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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

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man auch bei Kindern darauf achten. Denn abgesehen vom Beruf kommt jeder im Laufe der Tage mit seinen Händen genügend mit der Umgebung in Berührung, daß Unreinlichkeiten daran haften.

Es gibt ein sehr verbreitetes Vorurteil, das ich öfter auch bei gebildeten Menschen gefunden habe. Sie glauben, daß vieles Waschen besonders mit kaltem Wasser schädlich für Schweißfüße wäre. Das ist nun ganz und gar nicht der Fall. Im Gegenteil gibt es kein besseres Mittel gegen alle die lästigen und üblen Folgen der Schweißfüße, als recht häufiges und gründliches Waschen mit kaltem Wasser und Seife.

Zu der allgemeinen Reinigung gehört auch diejenige des Mundes. Im Speichel wachsen Bakterien in großer Anzahl, auch solche, die Krankheiten erregen und zwar besonders üppig, wenn faulende Speisereste zwischen den Zähnen bleiben. Es werden dadurch nicht nur die Zähne früher schlecht, sondern auch manche Krankheit, wie Diphteritis, Mandelentzündungen und andere können dadurch entstehen. Man sollte daher nach jeder Mahlzeit die Zähne reinigen. Es haben freilich nicht alle Menschen dazu Zeit und Gelegenheit, aber mindestens muß man verlangen und das kann jeder, daß der Mund morgens nach der langen Nachtruhe und abends vor dem Schlafengehen gereinigt werde und zwar nicht allein durch Ausspülen, sondern gründlich mit der Bürste. Dadurch wird man, auch hier wieder ganz besonders bei Kindern, manche Krankheiten vermeiden können. Es ist interessant, zu beobachten, mit welcher Sorgfalt wilde Völkerschaften, die Zahnbürsten nicht besitzen, mit faserigen Holzstücken oder durch Kauen von Holz oder gewissen Blättern ihre Zähne reinigen. Die sogen. desinfizierenden Mundwasser haben nur den Zweck eines angenehmen Reinigungsmittels. Besondere Bakterien tötende Kräfte wohnen ihnen nicht inne, wie das vielfach angepriesen wird. Solche Wasser würden sich auch gar nicht herstellen lassen, da Bakterien immer widerstandsfähiger sind als die Mundschleimhaut und der Körper des Menschen. Flüssigkeiten, die Bakterien wirklich töten, würden auch den Menschen schaden, wenn man sie in den Mund bringt.

Eine Unsitte, die besonders zur Verunreinigung des Mundes führt, ist die sehr verbreitete Gewohnheit, Säuglingen einen zugebundenen Saugpfropfen in den Mund zu stecken, ein greulicher und quälerischer Ersatz für den eben so schädlichen früher gebrauchten Lutschbeutel oder Schnuller. Diese Erfindung haben die Mütter allein aus Faulheit zu ihrer eigenen Bequemlichkeit gemacht, ohne zu bedenken, daß sie den Kindern damit den größten Schaden zufügen. Säuglinge schreien nur, wenn sie Schmerzen haben, wenn sie hungrig sind oder verdauen. Haben sie Schmerzen, so soll man versuchen, diese zu vertreiben. Sind sie hungrig, so soll man ihnen zu trinken geben und schreien sie, um zu verdauen, dann ist ihnen das Schreien nützlich und man soll sie schreien lassen. Schlechte Mütter beruhigen ihre Kinder mit dem leeren Saugpfropfen. Wenn man ihnen diesen wegnimmt, so schreien sie natürlich aus Aerger und Ungezogenheit, an der aber die Mutter die einzige Schuld trägt. Viele Mundkrankheiten, z. B. Schwämmchen und Mundfäule, mancher Magen und Darmkatarrh sind die Folge dieser verwerflichen Gewohnheit.

Es genügt auch nicht, daß man den eigenen Körper rein hält, man muß auch seine Umgebung möglichst säubern, damit man nicht bei jeder Berührung eines Gegenstandes wieder schmutzig wird. Daher ist das Abwischen des Staubes von den Gegenständen ein sehr wichtiger Bestandteil der eigenen Reinlichkeit. Besonders müssen die Koch- und Eßgeschirre sauber gehalten werden. Gerade darin wird viel gesündigt, gewöhnlich dadurch, daß zu wenig Wasser verwendet wird. Es ist ja eigentlich selbstverständlich, daß man in schmutzigem Wasser nichts reinigen kann und doch wird das überaus häufig beim Geschirrwaschen versucht. Das Resultat ist dann, sichtbar oder unsichtbar, daß die Geschirrs schmutzig sind. Am meisten wird darin gesündigt in vielen Restaurationen, Trinkstuben und fast ausnahmslos in unseren Trinkbuden an den Straßen. Ein einziger Bottich mit Wasser muß oft für lange Zeit zur Reinigung der Gläser ausreichen. Es müßte vom hygienischen Standpunkt aus gesetzlich vorgeschrieben werden, daß zum Reinigen der Gläser nur fließendes frisches Wasser benutzt werden darf. Was alles für Krankheiten auf diese Weise übertragen werden, läßt sich gar nicht kontrollieren. Ich will nur das Beispiel anführen, wo Syphilis dadurch übertragen wurde, daß ein Mensch aus einem schlecht gereinigten Bierseidel trank, aus dem vorher ein Syphiliskranker getrunken hatte.

Zur Verunreinigung der Umgebung gehört auch das Ausspucken. Es gibt zwei Arten von Menschen, die spucken. Die einen tun es, weil sie Krankheiten der Schleimhäute haben. Diese müssen spucken. Die andern, und das ist die Mehrzahl, spucken aus Angewohnheit und die brauchen nicht zu spucken. Es gibt ganze Völkerschaften, die mehr spucken als andere, z. B. die Franzosen und Italiener. Das beruht darauf weil sie ihre miserablen Regiezigarren rauchen, von denen sie einen ekelhaften Saft in den Mund bekommen, den sie nicht hinunterschlucken mögen. In der Gewohnheit des Ausspuckens liegt aber viel Liederlichkeit und schmutzige Ungezogenheit. Die Menschen spucken wann und wohin es ihnen gerade paßt. Das ist unnötig und verwerflich. In einem geschlossenen Raum, einer Pferdebahn, einem Omnibus auf die Erde