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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

Schlagworte auf dieser Seite: Wenig- und Viel-Esser

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nis leicht herausgenommen werden. - Der Brautschleier aus klarem Seidentüll hat einen ringsumlaufenden, zwei Finger breiten Saum der mitunter mit Anstichen aufgenäht, auch wohl mit einer Spitzenkante umgeben ist. Nötig ist das keineswegs, denn der ganz unverzierte Brautschleier wirkt am besten, selbst ungleich klarer als im echten Spitzenschleier, der gleichwohl ein kleines Vermögen repräsentiert. Der Myrtenkranz ist in der Regel diademartig gebunden und hält den Schleier, der in bauschigen Falten auf dem Scheitel geordnet ist. Der Orangenblütenkranz tritt bei der bräutlichen Witwe an die Stelle der Myrtenkrone und Zweige der Orange werden auch zum Ausputz der Toilette verwandt. - Die linke Hand der Braut im weißen Ziegenlederhandschuh hält das Brautbouquet, das im Gegensatz zu früher ohne Spitzenmanschette gebunden aus blaßrosa oder blaßgelben, halb aufgeblühten Rosen mit schönem Laub besteht. Der Unterrock für die duftige Brauttoilette ist aus Battist gefertigt und bis in Kniehöhe abwechselnd mit Balenciennes-Spitzeneinsätzen und in Fältchen genähten Stoffstreifen besetzt. Er schließt mit einem etwa 15 cm hohen Spitzenvolant ab. Will man schmälere Spitze zu diesem Volant verwenden, so ist es rätlich, dieselbe durch einen klaren Mullstreifen bis zu der genannten Höhe nach oben zu verlängern.

In einfachen Verhältnissen mag die Braut getrost die leichten Seidenstoffe durch klaren Mull ersetzen, in dem auch unsere Vorfahren zum Altar getreten sind. Das seidene Unterkleid wird unter solchen Umständen ebenfalls wegfallen und durch ein klares Mullkleid, das am unteren Rockrand von innen und außen mit Volants gestützt wird, ersetzt. Das Oberkleid kann in gleicher Weise wie die seidene Toilette mit Besätzen aus Spitzenimitationen reich verziert werden. Es gibt nichts Duftigeres als solche Mullkleider, die im Effekt die kostbarste Toilette übertreffen. Auch weiße Wollstoffe ergeben billige und schöne Brauttoiletten. Nur vermeide man gemusterte Phantasiestoffe, die vermöge des unruhigen Dessins schlecht zu dem würdevollen Charakter des Brautkleides passen. Glatter weißer Kaschmir oder noch besser weißes Damentuch lassen sich mit Glück dazu verarbeiten.

Alle übrigen Hochzeitsgewänder unterliegen den Modevorschriften für die Festtoilette. Sie gelten auch für die Brautmutter, die je nach ihrem Alter mittelfarbige oder dunkle schwere Seide oder Halbseide wählen muß. Der Schnitt und der Ausputz ihres Kleides, die Länge der Schleppe, richtet sich nach Alter und Statur der betreffenden Dame, auch nach dem Umfang und Charakter der Hochzeitsgesellschaft. - Für die jugendliche Brautjungfer gibt es nichts Schöneres als eine Reformtoilette. Wir geben die Beschreibung eines besonders schönen Modells. Das Material dazu ist hellblauer Crep de Chine über gleichfarbigen Tafft gearbeitet. Die Taille, sowie die halblangen Aermel sind fein plissiert. Der halbhohe, runde Ausschnitt ist von Spitzeninkrustationen begrenzt. Der Rock ist unter einem gürtelartigen, geschweiften Jäckchen aus etwas dunklerem Sammt angesetzt, das mit sein abgetönter Seidenstickerei verziert ist. Den Schluß des Jäckchens verdeckt eine Libertyschleife mit weit herabfallenden Enden. Der Aermel springt am Ellbogen in eine Garnierung aus, unter der ein breiter Spitzenvolant hervortritt, und eine gürtelartiqe Samtverzierung mit gleicher Stickerei wie das Jäckchen legt sich über den enganliegenden rechten Oberärmel, kurze Schleifen aus Libertyband bilden eine die Schulterlinie verlängernde Epaulette. Der Rock setzt unter dem Gürtel in großen Plisseefalten an und fließt, eine kleine Schleppe bildend, leicht herab. Er endet in einem sehr fein plissierten Volant, über dem ein Spitzenbesatz einsetzt. Er besteht aus zwei geschweiften klaren Paralleleinsätzen, die von Spitzeninkrustationen in länglicher Medaillenform gekrönt sind. Bis über den Ellbogen reichende weiße Handschuhe aus Glaceeleder und ein kleiner Spitzenfächer vollenden die juqendliche Toilette. Eine Schalbra aus Seidenchiffon in Fächerform genügt als wärmende Hülle zur Fahrt in die Kirche. Aengstlichere Damen wählen statt dessen einen Achselkragen aus Hermelin, dem Chiffon- und Spitzenteile stufenweise unterlegt sind, so daß er aus drei übereinander fallenden Kragen zu bestehen scheint. Von den mit weißer Seide übersponnenen Knöpfen, die den Schluß des Kragens vermitteln, fallen lange Grelots aus Passementerie und Chenillefransen bis zur Taille herab.

Wenig- und Viel-Esser.

Das Essen und Trinken ist oft verglichen, worden mit dem Heizmaterial, das einer Maschine zugeführt werden muß, wenn sie in Betrieb bleiben soll. Der Vergleich läßt sich so weit durchführen, daß man die Zahl von Wärmeeinheiten berechnen kann, die ein Mensch in seiner Nahrung zu sich nehmen muß, um seine körperliche und geistige Arbeit bestreiten zu können. Die Wissenschaft scheint auf Grund solcher Erwägungen zu dem Schluß gedrängt zu werden, daß die meisten Menschen zu viel essen, und daß die Bedürfnißlosigkeit gewisser Völker wie der Chinesen und Japaner als das eigentlich Richtige zu betrachten ist. Jedenfalls weiß man zahlreichen Beispielen, in denen sich eine Person trotz scheinbar ungenügender Ernährung sehr wohl befunden und ein hohes Alter erreicht hat.

Der Papst Leo, dies Wunder eines geistig frischen Greises, lebte äußerst mäßig. Nach den beiden Morgenmessen nahm er eine Tasse Kaffe mit Milch, um 1 Uhr eine Suppe, eine Platte Fleisch mit Gemüse und Obst und etwas Rotwein, um 6 Uhr eine Tasse Bouillon und kaltes Fleisch. Sein Leibarzt Dr. Lapponi hielt diese