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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die Zeit der "Renaissance"

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Die Zeit der "Renaissance".

Das größte Werk seines Lebens schuf Donatello während seines Aufenthaltes in Padua in dem Reiterstandbilde des Gattamelata, womit er wieder etwas durchaus neues brachte; denn an eine Nachahmung römischer Reiterbilder wird man nicht denken können, wenn man sieht, wie er jene an Naturwahrheit und Gefallsamkeit übertroffen hat (Fig. 442).

Das Liebliche und Zarte fand in Donatello keinen Schilderer; selbst nicht in seinen Kinderdarstellungen (z. B. in seinem berühmten Kinderfries) (Fig. 443), vielleicht mit Ausnahme des reizenden kleinen Bronze-Amors in Florenz.

Bezeichnend überhaupt ist für Donatello, daß er das Hauptgewicht auf die Ausbildung der körperlichen Erscheinung legt, und darum gelingt ihm der Ausdruck solcher innerer Vorgänge am besten, welche sich im Aeußeren kräftig kund geben. (So drückt er das Schwärmerische der Büßer durch skelettartige Magerkeit aus.) Das Seelische, feinere Gefühle und Stimmungen, vermag seine Formensprache noch nicht klar wiederzugeben.

Die Robbia. Die Kunst nach dieser Seite zu ergänzen fiel den Robbia zu. Der Ruhm dieser Künstlerfamilie wurde hauptsächlich durch eine besondere Gattung von Werken, nämlich die farbig glasierten Flachbilder aus gebranntem Thon verbreitet. Luca della Robbia hatte die Anwendung der farbigen Glasur (anstatt der Bemalung) erfunden, deren Feinheit die Durchbildung auch der zartesten Formen gestattete, während ihre Unverwüstlichkeit ein weiterer, nicht geringer Vorzug war. Den Hauptinhalt der Darstellungen bildete die Madonna, das Kind im Arm haltend oder es anbetend. Diese Werke erscheinen zumeist anspruchslos und dienten vornehmlich schmuckhaften Zwecken; aber gerade diese maßvolle Einfachheit, das Gefühl für den rein-bildnerischen Stil erhöht ihren Wert; auf malerische "Wirkung" wird ebenso verzichtet, wie auf Gestalten-Fülle und reiche Bewegung. Aus innigem Naturgefühl auch eine innige religiöse Stimmung zu entwickeln, darin lag ihre Aufgabe und ihr Reiz.

Der Begründer dieser Schule war Luca della Robbia, welcher zwar Donatellos alles bezwingende Kraft nicht besaß, dafür aber mit seinem Sinn seine Fähigkeiten nach der vorhin gekennzeichneten Seite auszubilden verstand. Ich gebe hier als Proben ein Gegenstück zu Donatellos Kinderfries, ein Flachbild von der Sängertribüne (für den Dom zu Florenz bestimmt, jetzt im Museum dell' Opera), und eine Madonna mit Kind (Fig. 444 u. 445).

Der feinsinnigste Vertreter der Robbia-Schule ist Andrea, der Neffe Luccas, welcher über die ausgereifte, von edelstem Schönheitsgefühl durchdrungene Formgebung des Cinquecento bereits verfügt. Obwohl dieser mit größerer Vervollkommnung in der Stoffbehandlung sich auch an größere Aufgaben wagt, sind doch seine kleineren Werke die besten. Dazu gehören z. B. die Wickelkinder von der Halle des Findelhauses in Florenz (Fig. 446), ein Werk, welches wohl an Anmut nicht zu übertreffen ist. Von seinen größeren Arbeiten gebe ich hier noch die Heimsuchung als Gegenstück zu Donatellos Verkündigung, welche die Verschiedenheit und doch auch vorhandene Aehnlichkeit beider Meister zeigen soll (Fig. 447).

^[Abb.: Fig. 457. Rustici: Predigt des hl. Johannes.

Florenz. Taufkapelle.]