nach der Erfindung des Papiers (105 n. Chr.). Darstellungen aus dem gewöhnlichen Leben scheinen im Anfang bevorzugt worden zu sein, erst durch den Buddhismus wurden auch religiöse Vorwürfe eingeführt, und von dem 7. Jahrhundert n. Chr. trat die Landschaftsmalerei in den Vordergrund.

^[Abb.: Fig. 61. Chinesische Halle von den Minggräbern.

(Nach Photographie.)]