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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts

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Die Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts.

im Sittenbilde leistete er gleich Vorzügliches, hier kommt noch der lebensfrohe Humor dazu, mit dem der sonst vom Glück wenig begünstigte Künstler den Gegenstand auffaßt. Als bezeichnend für seine Malweise ist noch zu erwähnen die Feinheit der Ausarbeitung, die Pinselstriche erscheinen wie mit dem Zeichenstift oder der Radiernadel ausgeführt. Seine Zeit würdigte diese vornehme Kunst nicht in verdientem Maße und der obengenannte van der Helft fand mit seiner mehr nüchternen Wirklichkeitstreue mehr Anklang, als Hals mit seiner künstlerisch freien und daher malerischen Naturauffassung.

Rembrandt. An künstlerischem Vermögen wurde Hals nur von einem Zeitgenossen übertroffen, der an Vielseitigkeit einem Rubens nicht nachstehend, gleich diesem vor Allem "Farbenkünstler" ist: Rembrandt Harmensz van Ryn (1606-1669). Er ist der "größte" Kunstgeist, den Holland hervorbrachte, und einer der größten der Welt überhaupt. Er wurzelt mit seinem ganzen Wesen im heimatlichen Volkstum und seine künstlerische Eigenart ist eine völlig persönliche, von allen Schuleinflüssen freie. In Leiden geboren, hatte er dort, dann in Amsterdam kurzen Unterricht genossen, bei dem er aber kaum mehr als die Anfangsgründe der Handfertigkeit erlernte, denn schon als Knabe ging er seine eigenen Wege und bildete sich durch eifrige Studien nach der Natur selbst aus. Mit 17 Jahren tritt er daheim schon als selbständiger Künstler auf, freilich ohne noch lohnende Aufträge zu finden. Um so mehr konnte er sich seinen Studien hingeben, welche vor allem das "Licht" betrafen; die Form beherrschte er bereits mit der vollen Sicherheit eines "Genies". Wie nun das Körperliche unter verschiedener Beleuchtung zur Erscheinung kommt, dieselbe sich auch in dem ganzen Raum, in dem der Gegenstand dargestellt ist, zur Geltung bringt, darauf richtete sich seine ganze Aufmerksamkeit. Wohl keiner seiner Vorgänger hat sich so gründlich mit den Beobachtungen der Lichtwirkung, mit den vielfältigen Rätsel-Aufgaben der Beleuchtung beschäftigt, wie Rembrandt. Er studierte sie aber in der Arbeitsstube, nicht im Freien; nicht das volle freie Licht in der Natur, sondern dessen Spiel im geschlossenen Raum fesselte ihn. Rembrandt wurde daher der Meister des "Helldunkels", der gegensätzlichen Wirkung scharfer Lichtstrahlen im dämmerigen Raum. In dieser Hinsicht ist seine Kunstweise einseitig, er giebt auch Vorgänge, deren Schauplatz die freie Landschaft ist, in einer Beleuchtung, die nur in geschlossenem Raum denkbar oder natürlich ist. Seine Art hat für eine lange Zeit die ganze Kunst dahin beeinflußt, daß dieses "Werkstattlicht" das

^[Abb.: Fig. 691. Rembrandt: Die Vorsteher der Tuchhändler-Gilde.

Amsterdam. Reichsmuseum.]