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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts

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Die Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts.

Schönheit der einzige richtige sei, so warf man sich nun mit Feuereifer auf das Studium der aus den Tiefen der Erde wieder zu Tage getretenen Vorbilder. Die Regeln und Formeln der Akademiker verloren nun alles Ansehen, aber auch das Rokoko erschien als eine Verirrung des Geschmackes, nachdem man aus dem Wandschmucke in den Ruinen Pompejis ersehen hatte, wie von den "Alten" die Zierkunst ausgebildet worden war.

Es bedurfte allerdings noch einiger Zeit, bis diese Studien auch in Werken ihren Ausdruck fanden, man arbeitete vorläufig noch in der bisherigen Weise fort, jedoch schon unsicher in dem Bewußtsein, daß ein Umschwung notwendig eintreten müsse. Den ersten Versuch, die nun erkannten Formen der wahren Antike einzuführen, wagte Jaques Soufflot (1709-1780) mit der Kirche der hl. Genovefa, seit der Revolution Pantheon genannt. Das Aeußere wie das Innere dieses Baues ist von gleich mächtiger Wirkung. Er ist in Form eines gleicharmigen Kreuzes angelegt, auf der Westseite befindet sich eine Vorhalle mit 22 korinthischen Säulen von 25 m Höhe, über der Vierung baut sich die 83 m hohe Kuppel auf, deren Trommel ein korinthischer Säulengang umgiebt. Ebensolche Säulenstellungen trennen in allen vier Armen Seitenschiffe ab, über welche Emporen sich hinziehen. Die Kuppel hat drei übereinander gestülpte Gewölbe, durch die Oeffnung der untersten blickt man auf die Gemälde der oberen (Fig. 640 u. 641).

Die Tage des akademischen Klassizismus und des Rokoko waren vorüber, die "hellenisch klassische" Richtung trat ihre Herrschaft an.

Zum Schlusse muß ich noch eine Bemerkung anfügen, betreffend die in Frankreich übliche Bezeichnung der Stilrichtungen dieses Zeitraumes. Man pflegt jene, als deren Hauptvertreter Perrault gelten kann, den "Stil Louis XIV." zu nennen; die durch das Auftreten Oppenorts und Meissoniers gekennzeichnete den "Stil der Regentschaft"; die hauptsächlich von Hardouin-Mansart angebahnte, den "Stil Louis XV", und die letzterwähnte als "Stil Louis XVI". Die Bezeichnung Rokoko ist nur zutreffend anwendbar auf die Zierkunst in den inneren Räumen, das eigentliche Wesen desselben kommt in der Bauweise nicht zum Ausdruck.

^[Abb.: Fig. 645. Königl. Palast (Stadthaus) in Amsterdam.]