Schnellsuche:

Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die Malerei des 16. Jahrhunderts

531

Die Malerei des 16. Jahrhunderts.

haftigkeit und seinem Lerneifer bemühte er sich in der That, auf diesem Felde heimisch zu werden und auch wirklich etwas zu leisten. Zuletzt wurde er auch noch mit der Leitung der Ausgrabungen des alten Roms betraut und dieses Geschäft brachte ihm im vollsten Sinne des Wortes den Tod, denn er zog sich dabei ein Malariafieber zu, dem der übermäßig angestrengte Körper erlag.

Zu den gewissermaßen "außerordentlichen" Arbeiten zählen auch noch die Entwürfe zu den für die sixtinische Kapelle bestimmten Wandteppichen (Gobelins), welche Vorgänge aus dem Neuen Testamente darstellen. (Nach diesen Zeichnungen hergestellte Teppiche sind in mehreren späteren Wiederholungen vorhanden.) Ferner gehört dahin der Auftrag, die Laubengänge (Loggien) des Vatikans mit Gemäldeschmuck zu versehen. Raphael scheint hier nur den Grundgedanken für das ganze umfängliche Werk gegeben und Anordnung wie Aufbau der einzelnen Gemälde festgestellt zu haben; die Ausführung erfolgte unter seiner Ueberwachung von Schülern, und sind hauptsächlich Giulio Romano, Penni, Pellegrino und Pierino del Vaga dabei beteiligt.

Selbst in der Bildnerei hatte sich Raphael zu beteiligen veranlaßt gesehen; der Jonas in der Kirche S. Maria del Popolo wurde unter seiner Leitung (von Lorenzetto) ausgeführt und man kann an dieser Gestalt ersehen, wie er seine malerische Auffassung auf das Bildnerische übertrug.

Kurz vor seinem Tode hatte Raphael sich entschlossen, durch ein eigenhändiges Werk mit einem Mitbewerber sich zu messen, der einerseits aus der Schule Michelangelos, andererseits aus seiner venetianischen Heimat tüchtige Eigenschaften mitgebracht hatte. Es war dies Sebastiano del Piombo, der mit seiner "Auferweckung des Lazarus" Aufsehen erregt hatte. Michelangelo soll selbst an der Zeichnung mitgearbeitet haben und was die Farbe anbelangt, so zeigt das Bild jene satte Kraft und Lichtfülle, in welcher die Venetianer sich auszeichneten. Das von Raphael geplante Gegenstück sollte die "Verklärung Christi auf dem Berge Tabor" (genannt Transfiguration) werden und mit diesem Werke war er beschäftigt, als ihn der Tod überraschte, so daß er es unvollendet hinterlassen mußte. Der Aufbau des Ganzen ist großartig gedacht; die oberste Gruppe - Christus zwischen zwei Aposteln - ist auch ganz in der eigenen Weise Raphaels empfunden; die unterste dagegen mit ihrer überaus bewegten Lebendigkeit hat einen fremden Zug, und man glaubt zu fühlen, daß der Meister bereits von einer seinem künstlerischen Wesen nicht entsprechenden inneren Unruhe ergriffen war.

***

Fra Bartolomeo. Lionardo und Raphael waren fast gleichzeitig dahingegangen, Michelangelo hatte seine Malthätigkeit eingestellt und so wäre nach 1520 in Rom und Florenz das Feld gänzlich den "Schülern" und Nachfolgern jener Meister überlassen geblieben, wenn nicht an letzterer Stätte noch eine Gruppe von Künstlern sich erhalten

^[Abb.: Fig. 530. Raphael (Lorenzetto): Jonas.

Rom. St. Maria del Popolo.]