Schnellsuche:

Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Germanische Kunst

326

Germanische Kunst.

Der Palazzo Foscari, noch besser vielleicht Cá d'oro zeigen diese venetianische Eigenart in reichster Entwicklung. Der berühmte Dogenpalast weicht von derselben erheblich ab, wie er überhaupt eine ganz besondere Stellung einnimmt und mit keinem anderen Werke sich vergleichen läßt.

***

Bemerkungen zu den Abbildungen. Die Bedeutung der Abteikirche von St. Denis (Fig. 277) für die Stilentwicklung ist schon auf S. 280 klargelegt worden. Die Formen der hier abgebildeten Schauseite weisen noch nichts Gotisches auf, sondern zeigen den ausgebildeten romanischen (normannischen) Stil, doch sind an ihr schon wesentliche Grundzüge enthalten, welche für die Schauseite des nächsten Beispieles bezeichnend sind, die fast wie eine Uebersetzung jener von St. Denis in das Gotische erscheint.

Notre Dame in Paris. Ein Vergleich beider Beispiele läßt sofort die augenfälligsten Unterschiede beider Stile erkennen, obwohl an "Notre Dame" (Fig. 278) noch nicht völlig die Eigenart des gotischen Stiles zum Durchbruch gekommen ist, da die wagrechten Gliederungen noch zu stark betont werden. Der Unterstock enthält drei reich geschmückte Portale, über welchen sich eine Bogenstellung mit Standbildern der Könige Israels hinzieht.

Das Radfenster des Mittelfeldes ist allen bedeutenderen Bauten der französischen Gotik eigen. Die Fenster der Seitenteile und der Türme sind noch sehr einfach gestaltet; reichere Ausführung zeigen nur die Einzelheiten der oberen Bogenstellung. Der Gesamteindruck ist somit noch ein ziemlich massiger, auch im Innern (Fig. 279) überwiegt das Wuchtige. Die kräftigen Rundpfeiler der Arkaden sind ungegliedert, sie tragen reiche Kapitäle, auf denen die Bogenfüße und die Dienste der Wölbung ruhen. Die auf S. 288 geschilderte Eigenart der Pfeiler kommt erst an den Gewölbeträgern der Vierung und des Chores zum Ausdruck. Der Laufgang nimmt die ganze Mitte zwischen Arkaden und Fenster ein. Letztere sind im Vergleich zu den späteren gotischen Bauten noch nicht bedeutend entwickelt. Ueberhaupt hat das Auflösen der Mauermassen an "Notre Dame" sowohl im Aeußern wie im Innern durchaus nicht in dem Maße stattgefunden, wie es späterhin geschieht; es erscheint alles noch wuchtig und festgefügt.

Hauptkirche zu Chartres. Das Gleiche ist der Fall bei dem nächsten Beispiele (Fig. 280). Die Schauseite ähnelt sogar durch ihre Einfachheit und durch die angewendeten Rundbogen sehr romanischen Bauten. Auch der südliche Turm hat noch wenig von gotischer Eigenart - der nördliche entstand erst im 16. Jahrhundert -, aber es ist doch schon das Aufstreben durch das Ueberwiegen senkrechter Gliederungen stark betont und in dem hohen, schlanken Dachhelm des Turmes kräftig zum Ausdruck gebracht. Eigentümlich ist die Anlage der drei Portale, die nicht wie sonst üblich vor Seiten- und Mittelschiff, sondern nur vor letzterem liegen. Im Jahre 1145 wurde der Bau, und zwar an der Schauseite begonnen und diese auch noch im 12. Jahrhundert vollendet. Das Langhaus und die übrigen Teile wurden erst im dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert aufgeführt.

Hauptkirche zu Amiens. Sahen wir in den genannten Bauten Vertreter des Ueberganges von der romanischen Richtung zur Gotik, so erscheint bei der Hauptkirche zu

^[Abb.: Fig. 313. Inneres von S. Maria Novella in Florenz.]