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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die hellenische Kunst

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Die hellenische Kunst.

Beispiele der Flachbildnerei. Gemeinsam mit der Entwicklung der Rundbildnerei bildete sich auch das Flachbild zu höchster Vollendung aus. Seiner ganzen Art nach war es vornehmlich zum Schmuck von Bauten geeignet, und diese Verwendung behielt es hauptsächlich auch dann noch, als die Rundbildnerei sich völlig aus der Abhängigkeit von der Baukunst gelöst hatte. Wir finden deshalb viele Flachbilder als Zierde einzelner Bauteile, wie z. B. der Metopen oder der Wände der Zelle u. s. w., die meist mit zusammenhängenden Darstellungen geschmückt wurden. Ueber den Stil der Flachbilder ist zu sagen, daß bei den Teilen, die aus der Ferne wirken sollten, z. B. bei den Metopen, naturgemäß ein größeres Heraustreten aus der Fläche (um kräftigere Gegensätze zwischen Licht und Schatten zu erhalten) nötig war, als bei dem aus größerer Nähe zu betrachtenden Schmuck der inneren Gebäudeteile. Eine andere Anwendung fand das Flachbild in den Gedenkpfeilern (Grabstelen), die an den Gräbern errichtet wurden und Bildnisse der Verstorbenen oder Schilderungen des Abschiedes von den Hinterbliebenen enthielten. Für den Schmuck der Metopen gab ich schon in Fig. 92 Beispiele vom Tempel zu Selinunt, die wohl die ältesten erhaltenen Darstellungen dieser Art sind.

Grabstelen des 6. Jahrhunderts v. Chr. In Fig. 157 u. 156 gebe ich nun die Abbildungen zweier Grabstelen, die Bildnisse der Verstorbenen enthalten. Die eine (Fig. 157) zeigt den Toten, einen attischen Hauptmann, in voller Rüstung. Das Bild ist wenig erhaben und erst durch kräftige Bemalung wirksam gemacht worden. Einer freieren Darstellung begegnen wir in Fig. 158, die einen Mann in langem Mantel darstellt, der seinem Hunde eine Heuschrecke hinhält. In der Fußstellung versuchte der Künstler schon eine Loslösung von der reinen Seitenansicht, doch gelangte er dadurch, daß er den rechten Fuß von vorn gesehen bildete, zu einer unnatürlichen Verrenkung der Beine. Den Fortschritt der Flachbildnerei zu Beginn des 5. Jahrhunderts zeigt die Metope vom Tempel zu Olympia (Fig. 101).

Attische Flachbilder des 5. Jahrhunderts. Zur vollen Entwicklung gelangte das Flachbild jedoch erst in den attischen Werken des 5. Jahrhunderts, deren bedeutendste den Schmuck der Zelle des Parthenon bildeten. Fig. 159 zeigt ein Flachbild, das unter der Bezeichnung "die eleusischen Gottheiten" bekannt ist und Demeter, deren Tochter Persephone und den jugendlichen Dionysos darstellen soll. Wahrscheinlich ist es etwas früher entstanden als der Schmuck des Parthenon, doch entstammt es dem Kreise des Phidias. Die Gewänder sind schon sehr schön, doch zeigen sie noch eine gewisse Befangenheit, wie auch die ganz regelmäßig gebildeten Haare. Wirklich

^[Abb.: Fig. 176. Eherne Wölfin.

Rom, Kapitol.]

^[Abb.: Fig. 177. Chimäre.

Florenz, Museo Nazionale.]