Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

Schlagworte auf dieser Seite: Braut- und Hochzeitstoiletten

Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Erscheint wöchentlich. Abonnement jährlich Fr. 2.50; als Beilage zum "Schweiz. Familienwochenblatt" gratis. Inserate die kleine Zeile 25 Cts.

Verlag von Th. Schröter, Obere Zäune 12, Zürich.

1903, 14 November. Inhalt: Braut- und Hochzeitstoiletten. - Wenig- und Viel-Esser. - Welchen Einfluß hat der Hausschwamm auf die Gesundheit des Menschen. - Kleine Rundschau. - Ueber den Wert des Kaffees als Frühstücksgetränk. - Hausmittel und Rezepte. - Vermischtes. - Gesundheitspflege. - Handarbeit. - Für die Küche. - Kochrezepte. - Briefwechsel der Abonnenten unter sich.- Blumentische. - Inserate.

Braut- und Hochzeitstoiletten.

Von Wilma von G.

(Nachdruck verboten.)

Es ist eine alte Erfahrung, daß das Bedürfnis des Publikums, Näheres über die herrschenden Modevorschriften für Braut- und Hochzeitstoiletten zu erfahren, niemals größer ist als im Herbst, selbst den "wunderschönen Monat Mai", diesen privilegierten Hochzeitsmonat nicht ausgenommen. Gar manches junge Paar baut sich vor Eintritt des Winters sein eigenes Nest, und jede Braut, auch die einfachste, die wenig Wert auf den unaufhörlichen Wechsel der Mode legt, will an ihrem Ehrentage doch in ihrer Toilette chic erscheinen. Die Brauttoilette paßt sich indeß herkömmlich feststehenden Gebräuchen an, die sich wiederum die herrschende Mode dienstbar machen. Das kommt in erster Linie bei der Wahl des Stoffes für das Brautkleid in Betracht. Es ist kein Fehler, an dem gelblich-weißen Atlas festzuhalten, nur muß dabei die Persönlichkeit berücksichtigt werden. Er paßt für majestätische Figuren, für die Gestalt der älteren, jungfräulichen, voll entwickelten Braut, besser noch für die bräutliche Witwe - niemals aber für die rosige, leicht bewegliche moderne Mädchengestalt, noch weniger für die bleiche, graziös-lässige und überschlanke junge Dame, der man heutzutage häufig begegnet. Für diese beiden Typen der jugendlichen Braut hat die Mode leichte Stoffe bereit: Krepp de Chine, Seidenmull, Chiffon, Voile, Tüll. Sie alle schmiegen sich leicht und gefällig der Gestalt an und gestatten der persönlichen Anmut, ihren individuellen Reiz zu entfalten, der durch die Modegesetze noch hervorgehoben werden soll. Denn der Betonung der Individualität soll die gerade Front, die leicht fließende Flut der Gewandung, ebenso gut dienen, als die volle Bewegungsfreiheit der Reformkleidung. Aus demselben Bedürfnis heraus wählt man für diese leichten Stoffe kein schwer seidenes Unterkleid, fondern einen leichten weißen Tafft, der dem duftigen Oberstoff die nötige Stütze gibt und ihm zugleich erhöhten Seidenglanz verleiht, ohne den Körper wie die schweren Seidenstoffe in starren Falten zu umgeben. Der untere Rockrand des Oberkleides wird durch mehrere leichte Volants, die ihm von innen entgegengesetzt werden, etwas gesteift, der Schleppe des Tafftrockes durch ein Zwischenfutter aus Flanell halt gegeben. Soll das Brautkleid nach der alten Moderichtung gearbeitet werden, so näht man am besten einen Schoßrock, und Blusenform für die Taille. Die Vorderbahn des Rockes bleibt in der Regel glatt, das Schooßteil kann für schlanke Figuren mit wenig Hüftenansatz in Fältchen oder Püffchen gereiht werden. Man tut in diesem Falle gut, über dem Serpentinvolant des Rockes oder bei weit ausfallendem glattem Rock den Volant andeutend, ebenfalls einen Fältchen- oder Püffchenbesatz anzubringen, der diesen in Medaillen- oder Arabeskenform erscheinen läßt. Auch aus der Passe der Taille und der Aermelmanschetten bringt man eine harmonierende Myrtengarnitur an. - Dies Arrangement kann immerhin nur für eine einfache Brauttoilette Giltigkeit haben. Anspruchsvollere werden in den meisten Fällen die oben genannten leichten Seidenstoffe mit Spitzeneinsätzen und Inkrustationen verarbeiten. Selten wird der Stoff glatt gelassen, sondern plissiert oder in genähten Fältchen- oder Karreaumustern mit Spitzeneinsätzen in kunstvollen Medaillon- oder Radmustern (Sol) zusammen verarbeitet. Oft ist der Besatz so reich, daß der Stoff darunter verschwindet, und das Oberkleid wie ein Spitzenüberwurf mit kompliziertem Muster wirkt. Gekrauste Stoffstreifen als Blendenbesatz, auch eingezogene oder plissierte Volants sind mit schmalen Spitzen abzuschließen. Selten wird eine Braut zu all dieser Spitzenverschwendung echt geklöppelte Spitzen oder genähte Points zur Verfügung haben, es werden vielmehr meistens gute Imitationen gewählt, die wie z. B. die Alencons vornehm und edel wirken, ohne zu teuer zu sein. Die Passe des Brautkleides ist in der Regel besonders gearbeitet und dem runden Ausschnitt eingefügt. Sie kann dann bei einer späteren Verwendung des Brautkleides als Ball- oder Gesellschaftstoilette nach Bedürf-