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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts

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Die Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts.

Nach Schlüters Abgang wurde dessen Nebenbuhler und ärgster Widersacher, Eosander, Leiter des Schloßbaues, an dem er die westliche Schauseite vollendete. Er stand weit mehr als Schlüter unter dem Einflusse der Italiener und sah in der Antike das unerreichte Vorbild. Er bekämpfte daher auch die malerischen Neigungen Schlüters, forderte Einfachheit und Ruhe, obwohl er in seinen eigenen Werken von diesen Grundsätzen abwich und die barocke Schmuckweise anzuwenden keineswegs verschmähte. Seine bedeutendste Leistung ist der Umbau des Charlottenburger Schlosses mit der Orangerie, dessen innere Einteilung und Ausschmückung weitaus mehr für seine künstlerische Begabung spricht, als das Aeußere, das zwar gut abgewogene Verhältnisse zeigt, aber im ganzen ziemlich nüchtern erscheint.

Nachdem auch Eosander (1713) Berlin verlassen hatte, kam die "französische Schule" wieder oben auf, zumal sie in Jean de Bodt einen im Entwerfen und in der Formbehandlung gewiegten Vertreter hatte. Daran änderte auch der Umstand nichts, daß Friedrich Wilhelm I. alles Französische haßte und das Niederländische bevorzugte, denn die heimischen Baumeister waren eben schon ganz jener Schule anheimgefallen, die jetzt freilich immer mehr verflachte.

Sachsen. Ehe ich in der Schilderung der Kunstverhältnisse Preußens fortfahre, muß ich jener Sachsens gedenken, wie sie im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts bestanden.

Im Jahre 1694 war Kurfürst Friedrich August I. - bekannter unter den Namen August der Starke - zur Herrschaft gelangt, ein lebensfroher prachtliebender Herr, selbst auch künstlerisch veranlagt und insbesondere im Bauwesen bewandert und schöpferisch. Leider hatte ihn der Glanz der polnischen Königskrone verlockt, die besten Kräfte seines Landes für diese zu opfern, sonst wäre vielleicht Dresden mit Bauten beglückt worden, wie selbst Paris sie nicht besah. So kam von all den großen Plänen verhältnismäßig nur wenig zur Ausführung, immerhin noch genug des bleibenden Ruhmes Würdiges.

Das Schloß zu Dresden war 1701 größtenteils abgebrannt, und August beschloß dessen Erneuerung in großartigstem Prachtstile. Die Pläne hierzu lieferte ein Einheimischer, Mathäus Daniel Pöppelmann (1662-1736), ein Künstler von außerordentlicher Begabung, für dessen Bedeutung mehr noch als die wirklich vollendeten Bauten die zahlreichen Entwürfe für das Dresdener Schloß zeugen, die noch in dem Archive vorhanden sind. Etwa zehn solcher liegen vor, welche in der Zeit von 1705-1710 entstanden und an denen der König-Kurfürst selbst mitarbeitete. Einige derselben sind von einer Großartigkeit, welche alles übertroffen hätte, was jene Zeit hervorbrachte; leider kamen sie nicht zur Ausführung, da die Mittel hierzu fehlten. Man mußte schließlich mit Bescheidenerem sich begnügen und die Pläne vereinfachen. Das Ergebnis war der Bau des Zwingers, der 1711 begonnen wurde. Der Grundriß stellt ein Rechteck dar, dessen Schmalseiten seitwärts gebaucht und halbkreisförmig geschlossen sind; an den Ecken erheben sich Pavillons, die Achsen enden in

^[Abb.: Fig. 631. Gloriette in Schönbrunn.

Wien.]