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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts

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Die Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts.

von Lodovico, der aber doch als eine mehr abgeklärte künstlerische Natur erscheint und mit feinsinnigem Verständnis für Erhabenheit und Größe in seinen kirchlichen Bildern eine tiefe Wirkung zu erzielen wußte.

Guido Reni. Die von den Caraccis angebahnte Richtung fand hauptsächlich durch zwei Schüler derselben eine weitere Verbreitung, weil diese mit erstaunlicher Handfertigkeit eine Fülle von Werken schufen, so daß man solchen in zahllosen Orten Italiens und in allen Sammlungen begegnet. Der bekanntere und beliebtere der Beiden ist Guido Reni (1575-1642); an künstlerischer Kraft überlegen ist ihm jedoch Domenico Zampieri, genannt Domenichino (1581-1641).

Reni hatte seine hohe Begabung schon in einem Jugendwerke, dem berühmt gewordenen Bildnisse der Beatrice Cenci erwiesen, welches ihn bereits als selbständigen Meister zeigt, der nicht blindlings die Wege der Schule wandelt. In Rom bildete er sich durch eifriges Studium der Antike aus, welche er mehr als die Caraccis in seinen Arbeiten berücksichtigte. Damit bereicherte er seine Kunstweise mit einem neuen Grundzug, den er in einem anderen "berühmten" Werke, der sogenannten "Aurora" (Morgenröte), glücklich verwertete. (Fig. 671.) Das Bemühen, "ideale", d. h. urbildlich schöne Gestalten im Geiste der antiken Auffassung zu geben, tritt hier deutlich hervor; es vereinigt sich mit gutem Verständnis für die Natürlichkeit der Bewegungen und einer malerischen Farbengebung, so daß dieses Bild in der That den hohen Reiz der Anmut besitzt, der seine Wirkung nicht verfehlt. Den Zug solch' anmutiger Behandlung der Form und Farbe findet sich auch in einer Reihe gleichzeitig entstandener Gemälde: bald aber artete er in eine gewisse Süßlichkeit aus, die unwahr wirkt. Ueberdies begann Reni jetzt die Zeichnung zu vernachlässigen und - was bei der Massenerzeugung nicht verwunderlich ist - oberflächlich und schleuderhaft zu arbeiten. Immerhin sind auch unter seinen späteren Werken noch manche, in denen sich eine tiefere Empfindung mit sorgfältiger Ausführung paart, und bei welchen daher auch die Schönheit reiner zum Ausdruck kommt. Freilich ist diese immer eine etwas weichliche, fast weibische, selbst in den Darstellungen männlicher Idealgestalten. Darin mag auch die Erklärung dafür liegen, daß er in der Zeit, in welcher an Stelle wahrer kräftiger Empfindungen die Rührseligkeit trat, so hoch geschätzt wurde.

Domenichino. Gegenüber dieser Weichlichkeit Renis erscheint Domenichinos Art von einer bemerkenswerten Kraft und Naturwahrheit. Hatte Jener durch das Studium der Antike sich beeinflussen lassen, so wandte dieser seine Aufmerksamkeit der Natur zu, die er auch im Geiste seines Lehrers Caracci tiefer erfaßte, wie dies die schöne Behandlung des Landschaftlichen in seinen Gemälden zeigt. Seine Hauptthätigkeit entfaltete er in religiösen Bildern, deren sich in Bologna, Rom und Neapel genug finden. Besser als die weiblichen Gestalten gelangen ihm die männlichen, bei denen er nicht nur im Körperlichen, sondern auch in der Wiedergabe des Seelischen eine treffliche und sichere Gestaltungsgabe beweist. Wie selbst seinen weiblichen Figuren ein Zug des Männlichen anhaftet, läßt seine Sibylle erkennen. Diese ist für seine Art ebenso bezeichnend, wie die "Jagd der Diana" hinsichtlich der Auffassung der Landschaft, und die sogenannte "Communion des heiligen Hieronymus," welches wohl das beste seiner religiösen Bilder ist. In der Farbengebung

^[Abb.: Fig 674. Salvator Rosa: Strand.

Florenz, Galerie Pitti.]