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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

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Siedefleisch läßt sich retten, wenn man während des Kochens einige glühende Holzkohlen und eine halbe geschälte Zwiebel beigibt; denn sie Ziehen den Geruch an sich und das Mittel ist durchaus unschädlich. Etwas weniger harmlos ist das Einlegen des Fleisches in frisches Wasser, in welchem man eine winzige Dosis hypermangansaures Kali aufgelöst hat, so daß das Wasser schwach rötlich ist. Das Kali zieht wohl den Geruch an sich; nachher muß das Fleisch aber gründlich in reinem Wasser ausgewaschen werden; denn Kali ist giftig. Das Auslaugen entzieht dasselbe dem Fleisch, aber damit auch einen Teil des Nährwertes. Schlechte Würste aber werden durch keine Behandlungsweise unschädlich und müssen unbedingt beseitigt werden; denn das Wurstgift hat sich bereits entwickelt.

Manchmal hat man Fleisch, das man nicht an einem und demselben Tag kochen oder braten kann. Besonders in kleinen Landgemeinden oder alleinstehenden Gehöften erscheint gewöhnlich nur einmal, höchstens zweimal in der Woche ein Metzger mit frischem Fleische. In Familien, die Landwirtschaft betreiben, kann man das Fleisch in saure Milch einlegen und diese täglich erneuern. So hält es sich 6-8 Tage lang zart und frisch, und die Einlegmilch kann gleichwohl ihren Zweck als Futter der grunzenden Vierfüßler dienen. - Wer nicht über solchen Milchvorrat verfügt, kann das Fleisch in ein enges Geschirr legen, es mit kochendem Wasser übergießen und ein wenig reines gutes Speiseöl oben auf gießen. Das kochend heiße Wasser verschließt die Poren, und das Oel verhindert den Luftzutritt. Soll ein mageres Stück Fleisch auf einige Tage gespart werden, so kann man es in gekochten, gewässerten Essig einlegen und dann einen sog. Sauerbraten daraus bereiten. Zu einem solchen passen Rind-, Ochsen-, Schaf- und Schweinefleisch, Reh, Hasen 2c., jedoch nicht Geflügel und - Kaninchen. Das Fleisch der letztern hat mehr Aehnlichkeit mit Geflügel als mit Hasen. - Soll Fleisch zur Sommerszeit nur für wenige Stunden aufbewahrt werden, so kann dies einfach in einem kühlen Keller, oder wo ein solcher fehlt, im Heizraum des Kachelofens geschehen. Dieser zugige, kühle Ort ist in kellerlosen Wohnungen überhaupt eine gute Speisekammer, auch für Milch, Eier, Fleischbrühe 2c.

Nun gehen wir in die Küche selber. Wir kommen gerade zur rechten Zeit. Ein brenzlicher Geruch sagt uns, daß dem ungeübten Gretchen der Braten angebrannt ist. Zum guten Glück ist keine sehr große Stelle verbrannt; aber doch ist der schöne Saft dahin, und zu einem neuen Braten fehlt die Zeit und - Fleisch, resp. Was nun?

Wir nehmen ihn behutsam aus der Bratpfanne auf einen Holzteller und entfernen mit einem schönen glatten Schnitt mittelst eines sehr scharfen Messers die verbrannte Stelle und mit einem eisernen Schäufelchen den allzu dunkel gewordenen Bratensatz in der Pfanne. Die lichtbraunen Stellen in derselben werden etwas gelöst, dann kommt etwas Fleischbrühe oder Wasser dazu, das man aufkochen läßt. Dann legt man den Braten, die Schnittstelle nach oben, hinein und schiebt ihn nochmals in das Bratrohr. Die angeschnittene Fläche bräunt sich manchmal noch, besonders dann, wenn man ein Stücklein Butter oder ein Scheibchen Speck darauf legen kann. Hilft dies nicht, so dreht man später den Braten um und läßt ihn von der Sauce Farbe annehmen. Letztere hat leider nicht mehr die ursprüngliche Kraft und ist etwas wässerig. Bei Rinds- und Schweinebraten behilft man sich damit, daß man auf dem Herde ein wenig Mehl in Butter röstet, mit Brühe ablöscht und zu der Sauce gibt, event, noch etwas Weißwein beifügt. Bei Kalbsbraten dämpfe man in Butter eine Brotrinde und ein gelbes Rübchen und füge es der Sauce bei, kräftige dieselbe, wenn man kann, mit Zugabe von etwas Rahm, den man noch eine Weile mitkochen läßt. Er verdeckt den Fehler und gibt eine schöne Farbe.

Ist ein Braten an der Oberfläche und der Sauceansatz in der Pfanne ganz verbrannt, so ist die Sache, um mit H. Hansjakobs kritischem Hans zu reden, allerdings "kritisch". Jetzt muß eine neue Bratpfanne genommen werden, sonst zieht sich trotz aller Borsicht der brenzliche Geruch und Geschmack in das Fleisch. Von demselben werden alle verbrannten Stellen weggeschnitten und der Rest in Scheiben geschnitten, mit einer pikanten Sauce aufgekocht. Allerdings bietet diese Veränderung zuweilen Schwierigkeiten hinsichtlich passender Zusammenstellung des Menüs, da in der Regel die Gemüse schon hergerichtet sind.

Bei leicht angebranntem Gemüse gieße man ja kein Wasser nach. Dasselbe würde den "Brandgeschmack" auch den noch unverdorbenen obenliegenden Schichten mitteilen. Vielmehr hebe man so schnell wie möglich das wohlerhaltene oben ab, gebe es in ein reines Gefäß, gieße etwas Fleischbrühe nach und koche es vollends fertig.

Ist ein Hefenbackwerk oder eine Bisquittorte am Boden oder oben an der Decke zu braun, um in der ganzen Gestalt aufgetragen werden zu können, so schneidet man alles Gebräunte ab. Den guten Teil des Backwerks schneidet man in Stücke, schichtet sie lagenweise, mit Eingemachtem gefüllt, auf eine Schüssel und übergießt dieselben mit passender Creme, Weinschaum oder Fruchtgelee.

Im gleichen Fall schneidet man aus den guten Teilen der Bisquittorte kleine Vierecke und glasiert sie mit Chokolade.

Ist eine Suppe versalzen oder soll Salzfleisch weniger salzig schmecken, so spannt man über das in der Suppe kochende Fleisch, resp. über die Suppe eine Serviette, bindet sie fest an das Kochgefäß, daß sie straff angezogen bleibt