Schnellsuche:

Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts

721

Die Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts.

verwandte: nämlich bei Ausschmückung öffentlicher Gebäude, nahm man in Holland Gruppenbilder der leitenden Persönlichkeiten. Das Genossenschaftswesen war ja hier auch stark ausgebildet, neben den Gilden (Zünften) spielten Wohlthätigkeitsgenossenschaften, vor allem aber die Schützengesellschaften eine große Rolle; letztere als Träger der Wehrhaftigkeit des Volkes, das auf seine in schweren Kämpfen errungene Freiheit stolz war. Die Vorsteher ("Regenten") der Gilden und Anstalten, bisweilen sogar ganze Schützengilden ließen sich abkonterfeien und mit solchen Gemälden wurden dann die Versammlungsräume geziert. Man bezeichnet derlei Bilder als "Regentenstücke", und wenn sie ganze Gilden darstellen, als Doelenstücke (sprich Duhlenstücke. Letzteres Wort kommt von Doele = Ziel.)

Der Umstand, daß die Bildniskunst eine so große Rolle spielte, trug am meisten dazu bei, daß die holländische Malerei wieder zu einer volklichen Eigenart gelangte, die sie seit Jan van Scorel nahezu ganz verloren hatte. Die "deutsche" Neigung, fremden Vorbildern mehr zu vertrauen als der eigenen Kraft, trat eben auch bei den Holländern ziemlich stark hervor. An allen Kunststätten, in Amsterdam, Delft, Haag, Haarlem, Leiden, Utrecht u. A. huldigten zu Anfang des 17. Jahrhunderts die Maler der italienischen Richtung und zwar übte den meisten Einfluß auf sie Caravaggio, was leicht zu begreifen ist, da dieser ja auch das gemeine Leben wirklichkeitstreu schilderte.

Honthorst. Als einen bezeichnenden Vertreter dieser ganzen zahlreichen Gruppe hebe ich den Utrechter Gerard van Honthorst (1590-1654) hervor, der auch bei den Italienern in hohem Ansehen stand, welche ihm den Beinamen "Nachtmaler" (Gherardo dalle notti) gaben, weil er für seine Vorgänge meist Beleuchtung mit Kerzenlicht wählte, um dadurch den Gegensatz zwischen tiefen Schatten und grellen Lichtern schärfer hervortreten zu lassen und zugleich auch zu "begründen". Der Holländer fühlte eben, daß die Malweise Caravaggios hinsichtlich der Beleuchtung der Natur nicht entspreche, und seine Wahrheitsliebe suchte daher nach dem Ausweg, das Dargestellte auch durch das künstliche Licht der

^[Abb.: Fig. 689. Rembrandt: Anatomie des Prof. Tulp.

Haag.]