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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die hellenische Kunst

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Die hellenische Kunst.

Von großem Wert ist dieses Werk deshalb, weil es durch seine schöne Ausführung vermuten läßt, daß es ein ursprüngliches Werk, d. h. keine spätere Nachbildung ist.

Mediceische Aphrodite und Aphrodite von Syrakus. Die Weiterbildung der Aphrodite des Praxiteles in der sogen. hellenistischen Kunst (s. S. 118) ist die mediceische Aphrodite, deren Kopf ich in Fig. 144 zum Vergleich mit Fig. 142 gebe. Das Hoheitsvolle ist schon einem sinnlicheren Zug gewichen. Die Schönheit des Fleisches zu schildern ist auch die Absicht des Künstlers der Aphrodite von Syrakus gewesen, deren schönen Rücken ich in Fig. 145 gebe.

Aphrodite von Melos (Seite 137). Alle diese Werke werden jedoch durch die Aphrodite von Melos übertroffen (auch die Nachbildung der Praxitelesschen, wenigstens in der vollendeteren Handfertigkeit). Diese Aphrodite zählt zu den berühmtesten "Antiken", doch ist über die Zeit ihrer Entstehung nichts genaues bekannt, so daß man bald die Zeit und den Kreis nach Skopas, bald erst das zweite oder erste Jahrhundert v. Chr. dafür annimmt, jedenfalls entstammt sie der hellenistischen Zeit. Es ist wieder das Reine und Göttliche, welches der Künstler hervorheben wollte, und das, wie in der mediceischen Aphrodite, so auch in einigen anderen, hier nicht abgebildeten Standbildern, namentlich in der sogen. kapitolinischen und am meisten in der Aphrodite Kallipygos verloren gegangen ist.

Aphrodite von Capua. Wie die Aphrodite von Melos zu ergänzen ist, bleibt zweifelhaft, vielleicht ist sie mit ähnlicher Armhaltung zu denken, wie die Aphrodite von Capua (Fig. 146), die in den Händen wahrscheinlich einen Schild hielt, in dem sie sich spiegelte. Diese ist die Nachbildung eines Werkes des 4. Jahrhunderts v. Chr. aus dem Kreise um Skopas oder Praxiteles, das vielleicht auch die Anregung zu der Aphrodite von Melos gegeben hat.

Beispiele der Bildniskunst. Nachdem ich in zwei Hauptreihen die Entwicklung der griechischen Standbildnerei im Zusammenhange gezeigt habe, gebe ich in den Abbildungen Fig. 147-156 einige Werke wieder, die das Bild ergänzen sollen, indem sie einzelne beschränktere Gebiete berücksichtigen. Die Abbildungen Fig. 147-151 sollen zeigen, was die griechischen Künstler in der Durchbildung der Köpfe leisteten. Ebenbildnisse in unserem Sinne sind das gewiß nicht, was ja bei den Götterbildern und dem Bilde Homers, das etwa 400 Jahre nach der wahrscheinlichen Lebenszeit des Dichters entstand, auch selbstverständlich ist. Es sind eben Verkörperungen der Vorstellungen, die sich die Künstler von diesen Wesen machten, in denen sich alle Eigenschaften, die Dichtung und Ueberlieferung den Dargestellten gaben, wiederfinden sollten.

Zeus von Otricoli. Zeus (Fig. 147) ist deshalb als das Urbild der kraftvollsten Männlichkeit und göttlichen Hoheit dargestellt. Mächtiges Kopf- und Barthaar umwallen die gewaltigen Gesichtszüge, aus denen Weisheit, Milde und Ernst sprechen. Der Kopf, der zu Ende des 18. Jahrhunderts in Otricoli gefunden wurde, ist wahrscheinlich die

^[Abb.: Fig. 171. Standbild des Antinous.

Neapel, Museo Nazionale.]