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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Byzantinische Kunst

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Byzantinische Kunst.

In kühner Weise erscheint diese Aufgabe gelöst bei dem bedeutendsten Bauwerk byzantinischer Art, der Sophienkirche in Konstantinopel. Hier schließen sich nämlich auf der Altar- und Eingangsseite an die Hauptkuppel zwei mächtige Halbkuppeln an, welche auf den Mittelpfeilern und zwei schwächeren, nächst den Seitenmauern enger gestellten Pfeilern aufruhen. Dadurch gewann das Mittelschiff die Gestalt einer Ellipse, an die unmittelbar sich die Altarnische anschloß.

In anderen Fällen begnügte man sich damit, das Mittelschiff vor und hinter der Kuppel mit hochgespannten Tonnengewölben, die Seitenräume mit Kreuzgewölben zu decken.

Byzantinische Säulen. Die Hauptträger der Last der Gewölbe und Kuppeln waren die massigen Pfeiler, neben welchen zur Unterstützung und zur schmuckhaften Ausgestaltung des Raumes Säulen - in Reihen oder in Halbkreisen, oft zweireihig übereinandergestellt - angeordnet wurden. Die Knaufform ist teilweise noch die korinthische und römische (Kompositkapitäl); erstere mit zierlicherer Behandlung des Blattwerkes, die mehr an die Antike erinnert, letztere durch stärkeres Hervortreten des Blattwerkes und Verkleinerung der Schneckengewinde abgeändert.

Der eigentlich byzantinische Knauf besteht jedoch in dem nach unten abgeschrägten Würfel, auf dem noch ein zweiter Aufsatz ruht. Die vier Seiten des Knaufes sind mit eingemeißeltem Blatt- und Rankenwerk, bisweilen auch mit einfacherem Linienzierwerk oder figürlichen Flachbildnereien bedeckt. Diese byzantinische Knaufform erscheint wohl klotzig und derb, entspricht aber der Aufgabe, die schwere Last der Bogen und Gewölbe zu tragen.

Weitere Einzelheiten. Im Innern wurden die byzantinischen Kirchen reich geschmückt, namentlich mit Mosaiken auf Goldgrund und durch Verkleidung der Wände mit verschiedenfarbigen Marmorplatten. Auch das Aeußere war prunkvoller gestaltet als bei den Basiliken. Die Mauern wurden aus Ziegeln in Schichten von abwechselnder Farbe ausgeführt, die Fenster sind mit Rundbogen überwölbt, bei größeren ist noch eine Säule hineingestellt und erscheinen zwei Bogen; die Thore zeigen einen geradlinigen Sturz mit einem Rundbogen darüber. Die Kuppeln wurden nicht mit einem besonderen Dache überdeckt, sondern zeigten auch nach Außen ihre Rundform, und der auffällige Gegensatz der äußeren Erscheinung der byzantinischen Bauten zu jenen der Basilikaform liegt eben in dem allgemeinen Auftreten und Vorherrschen der runden, geschweiften Linien.

^[Abb.: Fig. 223. Kaiserin Theodora mit Gefolge.

Mosaik in der Tribuna von S. Vitale in Ravenna.]