Schnellsuche:

Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts

693

Die Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts.

Sachsen. Das deutsche Reich besaß zwar zu Ausgang des Jahrhunderts in Kaiser Rudolf II. einen kunstliebenden und -verständigen Fürsten, dessen Gunst jedoch der Malerei gewidmet war und dessen Einfluß so ziemlich auf Böhmen, wo er hauptsächlich lebte, beschränkt blieb. Unter den deutschen "Staaten" spielte damals Sachsen die bedeutendste Rolle und hier finden wir, wie in der frühromanischen Zeit eine hervorragende Pflegestätte der Kunst, jedoch nicht der heimischen, sondern der fremden. Das prunkvolle Denkmal des Kurfürsten Moritz von Sachsen zu Freiburg ist von Niederländern und Italienern ausgeführt und nur die kleineren Erzplatten dürften von sächsischen Meistern herrühren, unter denen der Erzgießer Wolf Hilger einen guten Ruf genoß. Von diesem stammt das Grabmal Herzog Philipps von Pommern, welches bereits den malerischen Stil der neuen Zeit zeigt. Noch mehr tritt dieser hervor in der Kanzel des Domes zu Magdeburg (Fig. 661) von Christian Kapuz (um 1595).

In den anderen Gegenden Norddeutschlands finden wir auch manche Werke - namentlich Grabmäler - aus dieser Zeit, welche im Ganzen tüchtig gearbeitet sind aber sonst keine besondere, für die Kunstentwicklung bedeutsame Eigenart aufweisen.

Nürnberg. Unter den süddeutschen Städten litt Nürnberg in dieser Zeit an einem empfindlichen Rückgang seines Wohlstandes, während Augsburg in die Höhe kam. Die Nürnberger Kunst wurde dadurch natürlich auch stark in Mitleidenschaft gezogen, wohl ging die erlangte Schulung und Fertigkeit den Bildnern nicht so rasch verloren, aber es fehlte der künstlerische Schwung und sie gerieten allmählich ins Handwerkmäßige. Der Tugendbrunnen, 1589 von Benedikt Wurzelbauer angefertigt, läßt erkennen, wie weit man bereits den fremden Einflüssen nachgegeben hatte; von malerischer Zierlichkeit im Ganzen, zeigt er in den Gestalten der Tugenden schon den Mangel an ursprünglicher Kraft und man braucht sie nur mit jenen des Schönen Brunnens zu vergleichen, um den großen Unterschied zwischen der kerndeutschen Eigenart der "gotischen" Bildnerei und der verbildeten dieser Zeit zu ersehen (Fig. 662).

Augsburg. Augsburg, welches an Reichtum Nürnberg überholt hat, schmückt jetzt seine Plätze mit prächtigen Brunnen aus Erz, läßt sie aber nicht von den heimischen Gießern, sondern von Niederländern - Hubert Gertrud und Andrian de Vries ^[richtig: Adriaen de Vries] - entwerfen, welche ihre Bildung meist in Italien genossen hatten und sich der Richtung des Giovanni da Bologna anschlossen. Die sorgfältige und naturwahre Durchbildung der Körperformen, die lebensvolle Bewegung der Gestalten und der malerische Aufbau der Gruppen lassen diese Werke - die zugleich als Zeugnisse für die

^[Abb.: Fig. 666. Grabmal des Markgrafen Karl in Pforzheim.]