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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Islamitische Kunst

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Islamitische Kunst.

der die Sarkophage des kaiserlichen Paares enthält, die Kuppel empor. Der indische Name bedeutet "Wunder der Welt", er besagt, daß dieser Bau selbst in dem an Prachtbauten reichen Indien eine hervorragende Stellung einnimmt. Als Baustoff ist in der Hauptsache weißer Marmor verwendet, so daß in der That der Anblick wunderbar sein muß; doch alle Pracht kann nicht darüber täuschen, daß die ganze Kunst, die sich auch in reicher Verzierung der Wandflächen mit Schmuckmustern äußert, nur rein äußerlich ist. Es fehlt der innere Zusammenhang, die folgerichtige Entwicklung eines bestimmenden Grundgedankens und die zur vollen Schönheit notwendige Uebereinstimmung der Formen. Diese passen oft gar nicht zusammen; wie beispielsweise die schornsteinähnlichen Türme an den Ecken der Terrasse zu dem Hauptbau mit seinen wenig geschwungenen Kielbogen und der zwiebelförmigen Kuppel keine Verwandtschaft haben.

Moschee zu Cordova. Einen bedeutsamen Einfluß auf die spätere christliche Kunst hatte die Bauweise des Islam in Spanien, wo sich prächtige Denkmale ihrer Herrschaft bis auf unsere Zeit erhalten haben. Die Moschee von Cordova entstand schon im 8. Jahrhundert, doch erhielt sie ihre jetzige Gestalt durch große Erweiterungsbauten, die bis zum 10. Jahrhundert vorgenommen wurden. Die Anlage ist sehr einfach, sie zeigt das alte übliche Muster, einen von Säulengängen umschlossenen Hof, an den sich die Gebetshalle anschließt. Diese ist mit einem Wald von Säulen (1106, früher über 1200) angefüllt, die in 17 Längsreihen angeordnet sind, so daß das Innere aus 19 Längsschiffen und 35 Querschiffen besteht, wenn man den Ausdruck "Schiff" hierfür gebrauchen darf. Die Säulen sind zumeist römischen Bauten entnommen und haben deshalb überwiegend römische Kapitäle oder rohe Nachbildungen derselben. Auf den Säulen erheben sich als Stützen der Decke Pfeiler, welche in der Längsrichtung durch zwei übereinander liegende Bogen mit einander verbunden sind. Der obere dient mit als Stütze des Daches, während der untere ein Luftbogen ist, welcher durch eine Einziehung an seinen Stützpunkten die Hufeisenform erhält. Fig. 227 zeigt den Blick in den Säulensaal und zwar quer zur Hauptrichtung, so daß die unteren Bogen deutlich sichtbar sind.

Alkazar in Sevilla. Auch von weltlichen Bauten hat sich in Spanien bedeutendes erhalten. So in Sevilla Reste des maurischen Königspalastes "Alkazar", der im 12. Jahrhundert entstanden ist. Fig. 228 giebt den Mittelteil des Aeußeren. Die Bogen haben meist die schon früher erwähnten Einkerbungen. Unter dem vorspringenden Dache zieht sich ein Stalaktitenfries hin; die Mauerflächen sind reich mit Schmuckmustern bedeckt.

Die Alhambra. Der prächtigste maurische Bau in Spanien, ja vielleicht der ganzen islamitischen Baukunst, ist die "Alhambra", eine ehemalige maurische Königsburg (der Name bedeutet "die rote Burg") auf einer Anhöhe bei Granada. Der Bau wurde im 9. Jahrhundert begonnen, jedoch in der Hauptsache erst 1273 vollendet. Die Prachträume, welche die Alhambra hauptsächlich berühmt machten, wurden erst im 15. Jahrhundert vollendet. Die zahlreichen Säle und Gemächer sind um zwei große Höfe, den "Myrtenhof" und den "Löwenhof" geordnet. Aus dem letzteren giebt Fig. 229 eine Probe, welche vornehmlich die eigenartige Säulenbildung erkennen läßt. Die Säulen sind sehr schlank und zierlich, und werden deshalb, sobald sie größere Massen zu tragen haben, in Gruppen zu zweien, dreien oder vieren zusammengestellt. Der Fuß ist ganz einfach mit einer leichten Anschwellung und ein paar Ringen gebildet; der Schaft glatt und unter dem Knauf ebenfalls mit Ringen verziert; der Knauf selbst würfelförmig, unten abgerundet und mit Rankenwerk bedeckt. Auf ihm ruht ein pfeilerartiges Zwischenstück, von welchem dann die mit Einkerbungen oder zapfenförmigen Auswüchsen verzierten Bogen ausgehen.